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Revolution in der Formel 1? Rennkalender soll offenbar verändert werden

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Von: Marcus Giebel

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Formel-1-Autos nach dem Start
Rennaction rund um den Globus: Wie hier in Jeddah begeistert die Formel 1 weltweit viele Millionen Menschen. © IMAGO / eu-images

Bahrain, Australien, USA, Monaco. Die Formel 1 ist auf der ganzen Welt unterwegs – inklusive vieler Reisen. Nun soll der Rennkalender 2024 angepasst werden.

München – Mehr als 7500 Rennkilometer liegen zwischen den Stars der Formel 1 und dem WM-Titel. Neben 23 Grands Prix stehen auch sechs Sprintrennen auf dem Programm. Eine ungleich größere Distanz nimmt die Königsklasse des Motorsports aber zwischen den Wochenenden, an denen Gas gegeben wird, auf sich.

Denn Mensch und Material müssen ja erst einmal in die verschiedensten Weltregionen kommen. Nach dem 2023er-Auftakt im Nahen Osten mit Bahrain und Saudi-Arabien machte der Zirkus Station in Australien. Zuletzt war mit Aserbaidschan ein Staat aus Vorderasien Gastgeber der F1, nur eine Woche später drehen die Boliden in den USA – genauer gesagt: mitten in Miami – ihre Runden.

Danach steht mit Italien, Monaco und Spanien dreimal Europa im Fokus, ehe für den Großen Preis von Kanada der nächste Abstecher nach Nordamerika folgt. Bis Anfang September bleibt die Rennserie dann für sechs weitere Rennwochenenden in Europa, ehe Fernost ruft.

Formel 1 und die vielen Reisen: Tross würde 2023 dreimal die Erde umrunden

Richtig reisefreudig wird die Formel 1 zum Saisonende. Die letzten sechs Stationen der WM-Tour führen nach Katar, in die USA (Austin in Texas), nach Mexiko, nach Brasilien, wieder in die USA (Las Vegas in Nevada) und schließlich nach Abu Dhabi – binnen sieben Wochen. Allein zwischen Las Vegas und Abu Dhabi liegen 13.186 Kilometer.

Vor der Absage des China-GP wegen der Corona-Beschränkungen im Land hatte das französische Motorsportmagazin Auto Hebdo berechnet, dass der F1-Tross binnen 37 Wochen schätzungsweise 133.570 Kilometer zurücklegen muss, um von Rennort zu Rennort zu gelangen. Die Heimflüge sind dabei wohlgemerkt nicht mit eingerechnet. Zum Vergleich: Der Äquator misst gut 40.000 Kilometer, die Formel 1 reist also quasi in diesem Jahr mehr als dreimal um die Erde.

Video: Überhol-Krise! Muss die Formel 1 die Regeln ändern?

Wolff über Rennkalender 2024: „Wir hüpfen nicht mehr von Kontinent zu Kontinent“

Diese Reisefreudigkeit ist in Zeiten, in denen sich die Menschheit um den Klimawandel sorgt und im Grunde jeder irgendwo ein bisschen kürzertreten muss, immer schwerer zu vermitteln. Das scheint auch den Verantwortlichen klar zu sein. Zwar betonte Formel-1-Boss Stefano Domenicali im März, dass er grundsätzlich eine Saison mit 25 Rennen vorstellen kann. Doch offenbar soll die Zahl der Reisekilometer ab der Saison 2024 deutlich eingestampft werden

Das deutete Toto Wolff im Gespräch mit der österreichischen Nachrichtenagentur APA an. „Wir werden nicht mehr von Kontinent zu Kontinent hüpfen. Wenn wir so sind, bleiben wir dann auch länger dort“, versicherte der mächtige Mercedes-Teamchef. Dem Österreicher zufolge kann die Rennserie sogar als ökologisches Vorbild dienen, eine grüne „Blaupause“ liefern.

