Weltraumschrott: Wissenschaftler warnt vor „katastrophalen Kollisionen“
Weltraumschrott wird zu einem immer größeren Problem. Ein Wissenschaftler warnt bereits vor „katastrophalen Kollisionen“ – gefährlich auch für die Erde.
Braunschweig – „Das Kollisionsrisiko steigt“, sagt Wissenschaftler Dr. Carsten Wiedemann im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. (RND). Angesichts aktueller Ereignisse dürfte sich der Forscher der Universität Braunschweig mit Schwerpunkt Weltraumschrott für die drastische Wortwahl bewusst entschieden haben. In den Weiten des Weltraums breitet sich Weltraumschrott massiv aus. Erst Anfang März schlug eine Rakete auf dem Mond ein – das gibt einen kleinen Einblick, warum die Astronomie über immer mehr Trümmerteile im All besorgt ist. Sie waren bereits auf Kollisionskurs mit der ISS, mit erdnahen Satelliten oder gar unserem Planeten.
Hochschule in Braunschweig, Niedersachsen: | Technische Universität Braunschweig |
Gründung: | 1745 |
Studentenzahl: | 20.037 (2016) |
Mitarbeiter: | 6488 (davon weiblich: 2572)(WS 2019/20) |
Weltraumschrott könnte „katastrophale Kollisionen“ verursachen, warnen Forscher
Auf einmal steuerten Bruchteile eines Satelliten auf die bemannte Raumfahrt: Astronauten und Astronautinnen der ISS mussten diese Erfahrung im November 2021 machen. Dann drohte wenig später, Anfang März 2022, eine Rakete auf unseren Mond einzuschlagen – zumindest ein Teil traf ihn dann auch. Die Anfälligkeit für potenzielle Kollisionen nimmt zu. Zahlreiche, „Starlink“-Satelliten, die Elon Musk ins All schickt, sieht die NASA als „katastrophale“ Gefahr – gar die Weltrettung sehen NASA-Forscher durch sie gefährdet: Sie versperren die Sicht auf Himmelskörper im Erdanflug und behindern Raumfahrt-Missionen.
Die Bestrebungen, die ISS im Jahre 2031 auf die Erde stürzen lassen zu wollen, versetzen noch weit mehr Menschen in Sorge: Landet der Koloss nicht wie geplant im Meer, könnte ein Erdeinschlag fatale Folgen haben. NASA schätze die als Schrott im All umherfliegenden Teile, die größer als zehn Zentimeter sind, bereits auf 27.000 Stück. Eine Zunahme ist schon jetzt vorprogrammiert. Die Pläne der Raumfahrt sind groß. Dass dabei auch Trümmerteile zurückgelassen werden, ist schon fast zwangsläufig. Häufiger und folgenschwerer werden Zusammenstöße mit Weltraumschrott-Teilen vermutet. Wortwörtlich spricht der Wissenschaftler Dr. Carsten Wiedemann im RND-Interview von „katastrophalen Kollisionen“.
Wie Weltraumschrott entsteht: Teile von kaputten Satelliten, Raketen und Trümmerteile im All
Im Weltraum schwirren unterschiedliche Typen von Trümmerteilen. Was alle eint, ist, dass es sich um Gegenstände handelt, die vom Menschen geschaffen wurden. Wie Wiedemann, Forscher am Institut für Raumfahrtsysteme der Technischen Universität Braunschweig, gegenüber dem RND erklärt, orientieren sie sich unserem Orbit – wenn man es runterbricht – jedoch ohne Sinn und Zweck.
Sie haben keinen Nutzen, doch drücken eine potenziell große Gefahr aus. Ob Fragmente von Satelliten, Oberstufen von Raketen oder verlorenes Werkzeug der Raumfahrtmissionen – der Weltraumschrott kann ganz diverser Ausprägung sein. In den meisten Fällen entstanden die Schrottteile jedoch durch Explosionen.

Wie viel Weltraumschrott gibt es? Experte schätzt: über 100 Millionen Trümmerteile im Weltall
Die NASA schätzt den Bestand von Trümmerteilen vorsichtig auf rund 27.000 Stück. Astro-Wissenschaftler Wiedemann spricht gar von rund 130 Millionen. Er meint damit alle Stücke, die größer als einen Millimeter sind. Millionenfach würde man im All zudem auf Teile stoßen, die größer sind als 0,1 Millimeter. Größer als ein Zentimeter sind hingegen wohl nur 900.000 Fragmente – auf diese Schätzung legt sich der Forscher Dr. Carsten Wiedemann fest.
