Kürzung der privaten Rente: Welche Altersvorsorgen sind betroffen?
Wenn der monatliche Auszahlungsbetrag aus der privaten Rentenversicherung nachträglich gekürzt wird, ist das einem neuen Gerichtsurteil zufolge oft unzulässig. Welche Rentenarten betroffen sind und was man tun sollte.
Hamburg – Viele Menschen setzen auf eine private Altersvorsorge, um den Betrag, den sie zur finanziellen Absicherung im Alter als Rente erhalten, aufzustocken. Möglichkeiten und private Rentenversicherungen, die solche Modelle anbieten, gibt es viele. Die sogenannte Riester-Rente ist eine davon. Dabei zahlt man jeden Monat einen gewissen Betrag ein, um am Ende auf eine vorab vereinbarte Summe zu kommen, die dann im Alter häppchenweise in kleineren monatlichen Beträgen an die Rentenberechtigten ausgezahlt wird.
Wie hoch dieser Betrag ist, hängt vom sogenannten Rentenfaktor ab. Je höher er ist, desto mehr Geld bekommt man im Monat. Nun könnte man meinen, dieser Faktor ist unveränderlicher Teil des Vertrags, den man zu Beginn abgeschlossen hat, als man sich für die Privatrente entschieden hat. Doch einige private Versicherungsunternehmen haben diesen Faktor im Nachhinein abgesenkt. Das bedeutet: Obwohl man über Jahre hinweg brav Monat für Monat in die private Rente eingezahlt hat, fällt der monatliche Betrag, den man bei Rentenbeginn ausgezahlt bekommt, letztlich kleiner aus. Ist das überhaupt zulässig?

Versicherungen dürfen Rentenfaktor nicht einfach so absenken, urteilt das Landgericht Köln
Nein, so hat es das Landgericht Köln am 8. Februar 2023 entschieden (LG Köln, 08.02.2023, Az. 26 O 12/22). Zumindest nicht, wenn sich die Rentenversicherung für die Begründung der Absenkung des Rentenanspruchs auf eine bestimmte Argumentation beruft.
So hatte in dem konkreten Fall ein Riester-Sparer gegen den Versicherungsanbieter Zurich Deutscher Herold geklagt, da dieser im Jahr 2017 die künftige Rente des Klägers nachträglich um knapp ein Viertel gesenkt hatte. Bei Vertragsabschluss der fondsgebundenen Riester-Rente war ein bestimmter Rentenfaktor vereinbart worden: in diesem Fall 37,34 Euro je 10.000 Euro Kapital. Die Zurich kappte den Faktor nachträglich aber auf 27,97 Euro – und informierte den Versicherungsnehmer einfach so per Brief darüber, dass sich seine monatliche Rente verringern wird.

Niedrige Zinsen und schlechte Renditen sind keine Begründung für Kürzung der monatlichen Privatrente
Die Begründung der Zurich für diese Entscheidung: die damalige Niedrigzinsphase. Das Landgericht Köln urteilte diesbezüglich: Schlechte Renditen aufgrund niedriger Zinsen gehörten zum unternehmerischen Risiko der Versicherer. Sie dürften daher nicht auf die Kunden abgewälzt werden. Zulässig ist hingegen eine nachträgliche Änderung bei Umständen, auf die der Versicherer keinen Einfluss hat, bei denen aber davon auszugehen ist, dass dieser die vereinbarte Rente nicht in vollem Umfang auszahlen kann. Die allgemein gestiegene Lebenserwartung ist ein solcher Umstand, denn dadurch verlängert sich auch die durchschnittliche Rentenzeit.
Urteil hat laut Verbraucherschützern eine Signalwirkung für Anbieter privater Rentenversicherungen
Das aktuelle Urteil des Landgerichts Köln wird von Verbraucherschützern gelobt, schreibt das Handelsblatt. Es sei von einer Signalwirkung sowohl auf die Anbieter privater Rentenversicherungen als auch auf die Versicherungsnehmer auszugehen. Die Zurich prüft derzeit noch, ob sie gegen das Urteil in Berufung geht. Dann müsste das Oberlandesgericht Kölnl eine abschließende Entscheidung fällen, die dann wiederum als Vorlage für weitere Fälle dieser Art dienen würde. Laut Finanzwende e.V. könnten schätzungsweise mehrere Zehntausende Menschen betroffen sein, die ähnlich versichert sind.
Welche Arten der privaten Rente von Kürzungen betroffen sein können
Wer von einer solchen nachträglichen Senkung des Rentenfaktors betroffen ist, sollte unbedingt handeln, um keine Ansprüche zu verlieren. Doch woher weiß man überhaupt, dass die eigene Versicherung die Rente gekürzt hat? Und um welche Rentenmodelle geht es dabei überhaupt? Bei folgenden Versicherungsarten lohnt es sich, noch einmal in die bestehenden Verträge zu schauen und diese mit den jährlichen Mitteilungen zum aktuellen Rentenstand zu vergleichen:
- Riester-Rente
- Rürup-Rente (oder Basisrente)
- betriebliche Altersvorsorge
- nicht-geförderte private Rentenversicherung
Nach Kürzung der Privatrente – Was man tun kann, um die private Altersvorsorge zu sichern
Stellt man im jährlichen Rentenbescheid der Versicherung fest, dass der Rentenfaktor gesenkt wurde, sollte man laut dem Südwestdeutschen Rundfunk (SWR) zunächst in die Begründung schauen und abwägen, ob diese zulässig ist. Wurde die Rente zu Unrecht gekürzt, sollte sich gleich an seine Versicherung wenden – und zwar schriftlich. Wer sich noch in der Ansparphase befindet (also der Phase, in der man noch keine Rente bezieht, sondern noch monatliche Beiträge leistet), sollte in dem Schreiben eine Anhebung des Rentenfaktors auf das Ursprungsniveau fordern, um die Ansprüche nicht zu verwirken.
Bereits entgangene Rentenzahlungen lassen sich bis zu drei Jahre nachträglich zurückfordern
Wer bereits Rente bezieht, sollte ebenfalls tätig werden. Denn auch in dieser Phase hat man noch bis zu drei Jahre die Möglichkeit, entgangene Rentenzahlungen zurückzufordern. Entsprechende Mustervorlagen für solche Schreiben an die Versicherung findet man zum Beispiel bei Finanztip.de.
Aktives Handeln lohnt sich in diesem Fall, denn Versicherten geht sonst im Alter bares Geld verloren. In einer Beispielrechnung zeigt Finanzwende e.V., wie viel: Bei einem Sparkapital von 130.000 Euro zum Rentenbeginn im Jahr 2039 würde ein Versicherter durch die Kürzung des Rentenfaktors von ursprünglich 37,34 Euro je 10.000 Euro Kapital auf 27,97 Euro gut 120 Euro pro Monat verlieren. Bei einer durchschnittlichen Rentenbezugszeit von 20 Jahren betrüge der Verlust demnach rund 29.000 Euro.