Steigende Dispozinsen: Konto überziehen immer teurer – Wann sich ein Wechsel lohnt

Wer sein Konto überzieht, landet im Dispo und muss meist hohe Zinsen an die Bank zahlen. Wann ein Konto-Wechsel lohnt – und wann nicht.
München – Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins Anfang Mai erneut erhöht und so für einen Zinsanstieg gesorgt. Die Banken haben deshalb in den vergangenen Monaten nicht nur die Zinsen für Tages- und Festgeld angehoben – auch die Dispozinsen sind gestiegen. Wer sein Konto überzieht, muss dafür also mehr Geld zahlen. Der durchschnittliche Dispozins dürfte mittlerweile bei 10 bis 12 Prozent im Jahr liegen.
Ein Dispozins fällt an, wenn das Girokonto innerhalb der vereinbarten Höhe überzogen wird, das Konto also ins Minus rutscht. Wie hoch die Dispozinsen bei der eigenen Bank sind, lässt sich meist im Preisaushang des Instituts oder dessen Preis- und Leistungsverzeichnis nachprüfen.
Millionen Deutsche zu Jahresbeginn im Dispo
Der Dispo trifft Millionen Deutsche: Zu Jahresbeginn haben mindestens 4,5 Millionen Menschen hierzulande ihr Konto überzogen, meldet das Handelsblatt und beruft sich dabei auf eine Umfrage im Auftrag des Kreditvergleichsportals Smava. Demnach steht zudem nahezu ein Drittel der Menschen, die ihr Konto überziehen, mit mehr als 2000 Euro im Minus. Zwar könne mehr als die Hälfte der Betroffenen den Dispo innerhalb eines Monats wieder ausgleichen, doch acht Prozent stecken mehr als ein Jahr darin fest.
Wer öfter für längere Zeit im Dispo landet, kann deshalb auch über einen Kontowechsel nachdenken. Denn ein niedriger Dispozins kann durchaus für eine geringere Belastung sorgen, wie eine Musterrechnung zeigt: Wer beispielsweise eine Bank mit einem eher niedrigen Dispozins von etwa neun Prozent wählt, muss 180 Euro Dispozinsen zahlen, wenn er ein Jahr lang mit 2000 Euro im Dispo landet. Bei einer Bank mit höheren Zinsen von 14 Prozent – wie es bei einigen Sparkassen der Fall ist – zahlt man im gleichen Fall schon 280 Euro.
Finanztip zufolge sollte der Dispozins keine Entscheidungsgrundlage für die Wahl des Kontos sein. Wer jedoch öfter im Dispo stecke, „sollte eine Bank mit niedrigen oder zumindest fairen Dispozinsen wählen“, so Finanztip.
Hohe Dispozinsen: Was Experten raten
Experten der Verbraucherzentrale Bayern raten allerdings eher von einem Wechsel ab: „Wenn man grundsätzlich mit seiner Bank oder Sparkasse und der Höhe deren Entgelte zufrieden ist, sollte man nicht nur wegen der hohen Dispozinsen das Girokonto wechseln. Man sollte eher schauen, dass man die Kontoüberziehung so kurz wie möglich hält, also das Minus dann wieder ins Plus bringt“, erklärt Expertin Sibylle Miller-Trach von der Verbraucherzentrale Bayern gegenüber Merkur.de.
Sie rät Menschen, die länger im Dispo sind, stattdessen einen Ratenkredit abzuschließen: „Wenn man über einen längeren Zeitraum einen zusätzlichen Geldbedarf hat, dann sollte man eher bei der eigenen Bank oder einer anderen Bank einen Ratenkredit abschließen. Dieser kostet von den Zinsen her meist nur die Hälfte vom Dispozins.“
Auch Merten Larisch, Finanz-Experte bei der Verbraucherzentrale Bayern, empfiehlt bei einem Kontowechsel mehr auf die Kontoführungsgebühren zu achten. Der Dispo sollte seiner Meinung nur sehr kurz in Anspruch genommen werden, „maximal ein bis zwei Monate bis zu einem höheren erwarteten Geldeingang“. Er mahnt: „Die stete Nutzung des Dispokredit zur Finanzierung seines Lebens ist keine bequeme Lösung, sondern führt zu einem finanziellen Dauerschaden in der Zukunft!“
Wie Betroffene den Dispo vermeiden
Doch wie kann man den Dispo vermeiden, wenn einmal eine finanzielle Schieflage besteht? Miller-Trach rät Betroffenen, einmal im Monat die Kontoauszüge zum Girokonto zu prüfen. „Wenn das Konto im Minus ist, sollte man dieses so bald wie möglich wieder ausgleichen. Wenn immer wieder ein Minus entsteht, weil das Einkommen und die Lebenshaltungskosten immer weiter auseinander klaffen, sollte man sich an eine seriöse kostenfreie Schuldnerberatungsstelle wenden. Dort kann dann besprochen werden, wie man besser haushalten kann oder wo Einsparpotenzial besteht.“
Larisch rät schon Berufseinsteigern, monatlich für eine Rücklage „in ein – gut verzinstes – Tagesgeldkonto zu sparen“. Damit würde man „durch unvorhergesehene Ausgaben (Kühlschrank oder Waschmaschine kaputt) “ nicht so schnell in den Dispo zu rutschen.
Wer bereits eine Weile im Dispo steckt, sollte Larisch zufolge „zuerst nach einem Kassensturz seine Ausgaben so drastisch senken, dass einerseits zukünftig ganz sicher die Ausgaben nicht höher als die Einnahmen sein werden“ und andererseits monatlich Geld übrig bleibe. „Wenn der Dispokredit nur wenig in Anspruch genommen wurde, sollte mit einer selbst festgelegten und finanziell tragbaren Rückzahlungsrate der Kredit in spätestens sechs Monaten zurückzahlbar sein“, so Larisch. Wenn das absehbar nicht funktioniere, sei es besser, den Dispokredit in einen Ratenkredit mit niedrigerem Darlehenszinssatz umzuschulden.