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Böhmermann wirft Kliemann „Maskenbetrug“ vor: FC St. Pauli und About You reagieren

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Von: Christian Einfeldt

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Ein Beitrag von Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“ setzt Fynn Kliemanns Integrität schlagartig aufs Spiel. Der Satiriker spricht nun vom „Maskenbetrug“.

Köln – Fynn Kliemann war lange Zeit ein beliebter YouTuber, Musiker, Webdesigner – und Preisträger des „Deutschen Nachhaltigkeitspreis“. Wie shz.de berichtet, ist er letzteren Titel bereits los und auch sein guter Ruf bekommt auf einen Schlag Risse. Auslöser ist die aktuelle Episode von Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“, die sich mit Kliemanns Engagement für die Herstellung von Masken beschäftigt. Immer wieder versicherte Kliemann, es würde sich um „fair“ produzierte Masken handeln. Das „ZDF Magazin Royal“ legt nun nicht nur nahe, dass er wissentlich gelogen haben könnte – Kliemann soll wohl auch bewusst defekte Masken zum Schutz gegen Corona an Flüchtlinge geschickt haben.

Satiriker:Jan Böhmermann
Geboren:23. Februar 1981 (Alter 41 Jahre), Bremen
Ausbildung:Universität zu Köln
Aktuelle Fernsehsendung:ZDF Magazin Royale

„Maskenbetrug“: Jan Böhmermann erhebt schwere Vorwürfe gegen Fynn Kliemann

Brisante Themen wie der Skandal-Fleischkonzern von Clemens Tönnies oder Putins „nützliche Idioten“ in Deutschland wurden die vergangen Wochen zum inhaltlichen Schwerpunkt von Jan Böhmermanns Sendung „ZDF Magazin Royale“ auserkoren. Die aktuelle Ausgabe vom 6. Mai 2022, die ihre YouTube-Veröffentlichung um 00:00 Uhr gefeiert hatte, befasst sich hingegen mit einer Person, die bis vor wenigen Tagen noch eine strahlend weiße Weste hatte. Sein Image galt als tadellos, doch die Recherchen Böhmermanns zeigen auf einmal ein anderes Bild von Fynn Kliemann.

Jan Böhmermann und Fynn Kliemann.
„Maskenbetrug“: Jan Böhmermann wirft Fynn Kliemann vor, wissentlich gelogen zu haben. © Future Image/Imago & Hauke-Christian Dittrich/dpa

In Zusammenarbeit mit Tom Illbruck, Geschäftsführer von „Global Tactics“, brachte er massenweise Masken auf den Markt. Wie die großangelegte Recherche seitens des „ZDF Magazin Royals“ nun bestätigt haben könnte, hätten Kliemann und Illbruck wissentlich geringwertige Qualität verkauft. Statt wie angegeben aus Europa sollen die Produkte aus Asien kommen. Fehlerbehaftete Masken hätte das Team rund um Kliemann nicht entsorgt – sondern an Flüchtlinge geliefert.

Jan Böhmermann stellt „fair“ produzierte Masken von Fynn Kliemann infrage

Alles begann im April 2020: Fynn Kliemann entschied sich dafür, mit der Produktion von Masken einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Keineswegs, so sagte es Klimann, wären es profitorientierte Faktoren gewesen, die die Entscheidung des Unternehmers bedingt hätten. Immer wieder bekräftigte Fynn Kliemann, dass es sich bei den Masken, die mit seinem Namen in Verbindung gebracht werden, um „fair“ produzierte Waren handelt. Hergestellt in Portugal und Serbien, sollten sie einerseits Qualität sowie „Arbeitsplätze bei unserem Produzenten in Europa“ gewährleisten.

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Kliemann und Illbruck setzten für den Vertrieb auf Onlinehändler „About You“. Es folgten die besagten Auszeichnungen und Fynn Kliemanns Beliebtheit in der Öffentlichkeit stieg ein weiteres Mal – bis zum Mai 2022. Auf der anlässlich der ZDF-Recherchen veröffentlichten Homepage „lmaafk“ – in Anlehnung an Kliemanns „ldgg“ – ist der Rede von wissentlichem „Maskenbetrug“.

Fynn Kliemann soll laut Jan Böhmermann auf Täuschung und Verschleierung gesetzt haben

Die verantwortlichen Redakteurinnen und Redakteure brauchten „interne Chats, Sprachnachrichten, E-Mails, Lieferscheine, Auftragsbestätigungen, Fotos, Videoaufnahmen und Anruflisten“, um das große Geheimnis rund um Kliemanns Maskenproduktion zu lüften. Jan Böhmermann wirft Fynn Kliemann vor, dass er Kundschaft, Fans gleichermaßen wie Konzern „About You“ getäuscht habe.

Das darf niemals passieren und somit übernehme ich, auch wenn ich weder Produzent noch Verkäufer war, eine Verantwortung

Fynn Kliemann gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa)

Relevante Details hätte er vorenthalten. Statt zu kommunizieren, dass wohl alleine rund 3,2 Millionen Masken in Bangladesch hergestellt wurden – weil dort am meisten und schnellsten produziert werden könnte – sprach er öffentlich-wirksam von „fair produzierten, wiederverwendbaren Mundbedeckungen aus Europa“ – das war im Jahr 2020 via Instagram.

