Was tun im Pflegefall? Welche Tipps pflegenden Angehörigen helfen
Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig. Angehörige sind oft überfordert: Welche Leistungen kann ich bekommen? Wer hilft mir? Hier die wichtigsten Tipps, wenn der Pflegefall eintritt.
Berlin – Je älter ein Mensch wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er zum Pflegefall wird. In Deutschland sind aktuell fünf Millionen Menschen pflegebedürftig, nach Einschätzungen des Statistischen Bundesamtes wird diese Zahl bis 2055 auf 6,8 Millionen wachsen. Die meisten Pflegebedürftigen - rund fünf von sechs - werden zu Hause gepflegt. Oft übernehmen Angehörige die Pflege, was sie vor zahlreiche Herausforderungen stellt. Hier listen wir die wichtigsten Tipps und Informationen, die pflegende Angehörige beachten sollten.
Vor Eintreten des Pflegefalls: Sprechen Sie mit Ihrem Angehörigen
Niemand will wirklich über das Älterwerden und den Tod sprechen. In Deutschland ist es ein Tabu-Thema. Doch darüber zu sprechen ist extrem wichtig und wird Angehörigen vieles erleichtern, wenn der Pflegefall eintritt. Suchen Sie also das Gespräch mit Ihren Angehörigen und klären Sie folgende Dinge ab:
- Hat die Person eine Patientenverfügung? Darin kann der/die Betroffene deutlich machen, welche medizinischen Schritte sie sich wünschen, wenn sie selbst nicht mehr in der Lage sind, ihre Wünsche zu äußern.
- Gibt es eine Vorsorgevollmacht? Damit wird einer oder mehreren Personen die Vollmacht über wichtige Teile des Lebens des Angehörigen gegeben. Die Bevollmächtigten können Vermögen verwalten, medizinische Entscheidungen treffen und viele weitere Rechtsentscheidungen treffen.
- Welche Form der Pflege wünscht sich die Person im Idealfall? Manche Personen wollen auf keinen Fall in ein Heim kommen, andere wollen nicht, dass ihre Angehörigen die Bürde der Pflege selbst übernehmen.
- Sprechen Sie rechtzeitig über die finanziellen Mittel, die zur Verfügung stehen.
Wer rechtzeitig diese schwierigen Themen angesprochen hat, hat schon lange vor Eintreten der Pflegebedürftigkeit viele wichtige Informationen gesammelt. Wer das nicht getan hat: Vor allem die Vorsorgevollmacht sollte man sich als pflegender Angehöriger besorgen, um alle wichtigen Entscheidungen für die Person treffen zu können.
Ein Familienmitglied wird pflegebedürftig: Beraten und Pflegegrad feststellen lassen
Ist der Pflegefall eingetreten, kann es erstmals überwältigend sein. Berufstätige sollten sich in dieser Situation freistellen lassen. Im akuten Fall besteht gesetzlicher Anspruch auf bis zu zehn Tage Freistellung von der Arbeit. Die Pflegekasse kommt dann für den Lohnersatz in Form von Pflegeunterstützungsleistungen auf. Zudem ist eine teilweise oder vollständige Freistellung für bis zu sechs Monate für die häusliche Pflege eines Angehörigen möglich. Hierfür gibt es jedoch keinen Lohnersatz von der Pflegekasse, man kann stattdessen aber ein zinsloses Darlehen erhalten.

Ist die Zeit der akuten Pflege vorüber, sollten sich Angehörige Beratung einholen. Es gibt zahlreiche Verbände und Ämter, die eine kostenlose Beratung anbieten.
Sehr wichtig ist des Weiteren die Feststellung des Pflegegrads. Über die Krankenkasse füllt man dazu ein Formular aus, daraufhin wird ein medizinischer Dienst vorbeigeschickt, der eine Einschätzung abgibt. Der Pflegegrad entscheidet darüber, welche Unterstützungsleistungen man bekommt.
Pflegegeld und Pflegesachleistungen je nach Pflegegrad
Bei der häuslichen Pflege zahlt die Pflegekasse Pflegesachleistungen und Pflegegeld. Die Sachleistungen gibt es, wenn man zum Beispiel einen Pflegedienst beauftragt, der zur Unterstützung regelmäßig nach Hause kommt. Das Pflegegeld erhalten die pflegenden Angehörigen. Hier ein Überblick der monatlichen Leistungen im Jahr 2023:
Pflegegeld | Pflegesachleistungen | |
---|---|---|
Pflegegrad 1 | 0 Euro | 40 Euro |
Pflegegrad 2 | 316 Euro | 724 Euro |
Pflegegrad 3 | 545 Euro | 1.363 Euro |
Pflegegrad 4 | 728 Euro | 1.693 Euro |
Pflegegrad 5 | 901 Euro | 2.095 Euro |
Darüber hinaus gibt es noch finanzielle Unterstützung – unabhängig vom Pflegegrad – für Leistungen, die das Umfeld eines Pflegebedürftigen verbessern können. Das sind beispielsweise bauliche Maßnahmen in der Wohnung oder Hilfsmittel wie Desinfektionsmittel oder Einmalhandschuhe.
Bei einer vollstationären Pflege – also der Unterbringung in einem Heim – zahlt die Pflegekasse monatlich maximal 2.005 Euro bei Pflegegrad 5. Den Rest müssen Pflegebedürftige selbst zahlen. So viel Geld zahlt die Pflegeversicherung monatlich bei stationärer Pflege:
- Pflegegrad 1: 0 Euro
- Pflegegrad 2: 770 Euro
- Pflegegrad 3: 1.262 Euro
- Pflegegrad 4: 1.775 Euro
- Pflegegrad 5: 2.005 Euro
Pflege im Heim vs. ambulante Pflege durch Angehörige
Die Entscheidung darüber, ob man einen Angehörigen selbst zu Hause pflegt oder ein Heim aufsucht, ist eine persönliche Entscheidung, die Ihnen niemand abnehmen kann. Es zählen viele Faktoren in die Entscheidung: Können oder wollen Sie die Pflege übernehmen? Welche finanziellen Mittel stehen Ihnen zur Verfügung? Was wünscht sich der Angehörige?
Zur Versorgung Ihres Angehörigen zu Hause müssen Sie mit monatlichen Kosten zwischen 500 und 2500 Euro rechnen. Es gibt aber, neben den oben genannten Leistungen aus der Pflegekasse, auch weitere Unterstützung vom Amt. Bis zu 4000 Euro gibt es beispielsweise für die Wohnraumanpassung – unabhängig vom Pflegegrad. Die Krankenkassen bieten außerdem kostenlose Pflegekurse an.
Wer einen Pflegedienst beauftragen möchte, oder sich für ein Heim entscheidet, sollte sich vorher einen Kostenvoranschlag zusenden lassen. Auf www.pflegelotse.de gibt es außerdem Checklisten, die man nach dem Gespräch mit dem Pflegedienst oder dem Heim durchgehen kann. Das kann helfen, Ihre Gedanken zu sortieren und den besten Dienst zu finden.