„Keine Steuer auf Obst und Gemüse“ fordert die Verbraucherzentrale Hamburg
Gemüse und Obst sollten in Zukunft mehrwertsteuerfrei sein, fordern Verbände. Doch es gibt auch Kritik an der Idee.
Hamburg – Nicht nur Kraftstoffe, Energie oder die Preise für Backwaren wie Brot und Brötchen sind in den letzten Wochen gestiegen. Auch andere Lebensmittel sind teurer geworden. Grund dafür ist der Ukraine-Krieg. Um die Bürger zu entlasten, plant die Politik verschiedene Maßnahmen. So soll die Energiepauschale helfen, die gestiegenen Ausgaben für Strom und Gas abzufedern, Entlastungen bei Sprit und Diesel sind geplant und das sogenannte 9-Euro-Ticket soll Pendler zugutekommen.
Wegen der hohen Preise auf Obst und Gemüse fordert nun Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, die noch gültige Mehrwertsteuer von sieben Prozent auf null zu senken. Die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse soll damit laut Özdemir entfallen.
Name: | Mehrwertsteuer (MwSt.) |
Einführung in Deutschland: | 1. Januar 1968 |
Höhe bei der Einführung: | 10 Prozent |
Höhe der Mehrwertsteuer heute: | 19 Prozent, ermäßigt 7 Prozent (Lebensmittel, Bücher) |
In Krisenzeiten: Steuersenkungen gern gesehenes Mittel – dem schließt sich Verbraucherzentrale Hamburg an
Damit schließt sich der Grünen-Spitzenpolitiker einer Forderung an, die im Zuge des Ukraine-Krieges von verschiedenen Seiten in den letzten Wochen ins Spiel gebracht wurde. Politiker, Wissenschaftler und Verbände begrüßen die Forderungen – allerdings keineswegs einheitlich. Es gibt auch kritische Stimmen, die sich gegen die Abschaffung der Mehrwertsteuer aussprechen. Steuersenkungen selbst sind in Krisenzeiten ein oft von staatlicher Seite genutztes Instrument, um gestiegenen Kosten entgegenzukommen. So wurde im Zuge der Corona-Krise der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent herabgesenkt.
Und auch beim derzeitigen Entlastungspaket gehören Steuersenkungen zum angewandten Instrumentarium: beispielsweise wird die Energiekostenpauschale von der Einkommenssteuer abgezogen.
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Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse: Wirtschaftsverbände und Verbraucherzentalen fordern Abschaffung
Den Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse temporär abzuschaffen, begrüßt nicht nur Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Der Präsident des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Marcel Fratzscher, teilt die Forderung, wie er im Gespräch mit der „Augsburger Allgemeinen“ verraten hat.
„Die Bundesregierung sollte den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent temporär abschaffen, da dadurch vor allem Lebensmittel und andere Dinge der Grundversorgung günstiger würden und den Menschen schnell und unbürokratisch Hilfe zukäme.“
Sozialverband: Menschen wissen nicht mehr, wie sie Rechnungen zahlen sollen
Im Vergleich zum Vormonat sind die Verbraucherpreise in Deutschland im März 2022 um 7,3 Prozent gestiegen. Das belegen die neusten Zahlen. Durch die hohe Inflation – der Begriff gibt die Teuerungsrate an – wüssten gerade Menschen mit geringen finanziellen Mitteln nicht mehr, wie sie ihre Stromrechnung und Lebensmittel bezahlen sollten.
Das sagte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Dazu gehörten etwa Gering-Verdiener, Rentner und Grundsicherungs-Empfänger. „Der VdK fordert deshalb, die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel drastisch zu senken, und zwar auf null Prozent. Die Bundesregierung muss diese Möglichkeit, die es nun für alle EU-Mitgliedsstaaten gibt, voll ausschöpfen“, so die Verbandspräsidentin.
Verbraucherzentrale Hamburg führt auch Ernährungs- und Umweltschutzgründe an
Zu den zahlreichen Befürwortern der zeitlich begrenzen Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse, deren Satz derzeit sieben Prozent beträgt, gehört auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Der Landesverband Hamburg befürwortet die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse ebenfalls und führte auf Facebook an, dass mit dieser Maßnahme Haushaltskassen entlastet werden würden, eine gesunde Ernährung günstiger möglich wäre und vorwiegend pflanzliches Essen gut für die Umwelt sei.

Statt Abschaffung der Mehrwertsteuer: Diese Ideen stehen im Raum
Doch es gibt auch Stimmen, die die Aufhebung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse nicht als geeignetes Mittel ansehen, um den gestiegenen Preisen entgegenzusteuern. So spricht sich der Vize-Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Stefan Kooths, in der „Rheinischen Post“ für ein anderes Mittel aus. „Wenn der Staat wirksam etwas gegen höhere Lebensmittelpreise tun möchte, dann sollte er über die Freigabe von landwirtschaftlichen Nutzflächen nachdenken“, so Knooths. Denn die steigenden Preise würden eine größere Knappheit widerspiegeln, die der Staat nicht beseitigen könne, führt er aus.
Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse: Handelsverband HDE dagegen
Die Spitzenorganisation des deutschen Einzelhandels, der Handelsverband Deutschland (HDE), äußert sich wenig überraschend kritisch. Das Drehen an der Mehrwertsteuerschraube sei der falsche Weg. Denn damit würden auch Haushalte begünstigt, die die steigenden Preise tragen könnten. Stattdessen solle die Bundesregierung die staatlichen Transfers entsprechend erhöhen.