Formel 1 und der Klimawandel: 2019 soll fast Hälfte des CO2-Ausstoßes auf Logistik entfallen sein

Bereits vor einigen Jahren trat die Formel 1 der Klimaschutz-Bewegung „Sports for Climate Action Framework“ der Vereinten Nationen (UN) bei, will bis 2030 klimaneutral werden. Laut einer eigenen Statistik betrug der CO2-Ausstoß in der Saison 2019 – also der letzten vor der Corona-Krise, die den Rennsport zwar nicht aus-, aber hinsichtlich der weltweiten Reisen einbremste – 256.551 Tonnen. Davon sollen aber nur 0,7 Prozent auf die Formel-1-Motoren entfallen sein, die Rennveranstaltungen an sich verursachten demnach 7,3 Prozent.

Auf die Logistik entfielen demnach aber 45 Prozent. Gemeint ist der Transport von Teamausrüstung und Formel-1-Equipment wie etwa für TV-Produktionen sowie die Einrichtung des Fahrerlagers. Immerhin noch 28 Prozent wurden den Reisen der rund 1000 zum Tross zählenden Personen zugerechnet. Hier besteht also enormes Einsparpotenzial.

Deshalb verspricht Wolff: „Die europäischen Rennen rutschen zusammen, die asiatischen Rennen rutschen zusammen, jene im Mittleren Osten und in Amerika auch.“ Diese Entscheidung ist für ihn „eigentlich ein No-Brainer“.

Toto Wolff steht neben der Startaufstellung und hat die Arme verschränkt
Kommt ganz schön rum: Als Mercedes-Teamchef reist Toto Wolff um die Welt. © IMAGO / HochZwei

Wolff über Reisen der Formel 1: Bei Flügen wird auf nachhaltigen Treibstoff geachtet

Wie groß der Effekt sein wird, muss sich erst noch erweisen. In der Saison 2004, als Michael Schumacher seinen letzten von sieben WM-Titeln einfuhr, fanden zehn der 18 Rennen in Europa statt. 20 Jahre später sieht die Verteilung so aus: neunmal Europa, siebenmal Asien, sechsmal Amerika (davon einmal Südamerika) und einmal Ozeanien. Noch ist Afrika ein weißer Fleck, doch Domenicali arbeitet bereits an der Rückkehr seiner Serie nach Südafrika – dort wurde zuletzt 1993 um WM-Punkte gefahren.

Schon jetzt bemühe sich die Formel 1 auch während der Flüge intensiv darum, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern, versichert Wolff. „Wir fliegen zum Teil mit Sustainable Aviation Fuel“, betonte der Wiener: „Bei den Flügen, wo wir es nicht finden, machen wir Book-and-Claim, also wir gleichen unseren Anteil am Treibstoffbedarf des Flugs durch Käufe von nachhaltigem Treibstoff aus.“

Zudem würden die Fabrik und Büros ihren Energiebedarf aus grünen Quellen beziehen. Hundertprozentige Nachhaltigkeit wird auch beim Kraftstoff der Boliden angestrebt, bei dessen Herstellung soll CO2 aus der Atmosphäre gebunden werden. „Wir haben eine Milliarde Zuschauer auf der Welt. Wir haben die Aufgabe, diese Trommel zu schlagen“, weiß Wolff um die Verantwortung der F1.

Formel 1 funktioniert nicht ohne Reisen: „Sonst bleibt jeder zu Hause und züchtet Tomaten“

Ganz sicher sei aber auch, dass weite Reisen weiter dazugehören würden. Schließlich wird eine Weltmeisterschaft ausgefahren und keine Kontinentalmeisterschaft. Und gerade in den USA erfreut sich die jahrzehntelang vor allem in Europa heimische Rennserie rasant steigender Beliebtheit.

Deshalb macht Wolff auch klar: „Es wird im Urlaub gereist, es gibt Geschäftsreisen, es werden Waren in Container um die Welt geschickt. Die Alternative ist, dass jeder für sich zu Hause in seinem Garten bleibt und dort Tomaten züchtet.“ Nichts gegen Tomatenzüchter, aber da würde wohl nicht nur Wolff den Adrenalinkick vermissen. (mg)

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