Immobilien: Habeck-Heizpläne setzen Preise unter Druck
Schlechte Stimmung am Immobilienmarkt: Höhere Zinsen und höhere Auflagen sorgen für Unruhe. Eigentümer älterer Immobilien finden plötzlich kaum noch Käufer.
Berlin – Die Heizungspläne der Bundesregierung treiben Eigentümern von Immobilien mit Sanierungsbedarf die Sorgenfalten auf die Stirn – und verunsichern zugleich potenzielle Käufer. Scheint in der Energiekrise mit hohen Kosten für Gas und Strom gerade erst das Schlimmste überstanden, kommt jetzt die Sorge vor Wertverlust und teuren Investitionen dazu „Die neuen Anforderungen und Sanierungspflichten bei Gebäuden beschäftigen die Kaufinteressenten zunehmend und verlängern die Vermittlung von Immobilien“, berichtet Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter beim Frankfurter Makler Von Poll.
EU: Emissionen im Gebäudesektor massiv absenken
Ältere Bestandsbauten mit geringer Energieeffizienz haben es zunehmend schwer. „Wir beobachten daher eine rückläufige Nachfrage in diesem Segment, auch weil die Kosten für Sanierungen wegen gestiegener Handwerkerpreise und Lieferkettenproblematiken schwer kalkulierbar sind“, sagt Ritter. Gerade bei sanierungsbedürftigen Häusern mit großen Grundstücken in B- und C-Lagen fielen die Preise teils zwischen 10 Prozent und 30 Prozent.
Nicht nur die Pläne der Bundesregierung treiben den Preisdruck voran. Auch die EU will mit einem neuen Gesetz die Dekarbonisierung im Gebäudesektor massiv vorantreiben. Alle neuen Wohngebäude sollen bis 2030 emissionsfrei sein, bestehende sollen mindestens in Klasse E sein. Und bis 2033 sollen alle bestehenden Wohngebäude in der EU die Energieeffizienzklasse D erreicht haben. Damit ist der Energieausweis eines Gebäudes plötzlich von zentraler Bedeutung.
Beide Gesetze zusammen bedeuten für Immobilieneigentümer, dass sie in den kommenden Jahren viel Geld investieren müssen, um den neuen Standards zu entsprechen. Und Kaufinteressenten älterer Gebäude kommen ins Grübeln.

Besonders betroffen: Häuser aus den 1950er bis 70er Jahren
Bereits im vierten Quartal 2022 hatten sich Wohnimmobilien laut Statistischem Bundesamt im Mittel um 3,6 Prozent zum Vorjahresquartal verbilligt - der erste Preisrückgang binnen Jahresfrist seit Ende 2010. Zum Vorquartal ging es gar um 5 Prozent nach unten. Auch der Immobilienverband Deutschland (IVD) sieht einen zunehmenden Druck am Markt. Eine besondere Herausforderung seien ältere Wohnhäuser aus den 1950er- bis 1970er-Jahren.
Die Bedeutung des energetischen Gebäudezustandes sei stark gewachsen, meint Mathias Wahsenak von der LBS Immobilien in Potsdam. Gut sanierte Bestandsimmobilien oder jüngere Gebrauchtimmobilien seien preisstabiler als unsanierte Objekte. „Bei all der Diskussionen um die Dekarbonisierung des Gebäudebestandes darf aber nicht vergessen werden, dass der energetische Gebäudezustand nach wie vor nur ein Kriterium ist, woran sich der Wert einer Immobilie bemisst.“ Die höchste Bedeutung habe weiter der Standort – ganz nach dem alten Spruch „Lage, Lage, Lage“. An sehr attraktiven Standorten werde auch künftig eine schlecht sanierte Immobilie deutlich wertstabiler sein als ein gut saniertes Objekt in unattraktiver Lage.
Zinsnachlässe für moderne Gebäude
Immerhin: Für Käufer kann sich die Notwendigkeit von Renovierungen als Vorteil in Preisverhandlungen auszahlen. Kaufinteressenten nutzen Investitionsbedarf als Druckmittel, beobachtet Ritter vom Makler Von Poll. „Waren der Energieausweis und die Energiewerte im Rahmen des Verkaufsprozesses bei Immobilien in der Vergangenheit von untergeordnetem Interesse, so fordern Kaufinteressenten jetzt entsprechende Informationen direkt ein, um die damit verbundenen Investitionen als Argumente für ihre Preisverhandlungen zu nutzen.“
Auch die Banken schauten wesentlich genauer auf den Energieausweis als früher, meint Ritter, was zum Vorteil bei modernen Gebäuden werden könne. „Einige beginnen sogar damit, kleine Zinsnachlässe für besonders energieeffiziente Immobilien anzubieten. “
Tatsächlich gibt es mehrere Kreditinstitute, die solche Zinsnachlässe anbieten. In der Regel handelt es sich dabei um „grüne Baufinanzierung“, die 0,5 bis 0,10 Prozent Zinsnachlass anbieten, wenn eine Immobilie beim Kauf oder nach geplanten Sanierungen einen Energieausweis der Klasse A oder A+ hat, also den höchsten energetischen Standard aufweisen können. Angeboten werden solche Kredite zum Beispiel bei der Commerzbank, ING DiBa oder der HypoVereinsbank. Die Kredite gibt es dann in Kombination mit KfW-Förderkrediten. (wal/mit dpa)