„Wie in absurdem Traum“: Theaterstück für fünf Männer wird verboten, weil darin nur Männer spielen
Weil nur Männer im Theaterstück „Warten auf Godot“ auf der Bühne stehen sollten, hat ein Kulturzentrum im niederländischen Groningen die Aufführung verboten.
Groningen/Niederlande – Ausgerechnet das Theaterstück, das das Paradebeispiel des „absurden Theater“ darstellt, sorgt mit einer Debatte, die über seine Besetzung entbrannt ist, bevor es überhaupt auf die Bühne kommt, für: absurdes Theater. Der Regisseur hatte vor, die Inszenierung entsprechend dem vom Autor Samuel Beckett 1952 verfassten Werk „Warten auf Godot“ mit männlichen Schauspielern in den Männerrollen zu besetzen.
Theaterstück: | Warten auf Godot |
Autor: | Samuel Beckett |
Erscheinungsjahr: | 1952 |
Uraufführung: | 5. Januar 1953 im Théâtre de Babylone, Paris |
Personen/Figuren: | Estragon, Wladimir, Lucky, Pozzo, ein Junge |
Theaterstück für fünf Männer wird verboten, weil darin fünf Männer spielen
Der wilden Diskussion ging voraus, dass die englischsprachige Theatergruppe GUTS (Groningen University Theatre Society) der Groninger Universität nur Männer zum Casting für die fünf Männerrollen geladen hatte.
Auch die Besetzung der Rollen erfolgte demnach mit männlichen Darstellern. Nun zog das Kulturzentrum der Uni die Reißleine – und entschied, dass das Stück nicht wie geplant im März aufgeführt werden dürfe. „Es geht nicht an, dass Gruppen von Menschen ausgeschlossen werden“, sagte eine Sprecherin des Zentrums der dpa am Montag. Ihr Kulturzentrum müsse für alle Geschlechtergruppen offen stehen.

„Als wäre ich in einen absurden Traum gefallen“: Regisseur versteht die Welt nicht mehr
Die Forderungen danach, ein Stück, das ausschließlich mit Männerrollen geschrieben wurde, nur auf die Bühne gebracht werden darf, wenn diese auch mit Frauen und Diversen besetzt werden, treibt die Debatte um „Political Correctness“ oder auch „Cancel Culture“ auf die Spitze. Der 26-jährige Jungregisseur Oisín Moyne sagte dem holländischen Regionalblatt Dagblad van het Noorden, es fühle sich an, „als ob ich in einem absurden Traum gelandet bin.“
24hamburg.de-Newsletter
Im Newsletter von 24hamburg.de stellt unsere Redaktion Inhalte aus Hamburg, Norddeutschland und über den HSV zusammen. Täglich um 8:30 Uhr landen sechs aktuelle Artikel in Ihrem Mail-Postfach – die Anmeldung ist kostenlos, eine Abmeldung per Klick am Ende jeder verschickten Newsletter-Ausgabe unkompliziert möglich.
Absurdes Theater: Beckett selber hat verfügt, dass Rollen nur mit Männern besetzt werden dürfen
Doch es wird noch besser: Der Regisseurin, und damit auch dem Theater sind nämlich die Hände gebunden: Pikanterweise und vielleicht sogar in einer vagen Ahnung, wie sich die Kulturszene einmal entwickeln könnte, hatte der 1989 verstorbene irische Dramatiker Beckett testamentarisch verfügt, dass alle Männerrollen in „Warten auf Godot“ nur und ausschließlich mit männlichen Schauspielern zu besetzen sind. Da die Theatergruppe das Risiko nicht eingehen könne, von der Nachlass-Stiftung des Künstlers verklagt zu werden, die Becketts Rechte vertritt, wurde die Aufführung nun gecancelt.
Samuel Beckett, der 1969 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, hatte das Stück 1953 uraufgeführt. Das Werk, das als Inbegriff des absurden Theaters gilt, verhalf dem Schriftsteller zum Durchbruch. Die beiden Landstreicher Wladimir und Estragon warten auf einen gewissen Godot. Vergeblich. Währenddessen fällt der immergleiche Satz „Nichts zu machen.“ Auch das klingt nun angesichts des Besetzungsspektakels fast prophetisch.