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Brunos Schwester Gaia tötete Jogger in Italien: Zwei Männer überlebten vor Jahren ihren Angriff

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Von: Johannes Welte

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Nach dem Tod eines Joggers durch die Bärin Gaia tobt in Trentino eine heftige Debatte über den Umgang mit den dort lebenden 100 Tieren. Zwei Männer hatte Gaia bereits 2020 angegriffen.

Trient/Caldes – Der Tod des Joggers Andrea Papi durch die Bärin Gaia sorgt bei zwei Bewohnern des Val di Sole bei Trient für schreckliche Erinnerungen: Fabio Misseroni und sein Sohn Christian waren am 22. Juni 2020 am Monte Peller zur Jagd unterwegs. Dort gibt es einen Rundweg. Gegen 18 Uhr stellte sich ihnen plötzlich ein Bär in den Weg: JJ4, genannt Gaia - die Bärin, die jetzt den Jogger getötet hat. Sie ist die Schwester von Bruno, der 2006 in Bayern erschossen wurde.

„Der Bär kam wie eine Rakete angeschossen“

„Der Bär kam wie eine Rakete aus dem Unterholz geschossen, wie eine Furie“, berichtet Christian Misseroni gegenüber ladige.it Der Bär warf sich auf den heute 31-Jährigen. „Ich fand mich auf dem Boden wieder, auf dem Rücken liegend, und der Bär richtete sich über mir auf. Ich habe versucht, ein Bein zu bewegen, um mich zu bewegen.“

Gaia habe ihm dann aber ins Bein gebissen. „Dann hat sie versucht, mich mit einer Pranke zu schlagen.“ In diesem Moment griff Christians Vater Fabio, heute 62 Jahre alt, ein: Er sprang auf den Bären mit voller Wucht. Gaia wehrte sich: Sie biss dem Vater ins Bein, brach dabei sein Schienbein an drei Stellen, Fabio Misseroni wurde auch an Arm und Hand verletzt, doch Gaia ergriff die Flucht - der Vater hatte seinen Sohn gerettet! Gaia hatte damals drei Junge, vermutlich glaubte sie, ihren Nachwuchs schützen zu müssen.

Christian und Fabio Misseroni wurden 2020 von Bärin Gaia schwer verletzt. Sie tötete am 5.April 2023 den Jogger Andrea Papi
Christian und Fabio Misseroni überlebten Angriff der Bärin Gaia, die später den Jogger tötete © ladige.it

Die autonome Provinz Trient ordnete bereits damals nach dem Vorfall die „Entnahme“ des Bären an. Das Verwaltungsgericht hob die Abschussverordnung jedoch auf. Tierschützer hatten gegen den Abschuss geklagt, da die Jungen verhungern würden. Gaia wurde nur eingefangen und mit einem Peilsender versehen wieder freigelassen. Der Sender ist mittlerweile außer Funktion.

Wie geht es des Misseronis heute? „Körperlich sind unsere Wunden geheilt: Die emotionalen und psychischen Folgen werden uns aber für immer begleiten“. Die Nachricht vom Tod des Bekannten aus dem Dorf wühlte alles wieder auf. Fabio Misseroni: „Wir empfanden Trauer und Wut, wir brachen in Tränen aus.“ Die Wut der Familie ist groß: „Jeder im Ort hatte diesen Tod vorhergesehen. Für die Bevölkerung ist der Bär eine offensichtliche Gefahr.“

Vater des toten Joggers klagt Behörden und Politiker an

Dass man das Tier damals wieder in die Natur gelassen hatte, ist für die Angehörigen des toten Joggers völlig unverständlich. Bei Andrea Papis Beerdigung am Mittwoch in Caldes, zu der 3000 Trauergäste kamen, sprach sein Vater Carlo Papi: „Es fällt mir schwer, denjenigen zu vergeben, die für dieses Unglück verantwortlich sind.“ Weiter: „Heute sind die Nächte für uns sehr lang. Nächte voller Erinnerungen, voller Nostalgie, Nächte voller Wut auf diejenigen, die nicht früher gehandelt haben.“ Er suche die Schuld nicht bei der Bärin, die möglicherwiese ihren Nachwuchs verteidigt hatte, sondern bei den Behörden: „Aber wir sind nicht die einzigen, die nicht schlafen können: Auch die Verantwortlichen für all das sollen nicht mehr ruhig schlafen“, so der Vater des 26-Jährigen.

Die Bärin Gaia, die den Jogger tötete, sollte schon 2020 getötet werden
Die Bärin Gaia, nachdem sie 2020 eingefangen wurde. Danach ließ man sie wieder frei © Autonome Provinz Trentino

Der Präsident der Provinz Trentino, Maurizio Fugatti, hat mittlerweile den Abschuss von Gaia und zwei weiterer Risikobären angeordnet. Einer hatte im März einen Gassigeher angegriffen. 50 Forstbeamte durchstreifen jetzt ein 800 Hektar großes Gebiet am Monte Peller. „Jetzt, da wir genau wissen, um welchen Bären es sich handelt, müssen wir ihn finden“, erklärt Fabio Angeli, Leiter der Forststation Malè. Um Gaia einzufangen, werden Röhrenfallen eingesetzt, im Notfall auch Schlingen oder Betäubungspistolen. Die Tötung des Tiers soll „unter Einhaltung der festgelegten Vorschriften durchgeführt werden. Der Zeitpunkt der Tötung ist nicht vorhersehbar“, so Paolo Zanghellini, Leiter der Trentiner Forstbehörde.

Streit um Zukunft der Bären im Trentino

Präsident Maurizio Fugatti hatte bereits gefordert, dass die Population der Bären im Trentino von jetzt über 100 auf 50 reduziert werden solle. Das war als Mindestanzahl genannt worden, als zwischen 1999 und 2001 im Rahmen des Projekts „Life Ursus“ zehn in Slowenien eingefangene Bären im Nationalpark Adamello-Brenta ausgesetzt wurden, als die dortige Population auf drei Tiere zusammengeschmolzen war.

Der Trentiner Zoologe und Bärenexperte Filippo Zibordi sieht die von Fugatti geforderte Verringerung der Bärenpopulation kritisch: „Ich glaube nicht, dass das die Lösung ist“, so Zobordi gegenüber dem TV-Sender rai. „Die Problembären müssen weg. Aber die Gesamtzahl der Bären muss nicht verringert werden.“ Es sei unklar, wie die Zahl der Tiere verringert werden solle. „Und dann natürlich ist der Bär als Tierart mehrfach geschützt.“ Zibordis Resümee: „Die Bären massenhaft weg- und und woanders hinzubringen - ich sehe dafür keine Chance.“

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