Hamsterkäufe wegen Ukraine: Lebensmittel, die jetzt knapp und teuer werden
Der Krieg in der Ukraine bewirkt bei vielen Menschen die Tendenz zu Hamsterkäufen bestimmter Lebensmittel. Diese sind nun knapp und mitunter teuer – und Supermarkt-Regale leer.
Hamburg – Es muss in Deutschlands Supermärkten und Discountern derzeit skurril hergehen, wenn große Player wie Aldi, Edeka, Rewe ihre Kunden bitten, auf Hamsterkäufe zu verzichten: „Verhalten Sie sich solidarisch“, heißt es. Viele Menschen kaufen angesichts der Lage in der Ukraine mehr, als sie eigentlich für den täglichen Bedarf bräuchten – und die Lieferketten kommen nicht hinterher, was Lebensmittel knapp und teuer macht. Das alles erinnert nur zu gut an den Beginn der Corona-Krise im Jahr 2020: Damals gingen Klopapier, Nudeln und Co. reihenweise über die Ladentheke und sorgten für leere Regale in Supermärkten und Discountern. Mittlerweile rationieren Aldi, Lidl und Co. Alltagsprodukte – „keine Lieferungen mehr“*.
Eine ausreichende Versorgung mit allen Produkten des täglichen Bedarfs ist gesichert, werden Discounter und Supermärkte nicht müde zu betonen. Dennoch kann es zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Einzelfällen bei bestimmten Produkten zu kurzzeitigen Lieferengpässen kommen. „Was wir an Lücken in den Supermarktregalen sehen, ist vor allem auf die angespannte Lage in der Logistikbranche zurückzuführen“, sagt etwa Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij (Die Linke) aus Thüringen. Viele Lkw-Fahrer seien ausgefallen – unter anderem wegen Corona-Infektionen, aber auch, weil durch den Krieg in der Ukraine* die männliche Bevölkerung zur Landesverteidigung einberufen wurde. Zudem machen die gestiegenen Kosten für Gas und Strom der Industrie zu schaffen.
Branche:\t | Lebensmittelwirtschaft |
Beschäftigte:\t | 5,45 Millionen |
Betriebe: | 652.000 |
Produkte: | 170.000 |
Hamsterkäufe wegen Ukraine: Übersicht über Lebensmittel, die jetzt knapp und teuer werden
Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) jedenfalls hat an die Menschen in Deutschland appelliert, Hamsterkäufe von Lebensmitteln zu unterlassen. „Kaufen Sie nur das, was Sie unmittelbar benötigen“, sagte BVLH-Sprecher Christian Böttcher – Lebensmittel werden sonst unnötig knapp und teuer. Dazu passt auch die Mahnung von Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern: „Hamsterkäufe erzeugen künstliche Engpässe, die wiederum die Preise nach oben treiben. Hier wird eine Spirale in Gang gesetzt, die völlig irrational ist“, so Backhaus. Die Checkliste vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, einen eigenen Notfallvorrat anzulegen, ist aber immer aktuell.
Hier eine Übersicht über Lebensmittel, die derzeit knapp werden beziehungsweise demnächst werden könnten – schon jetzt hat Aldi eine große Preiserhöhung bei vielen Produkten* bestätigt. Lidl wiederum bietet etwa Mehl tatsächlich vergünstigt an. Das auffällige Angebot gibt es wirklich*.
- Eier: „Alarmstufe rot“ heißt es vom Bundesverband Ei. Er mahnt: „Die deutsche Eierwirtschaft kann die Versorgung mit Eiern aus Deutschland spätestens ab Sommer nicht mehr sicherstellen.“ Verbandschef Henner Schönecke spricht von Existenzangst bei den Landwirten. „Die Preise für Futtermittel haben sich in kürzester Zeit mehr als verdoppelt. Gentechnikfreies Soja ist kaum noch zu bekommen“, so Schönecke.