Weltraumschrott kann auf die Erde fallen: Gefahr von Kettenreaktion und Kollisionen steigt
Unterschiedliche Gefahren drohen, wenn von einer Kollision „katastrophalen“ Ausmaßes die Rede ist. Zum einen könnten erdnahen Satelliten etwa dasselbe Schicksal teilen, wie 40 SpaceX-Satelliten, die vor Kurzem von einem Sonnensturm erfasst wurden: Sie werden zerstört. Ihr ursprünglicher Nutzen kann nicht mehr abgerufen werden. Es entsteht neuer Weltraumschrott. Sind hingegen Objekte, größer als zehn Zentimeter, im Begriff zu kollidieren, erreicht die potenzielle Gefahr eine neue Dimension. Es kommt zur „katastrophalen Kollision“. Zufolge Wiedmanns wäre eine Kettenreaktion, das sogenannten „Kessler-Syndrom“, die Folge.
Weltraumschrott könnte durch Kessler-Syndrom: auf fatale Weise miteinander kollidieren
Der Effekt drückt das Phänomen aus, das sich immer wieder im Weltall ereignet – und im Zuge der stetig steigenden Dichte an Weltraumschrott noch häufig ausgelöst werden wird: Hunderttausende Objekte stehen vor einer direkten Kollision. Wie das Online-Portal ingenieur.de berichtet, ergibt es Sinn, hier von einer Kettenreaktion zu sprechen. So reißen Satelliten andere Gegenstände in Einzelteile, eher diese wiederum andere Objekte zerreißen.
Weltraumschrott in der Umlaufbahn könnte Saturn-Ringe um die Erde legen
Auf diesem Weg würde sich die Gefahr stets potenzieren. Wenn man sich erneut vor Augen führt, dass die Raumfahrt weiter an Fahrt aufnimmt und immer mehr Satelliten in die Erdumlaufbahn gelangen, könnte der Umstand beunruhigen. Auch aus einem Grund, der die Erde betrifft: So gehen Wissenschaftler*innen bereits jetzt davon aus, dass die Erde Saturn-Ringe bekommen könnte – aus Weltraumschrott – so drastisch nimmt de zu.
Weltraumschrott stellt ein „wahnsinnig großes Risiko“ dar – auch für die Erde?
Wie gefährlich ist der Weltraumschrott eigentlich für die Erde? Im Jahre 1979 sollen nach Berichten des Bayrischen Rundfunks tatsächlich Bruchstücke einer Raumstation – etwa 70 Tonnen schwer – in die Erdatmosphäre eingedrungen sein. Theorien wurden damals angestellt, was mit dem Westen Australiens hätte passieren könnte – der Region, in die die US-amerikanische Raumstation „Skylab“ nach Berechnungen eingeschlagen sollte: Die Ausmaße hätten verheerend sein können. Die Ängste sollten sich hinterher glücklicherweise als unbegründet herausstellen: Trümmerteile schlugen zwar nordöstlich von Perth ein – dabei wurde aber niemand verletzt und die Teile hatten dank ihrer geringen Größe keinen besonders großen Impact beim Aufprall auf die Erde.
Es ist wie im Straßenverkehr: Je mehr Autos auf den Straßen fahren, desto mehr müssen wir uns über das Verkehrsmanagement Gedanken machen. Das müssen wir jetzt auch im Weltraum tun.
Weltraumschrott ist laut Wissenschaftlerin Klinkner „beängstigend“ und „wahnsinnig großes Risiko“
Dass Trümmerteilen aus Weltraumschrott überhaupt ein Eintritt unserer Erdatmosphäre bevorsteht, ist ohnehin äußerst selten. Für gewöhnlich ist die Erdanziehung schlichtweg zu schwach, als dass sie in unserer Atmosphäre gelangen. „Beängstigend“ und ein „wahnsinnig großes Risiko“ - wie Wissenschaftlerin Sabine Klinkner es nennt - ist Weltraumschrott jedoch nach wie vor für die vielen erdnahen Satelliten. Die von der Forscherin gewählten Worte warnen vor dem Szenario, das Dr. Carsten Wiedemann unlängst als „katastrophale Kollisionen“ bezeichnet hatte: Satelliten-Ausfälle und Zerstörungen drohen. Außerdem gefährdet Weltraumschrott die Raumfahrt und führt darüber hinaus immer weiter zu einer Vermüllung in den Weiten des Weltraums.
Asteroid Apophis könnte 2029 mit Weltraumschrott kollidieren – mit Folgen für die Erde
Auch dann, wenn etwa Asteroid Apophis im Jahre 2029 an der Erde vorbeifliegt, droht dahingehend Gefahr: Vereinfacht gesagt, könnte er mit Teilen des Weltraumschrotts zusammenstoßen, die ihrerseits dann wieder zur gefahr für die Erde werden könnten. Die vielen Weltraumaktivitäten im Umfeld der Erdumlaufbahn könnten eines Tages also zum Problem werden.
Das weiß auch Forscher Dr. Catsten Wiedemann. Sein Rat an die Wissenschaft: „Es ist wie im Straßenverkehr: Je mehr Autos auf den Straßen fahren, desto mehr müssen wir uns über das Verkehrsmanagement Gedanken machen. Das müssen wir jetzt auch im Weltraum tun.“ Bleibt zu hoffen, dass Verantwortliche ihm gut zuhören. *24hamburg.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.