Havanna-Syndrom: Rätselhafte Krankheit beschäftigt US-Geheimdienste
Das Havanna-Syndrom, das seit 2016 immer wieder bei US-Diplomaten auftritt, bleibt auch nach längeren Geheimdienstuntersuchungen ein Rätsel.
Washington D.C. – Seit Jahren klagen US-Diplomaten immer wieder über dieselben mysteriösen Symptome: Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Hörstörungen. Immer wieder ähnliche Symptome, immer wieder an verschiedenen Orten, nie eine Erklärung. Als „ungeklärter Gesundheitsvorfall“, ist das Havanna-Syndrom – benannt nach dem Ort, in dessen US-Botschaft es 2016 erstmals auftrat – seit vielen Jahren Gegenstand von Untersuchungen. Nun bleibt es auch nach den neuesten Ermittlungen durch das Außenministerium der USA ein Rätsel. Doch eines wollen Experten inzwischen ausschließen: Von einem „ausländischen Gegner“ verursacht wird die Krankheit wohl nicht.
Rätselhafte Krankheit: Havanna-Syndrom beschäftigt US-Geheimdienste
Stattdessen spricht ein neuer Geheimdienst-Bericht davon, dass sich die Beschwerden sich scheinbar durch Vorerkrankungen, andere Krankheiten oder Umweltfaktoren ergeben sollen. Das gab das US-amerikanische Außenministerium als Ergebnis aus einer langwierigen Zusammenarbeit mehrerer US-Geheimdienste bekannt. Ein Ministeriumssprecher kündigte aber gleichzeitig an, dass man neuen Hinweisen auch nachgehen würde, sofern sich welche ergäben, wie merkur.de berichtet.

Havanna-Syndrom: Geheimdienstbericht identifiziert mögliche Ursachen
In der Begründung heißt es, man hätte rund 1500 Fälle der Krankheit in 96 Ländern untersucht und keine Hinweise auf eine Außeneinwirkung feststellen können, die zunächst vermutet worden war. Stattdessen hätte man aber medizinische, umweltbedingte und soziale Faktoren identifiziert, die viele von Betroffenen gemeldete Beschwerden plausibel erklären könnten.
Die ersten Fälle des Havanna-Syndroms traten 2016 in der kubanischen Havanna auf, wo zahlreiche US-Diplomaten und ihre Angehörigen erstmals über rätselhafte Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit klagten. Später gab es ähnliche Berichte auch aus anderen Ländern, darunter Österreich, Russland, China und Deutschland. Vereinzelt war auch Botschaftspersonal aus Kanada betroffen. Viele Erkrankte hatten angegeben, dass die Symptome begannen, nachdem sie etwa ein seltsames Geräusch hörten oder einen starken Druck in ihrem Kopf spürten.
Rätselhafte Krankheit: Widersprüchliche Geheimdienstberichte zum Havanna-Syndrom
Noch im vergangenen Jahr hatte ein unabhängiges Expertengremium erklärt, dass einige Fälle des Havanna-Syndroms womöglich Resultat eines gezielten Einsatzes elektromagnetischer Strahlung gewesen sein könnten. Es gebe „mehrere plausible Wege“ elektromagnetische Impulse eines bestimmten Frequenzspektrums derart gezielt einzusetzen, hieß es damals in dem durch Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines und CIA-Direktor William Burns veröffentlichten Bericht. Andere Hypothesen wie der Einsatz chemischer oder biologischer Substanzen wurden durch die damaligen Untersuchungen hingegen ausgeschlossen.
Die betroffenen Diplomaten warfen der US-Regierung bereits in der Vergangenheit immer wieder vor, die Symptome herunterzuspielen. Daran dürften auch die neuesten Bekanntmachungen wenig ändern. „Der jüngsten Einschätzung der US-Geheimdienste mangelt es an Transparenz, und wir stellen die Richtigkeit der angeblichen Ergebnisse weiterhin infrage“, zitierte die New York Times einen Opferanwalt.
Trotz fehlender Erklärung: US-Regierung will Betroffene mit Havanna-Syndrom unterstützen
Außenministeriumssprecher Ned Price machte dagegen deutlich, dass die Zahl der gemeldeten Fälle „von anomalen Gesundheitsvorfällen“ seit 2021 zurückgegangen sei und betonte, dass die aktuellen Erkenntnisse der Geheimdienste die Erfahrungen und Symptome der Betroffenen „in keiner Weise infrage stellen“ würden. Die Theorie einer möglichen „Massenhysterie“ unter Betroffenen hatte auch US-Außenminister Antony Blinken immer wieder gezielt abgelehnt. Ähnlich äußerte sich das Weiße Haus. Die US-Regierung sei nach wie vor überzeugt, dass diejenigen, die unter den Symptomen litten, weiterhin zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten sollten, sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre.
Viele der Betroffenen behaupten, sie seien Opfer eines vorsätzlichen Angriffs geworden. Immer wieder fällt dabei auch Russland als möglicher Verursacher der Beschwerden. Dafür gebe es keine „glaubwürdigen Beweise“, hieß es nun in dem Bericht der Geheimdienste. (saka mit dpa)