- Mehl: Bereits jetzt berichten Kunden von leeren Regalen und Hinweisen, nur haushaltsübliche Mengen einzukaufen. Schuld auch hier der Ukraine-Krieg. Denn Russland und die Ukraine gehören zu den größten Exporteuren von Weizen. Bauernpräsident Joachim Rukwied sieht trotz des Ukraine-Krieges Deutschlands Versorgung mit Getreide zumindest in diesem Jahr gesichert. Darüber hinaus ist noch keine realistische Prognose möglich. Er rechne aber damit, dass „die Preise für Lebensmittel vermutlich noch weiter steigen werden“.
- Hefe: Wie auch schon zu Beginn der Corona-Krise ist an einigen Orten die Hefe vergriffen. Abermals ist anzunehmen, dass die Bevölkerung zurzeit verstärkt backt und die Vorratsschränke füllt. Ob dieses Mal wieder wie in der ersten Corona-Welle vor allem die Verpackungsindustrie für die Hefe-Nachlieferung nicht hinterherkommt, ist noch unklar.
- Gurken und Tomaten: Angesichts der gestiegenen Energiepreise wird derzeit mit einem Rückgang der heimischen Produktion gerechnet. Lilian Heim vom Deutschen Bauernverband sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Es sieht schlecht aus. Viele Gewächshäuser bleiben derzeit einfach leer. Die Aufzucht lohnt sich nicht. Die Energie-, Dünge- und Personalkosten sind zu hoch.“
- Sonnenblumenöl: Bilder leerer Sonnenblumenöl-Regale waren die ersten in diesem Jahr, die den Blick auf die erneuten Hamsterkäufe legten. Discounter Aldi etwa hatte wegen Hamsterkäufen die Abgabe von Speiseöl beschränkt. Lediglich vier Flaschen pro Personen dürfen nun noch gekauft werden. Auch hier ist die Lage in der Ukraine mitverantwortlich: Das osteuropäische Land ist eines der wichtigsten Exporteure von Sonnenblumen- und Rapssaaten.
- Milch: Wer auch künftig genfreie Milch trinken möchte, könnte auf eine knappe Auswahl treffen. Denn: das Kraftfutter für die Tiere wurde aus der Ukraine oder Russland importiert. „Raps- und Sojafuttermittel aus Russland und der Ukraine, die bei uns in die Lebensmittelproduktion ‚Ohne Gentechnik‘ fließen, werden für längere Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen“, heißt es vom Deutsche Raiffeisenverband (DRV). Demzufolge würden „in Kürze viele Landwirte und Unternehmen der Verarbeitung aus der Ohne-Gentechnik-Produktion aussteigen müssen“, so der DRV. Die Folge: Knappe Genfrei-Milch in den Supermärkten.
- Honig: 2020 war die Ukraine noch das wichtigste Honig-Importland.: 15.741 Tonnen kamen aus der Ukraine. Doch der Krieg in dem Land wird auch bei diesem Lebensmittel Folgen haben. Ein Versorgungsengpass droht, berichtet Bienenprodukte-Versand.de.

Denn während sich bei den Corona-Regeln in deutschen Supermärkten wie Aldi, Lidl und Edeka eine radikale Änderung der Maskenpflicht anbahnen könnte, sind auch im europäischen Ausland ähnliche Hamsterkäufe zu beobachten. In Spanien werden ebenfalls Lebensmittel knapp und teuer: So z.B. auch Sonnenblumenöl. Doch gerade in Spanien wird das preisgünstige Rapsöl nach einem Giftöl-Skandal 1981 mit Tausenden Toten von den Kunden gemieden und deshalb kaum angeboten. Straßenhändler hatten damals giftiges Industrie-Rapsöl in den Verkehr gebracht.
Dort schlagen nun auch die dortigen Bauernverbände Alarm: Sollte es zu längerfristigen Ausfällen beim Import von Mais, Getreide und Ölkuchen aus der Ukraine kommen, könne das Viehfutter knapp werden. * 24hamburg.de, wa.de, merkur.de, kreiszeitung.de, bw24.de und fr.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.