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„Klima-Shakira“ soll ausgewiesen werden – „Unheimliche Chance für unsere Bewegung“

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Von: Laura May

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Bekanntes Mitstreiterin der „Letzten Generation“: „Klima-Shakira“ Anja Windl, die aus Niederbayern stammt.
Bekannte Mitstreiterin der „Letzten Generation“: „Klima-Shakira“ Anja Windl, die aus Niederbayern stammt. © IMAGO / Eibner Europa

Die deutsche Psychologiestudentin Anja Windl (26) wurde in Österreich als „Klima-Shakira“ das Gesicht der Klimabewegung. Im Interview mit BuzzFeed Austria erklärt sie, wie es dazu kam.

Anja Windl geht als „Klima-Shakira“ viral. Die Diskussionen im Netz drehen sich dabei mehr um das Aussehen der Deutschen, als um die Ziele des Klimaprotests. 2017 kam die heute 26-Jährige aus Niederbayern nach Klagenfurt, um Psychologie zu studieren. Schon als Jugendliche hat sie die Umwelt interessiert, doch damals fühlte sie vor allem Ohnmacht und Resignation, wenn die an den Klimawandel dachte. Heute lebt die 26-Jährige in Graz und engagiert sich bei der Aktionist:innengruppe „Letzte Generation“. Für die Klimarettung nimmt sie auch sexistische Kommentare im Netz in Kauf. Wie die Aktivistin zur „Klima-Shakira wurde und warum Österreich sie nach Deutschland ausweisen will, erzählt sie im Interview mit BuzzFeed Austria.

Anja, du wurdest quasi über Nacht zur „Klima-Shakira“, wie kam es dazu?

Es gibt diesen Influencer, der in erster Linie Polizeieinsätze filmt. Der wurde zu unseren Protesten eingeladen – und hat quasi nur mich gefilmt. In den Sozialen Medien gab es dann viele Kommentare zur Ähnlichkeit mit Shakira – und die „Heute“ ist auf den Zug aufgesprungen. 

Und du wurdest zum Gesicht der „Letzten Generation“ in Österreich, wie fühlst du dich damit?

Das ist eine unheimliche Chance für unsere Bewegung. Die Behörden haben uns mit dem absolut unverhältnismäßigen Ausweisungsszenario schon beinahe ein Geschenk bereitet.

Im Internet geht es allerdings mehr um dein Aussehen, als um Klimaaktivismus. Kratzen die sexistischen Beleidigungen an deinem Selbstwertgefühl?

Das Ausmaß an Sexualisierung und sexistisch-geprägter Diskussion über meine Person ist teilweise schon wirklich gemein. Ein Polizist sagte mal zu mir: Warum tust du dir das an, du bist doch so hübsch! Trotz allem bin ich dankbar über die Aufmerksamkeit. Ich hätte vor ein paar Monaten niemals gedacht, dass ich in dieser Position sein werde. Ich hätte das niemals für möglich gehalten, aber die Geschichte um meine Ausweisung und die mediale Präsenz trifft gerade einen gesellschaftlichen Nerv. Es geht um unsere Lebensgrundlage – da lohnt sich das. Wir brauchen jeden Menschen, der sich dem zivilen Ungehorsam anschließt.

Wie gehst du mit den Kommentaren zu deinem Körper um?

Was ich mit Humor nehmen kann, nehme ich mit Humor. Dass neben dem Aktivismus insbesondere in den Sozialen Medien der Fokus auf meinem Aussehen liegt, ist natürlich zweischneidig. Aber solange die Medien berichten, nutzen wir das für uns. Und zum Einschüchterungsversuch im Februar: ich war direkt am nächsten Tag wieder auf der Straße. 

Damals hast du erfahren, dass österreichische Behörden prüfen, dich des Landes zu verweisen. Hat dir das keine Angst gemacht?

Im ersten Moment war es tatsächlich ein Schock, ich hab mich unmittelbar nach der Mitteilung im Februar weinend vor dem PAZ (Polizeianhaltezentrum) in Wien befunden. Inzwischen sehe ich das entspannter. Aber es ist in höchstem Maße zu verurteilen, dass sie unsere berechtigten Proteste auf diese Art und Weise zu zerschlagen versuchen. Klimaschutz einzufordern ist kein Verbrechen!

Du hattest am Donnerstag, 6. April, einen Termin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Leoben und wurdest dort verhört. Wie wahrscheinlich ist deine Ausweisung?

Selbst wenn entschieden würde, dass sie mich ausweisen, würde das wohl in nächster Instanz wieder aufgelöst. Nicht einmal Straftäter:innen aus Drittstaaten können so einfach abgeschoben werden. 

Viele Österreicher regen sich in den Sozialen Netzwerken darüber auf, dass genau eine „Piefke“ zum Gesicht der Bewegung wurde. Wie stehst du dazu?

In den deutschen Medien heißt es oft: Behaltet sie bei euch! Ich habe ja immer noch die Hoffnung, dass Markus Söder sich für mich einsetzt, damit ich nicht nach Deutschland zurückkomme. Aus Bayern könnte er mich nicht ausweisen. 

Wäre es schlimm für dich, Österreich zu verlassen?

Wir hatten an die zehn jährliche Familienurlaube in Kärnten – ich hab demnach auch Kindheitserinnerungen an Österreich. Ich studiere hier, lebe hier und habe hier meine wichtigsten sozialen Kontakte. Ich will hier nicht weg! Trotzdem bin ich privilegiert. Wie viele Menschen würden sich bitte wünschen, nach Deutschland abgeschoben zu werden – das ist kein Horror-Szenario. Viel größere Sorge mache ich mir um die Klimakrise, nicht über den Ausweisungsversuch.

Warum ist Klimaschutz so wichtig und was wollt ihr mit den Aktionen der „Letzten Generation“ erreichen?

Wenn sich jetzt nichts ändert, haben wir keine Chance mehr. Wir sind an einem historischen Zeitpunkt. Wenn du jetzt nicht eingreifst, werden 20 Prozent des Planeten zu Todeszonen, in denen niemand leben kann. Da müssten 3,5 Milliarden Menschen fliehen – und schon bei Migrationsszenarien wie 2015 gab es einen Rechtsruck. Wenn du die Zivilisation schützen willst, geht es jetzt darum zu intervenieren. Die Frage ist nicht Tempo 100 – sondern was ist, wenn wir es nicht tun.

Euer Protest geht also weiter?

Kommende Woche beginnt die Protestwelle in Graz, da bin ich bereits wieder aktiv. So leicht lasse ich mich nicht unterkriegen. Außerdem stehen viele Menschen hinter mir – selbst die österreichischen Unis haben sich gegen die Kriminalisierung von Klimaprotesten solidarisiert.

Dazu passend findest du hier 9 polarisierende Videos der Militanten Veganerin, die für ihre Anliegen sogar zu DSDS fährt.

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