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Glitzer statt Gegröle: Lichtobjekte gegen Punks auf Sylt?

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Von: Dagmar Schlenz

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Beleuchtete Skulpturen und Walgesänge statt Punks und Proteste: Eine Kunstinstallation vor dem Rathaus von Westerland auf Sylt sorgt für Diskussionen.

Westerland/Sylt – Ein leuchtender Wal, Delfine und der Meeresgott Poseidon sind die neue „Geheimwaffe“ der Gemeinde Sylt. Sie bevölkern in diesem Sommer den kleinen Stadtpark vor dem Rathaus von Westerland auf Sylt und könnten ihn so vor einer erneuten Zweckentfremdung als Protestcamp bewahren. Denn ein solches hatte im Sommer 2022 für viel Unmut auf der beliebten Ferieninsel gesorgt und man war sich schnell einig: Das darf sich in diesem Jahr nicht wiederholen.

Name:Lichtkunstinszenierung „Meeresrauschen“
Ort:Stadtpark in Westerland auf Sylt
Termin:13. Mai bis 10. September 2023
Veranstalter:Gemeinde Sylt in Zusammenarbeit mit MK Illumination
Kosten:Circa 93.500 Euro

Lichtkunst „Meeresrauschen“ im Westerländer Stadtpark

Es strahlt und glitzert im Stadtpark von Westerland auf Sylt. In der Dunkelheit leuchtet ein Wal mit dem bereits aus der Vorweihnachtszeit bekannten „#Sylt“-Schriftzug um die Wette. Die Skulpturen sind Bestandteil der Lichtkunstinszenierung „Meeresrauschen“, die am 13. Mai 2023 auf der Nordseeinsel eröffnet wurde. Einheimische und Besucher können auf der Grünfläche vor dem Rathaus insgesamt 16 handgefertigte Skulpturen bewundern, die von 18 Uhr abends bis 2 Uhr morgens illuminiert werden. Walgesänge sollen das Kunstwerk abrunden.

Mit der Installation wolle man den Bürgern und Bürgerinnen von Sylt als auch den Gästen etwas zurückgeben, so Bürgermeister Nikolas Häckel. „Denn Licht steht für Sicherheit, Wärme und Leben – und das soll nun auch auf unserer Insel wieder aufblühen und Grund geben, in einem gemütlichen Rahmen zusammenzukommen.“, so Häckel weiter. Dass das Kunstprojekt als Maßnahme gegen ein erneutes Protestcamp der Punks auf Sylt geplant wurde, wird von offizieller Seite dagegen nicht bestätigt.

Ein Mann mit rotem Irokesenschnitt steht vor einer Wal-Skulptur in einem Park. Im Stadtpark von Westerland auf Sylt wurden Lichtobjekte aufgestellt, um ein erneutes Protestcamp zu verhindern.
Punk Jörg Otto vor den neuen Lichtobjekten im Stadtpark von Westerland auf Sylt. Otto war Versammlungsleiter des Protestcamps auf Sylt im Sommer 2022. © Steven Hutchings/dpa

Lichtobjekte als Maßnahme gegen Punks auf Sylt?

Ob auch in diesem Sommer Punks und Aussteiger mit dem Deutschlandticket nach Sylt kommen werden, bleibt abzuwarten. Im letzten Jahr hatte eine Gruppe von Punks und Alternativen ihre Zelte im Stadtpark von Westerland aufgeschlagen, um für bezahlbaren Lebensraum zu protestieren. Immer wieder hatte es Beschwerden von Anwohnern wegen Lärmbelästigungen und Verunreinigungen gegeben. Politiker wirkten recht hilflos im Umgang mit den neuen Herausforderungen – so wurden Zäune und Mauern in Westerland errichtet, die allerdings ihr Ziel verfehlten.

Das ursprünglich bis zum 31. August genehmigte Protestcamp auf Sylt wurde erst Mitte September 2022 aufgelöst, nachdem ein Gericht die Verlängerung abgelehnt hatte. Viele Einheimische sehen in der Lichtkunst-Installation im kleinen Stadtpark den Versuch, ein erneutes Punker-Camp in diesem Sommer zu verhindern. Aber unabhängig von den Beweggründen der Gemeinde ist das Kunstprojekt auf der Promi-Insel Sylt durchaus umstritten.

„Rausgeschmissenes Geld“: Reaktionen auf Sylter Lichtobjekte sind gespalten

Rund 93.500 Euro soll die Lichtkunstinstallation „Meeresrauschen“ in Westerland gekostet haben, berichtet die Sylter Rundschau. „Da hauen wir das Geld für Licht raus, das wir bei der Weihnachtsbeleuchtung gespart haben und kriegen künstliches Meeresrauschen, obwohl ein paar 100 Meter weiter westlich das Meer ist inklusive Rauschen, live! Merkt hier noch einer was?“, fragt sich eine Userin auf Facebook. „Für das rausgeschmissene Geld hätte man lieber für die Kinder und Jugendlichen neue Spielplätze anlegen sollen“, findet eine andere.

Aber es gibt auch Befürworter der – vermeintlich zur Punker-Abwehr geplanten – Kunstaktion. „Letztes Jahr hat das Gegröle und das Gepinkel vor meinen Fenstern das Doppelte gekostet – auch Eure Gelder – dann lieber das“, kommentiert eine Facebook-Userin. Das Protestcamp im Stadtpark soll laut Angaben der Gemeinde Sylt mit etwa 270.000 Euro zu Buche schlagen – und nur für einen Teil der Kosten für das Camp auf Sylt wurde den Punks die Rechnung präsentiert.

Kunstprojekt „Meeresrauschen“: Partei Zukunft fordert Eingreifen der Kommunalaufsicht

Die Partei „Zukunft“ übt deutliche Kritik an dem Projekt „Meeresrauschen“ und dem Vorgehen der Gemeinde. „Es ist unglaublich, wie ignorant und schlecht durchdacht der Bürgermeister vorgeht.“, so Lars Schmidt, einziger Gemeindevertreter der Partei „Zukunft“ auf Sylt. „Meine Kollegen aus den anderen Parteien beschäftigten sich eher damit, faktisch uneinbringliche Schadensersatzforderungen vom letzten Protestcamp eintreiben zu wollen, anstatt sinnvolle Lösungen zu suchen.“, so Schmidt weiter.

Der Beschluss über die sogenannte Sommerinszenierung „Meeresrauschen“ wurde Ende April 2023 per Dringlichkeitsantrag in die Tagesordnung der Sitzung der Gemeindevertretung aufgenommen. Die Abstimmung erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Partei „Zukunft“ habe eine sofortige Überprüfung und Beanstandung des Beschlusses zur Vergabe des Veranstaltungsauftrags für die Sommerinszenierung „Meeresrauschen“ beantragt, um „diesen Irrsinn noch zu stoppen“, so eine Pressemitteilung. Doch erstmal leuchten die umstrittenen Skulpturen auf der Insel Sylt, die laut „Time Magazine“ zu einem der 50 besten Orte der Welt gehört.

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