Das „ZDF Magazin Royale“ erhebt weitere, schwerwiegende Vorwürfe gegen Kliemann. Chatverläufe und Sprachnachrichten belegen, dass er über Produktionsschritte in Kenntnis gesetzt worden wäre. Mehr als das: Er selbst verantwortete ebenfalls eine Vielzahl an Strategien des Unternehmens. Zu einer Strategie gehört nach ZDF-Berichten etwa die Verschleierung des wahren Produktionsortes. Auch „About You“ wurde wohl hinters Licht geführt.

Böhmermann: Kliemann soll 100.000 defekte Masken an Flüchtlinge geschickt haben

Die Recherchen des „ZDF Magazin Royals“ stellen Fynn Kliemanns Integrität innerhalb kürzester Zeit vollends aufs Spiel. Die von Jan Böhmermann vorgebrachten Vorwürfe gipfelte darin, dass Kliemmann wissentlich 100.000 defekte Masken an Flüchtlingsunterkünften geschickt haben soll. Zufolge Böhmermanns wurde nie öffentlich thematisiert, dass die verschickten Masken gar keinen Schutz bieten konnten.

Wie ntv.de berichtet, brachten die mutmaßlichen Taten Kliemanns Unmengen an enttäuschten und wütenden Reaktionen hervor. Der Titel als Preisträger des „Deutschen Nachhaltigkeitspreis“ wurde ihm bereits entzogen und viele seiner Fans ließen dem Unmut via Instagram und Twitter freien Lauf. Nach Informationen von ntv.de, sanken die Preise für seine limitierten und seit längerem nur noch gebraucht erhältlichen Tonträger innerhalb kürzester Zeit.

Dass die Masken teilweise nicht in Europa produziert wurden, war uns bis heute nicht bekannt und wir haben den Fall unverzüglich intern geprüft, um uns ein genaues Bild zu machen.

TArek Müller, Gründer von About You

Am Freitagabend, 6. Mai 2022, hat sich Fynn Kliemann gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) geäußert. Auf die Anfrage hin heißt es in einem Statement Kliemanns: „Ich muss mir klar eingestehen, dass ich den Prozess nicht mehr überblicken konnte.“ Weiter hieß es: „Das darf niemals passieren und somit übernehme ich, auch wenn ich weder Produzent noch Verkäufer war, eine Verantwortung.“ Durch diese Versäumnisse, sich mit diesen Prozessen nicht eingehend befasst zu haben, habe er viele enttäuscht. Kliemann bat zugleich um einen differenzierten Blick auf die Details in dem Video-Beitrag.

Kliemann behauptet: About You hat von Herstellungsort der Masken gewusst - Onlinehändler wehrt sich

Kliemann hatte am Freitag unter anderem auch gesagt, dass der Hamburger Versandhändler About You, über den die Corona-Masken die Kliemann und sein Geschäftspartner hatten produzieren lassen vertrieben wurden, gewusst habe, dass die Masken auch aus Ländern außerhalb Europas stammen. Das berichtet die Tageszeitung Die Welt. Der About You-Gründer und Co-Chef Tarek Müller, der kürzlich seine Ambitionen bekannt gab Hamburger Bürgermeister werden zu wollen, reagierte auf die Aussagen Kliemanns auf Twitter. „Das stimmt nicht“, teilte Müller über den Kurznachrichtendienst mit und führte weiter aus: „Dass die Masken teilweise nicht in Europa produziert wurden, war uns bis heute nicht bekannt und wir haben den Fall unverzüglich intern geprüft, um uns ein genaues Bild zu machen.“

FC St. Pauli: Kiez-Club stoppt Projekt mit „Global Tactics“ und kündigt interne Untersuchungen an

Auch der Hamburger Fußballverein FC St. Pauli äußerte sich in einem Statement zur Causa Kliemann. Grund: Der Klub, der derzeit um den Aufstieg in die Erste Bundesliga kämpft und den ein Corona-Ausbruch womöglich den Aufstieg kosten könnte, ist im Zuge der Maskenspenden durch Kliemann eine Kooperation mit der mit dem Influencer in Verbindung stehenden Firma Global Tactics eingegangen. Der Kiezklub teilte mit, dass man die Vorwürfe sehr ernst nehme und diese „mit Hochdruck“ intern aufarbeiten würde. „Eine geplante weitere Zusammenarbeit des FC St. Pauli mit Global Tactics hinsichtlich eines anderen Projekts wurde nach Bekanntwerden der Vorwürfe bereits gestoppt“, heißt es in der Vereinsmitteilung weiter. Sollten sich die Vorwürfe gegen Kliemann und Global Tactis bewahrheiten, schloss der Verein, würde man „wird der FC St. Pauli sämtliche zur Verfügung stehenden juristischen Konsequenzen prüfen lassen.“

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