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Klimawandel und steigender Meeresspiegel: Was wird aus den Nordseeinseln?

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Von: Dagmar Schlenz

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Droht den Nordseeinseln durch den Klimawandel der Untergang? Am Beispiel von Pellworm berichtet eine ZDF-Reportage über die aktuellen Herausforderungen.

Sylt/Pellworm – Was passiert mit den Inseln und Küstenregionen, wenn der Meeresspiegel weiter steigt? Diese Frage beschäftigt seit Jahren auch die Menschen auf den Nordseeinseln wie Sylt, Pellworm und Norderney. Die ZDF-Reportage „Vor uns die Sintflut – Eine Insel kämpft gegen den Klimawandel“ aus der Reihe 37 Grad dokumentiert die aktuellen Auswirkungen des Klimawandels am Beispiel von Pellworm.

Reportagereihe:37 Grad
Titel:Vor uns die Sintflut – Eine Insel kämpft gegen den Klimawandel
Sender:ZDF
Sendetermin:14. Februar 2023 um 22:15 Uhr
Verfügbarkeit in der ZDF MediathekFünf Jahre (ab 14. Februar 2023)

Vor uns die Sintflut: Umweltaktivistin von Pellworm verklagt Bundesregierung

Gerade die jüngere Generation betrachtet den Klimawandel und seine Auswirkungen mit großer Sorge und Zukunftsängsten. Einige greifen zu Protestmaßnahmen wie Klebe-Aktionen, die aufgrund nasser Straßen auch mal scheitern können. Sophie Backsen hat einen anderen Weg gewählt. Die 22-Jährige möchte den Biobauernhof ihrer Eltern übernehmen. Doch wird es den Hof bei weiter steigendem Meeresspiegel auch noch in zehn bis zwanzig Jahren geben?

Ein Mann überquert auf einem Steg einen Priel, im Vordergrund steht eine junge Frau im blauen Overall. Sophie Backsen studiert Agrarwissenschaften und möchte den Biobauernhof ihrer Eltern übernehmen. Sie sorgt sich um ihre Heimat Pellworm.
Sophie Backsen studiert Agrarwissenschaften und möchte den Biobauernhof ihrer Eltern übernehmen. Sie sorgt sich um ihre Heimat Pellworm. © Christian Kruse/ZDF

Sophie verklagte 2019 gemeinsam mit ihren Eltern die damalige Bundesregierung, weil diese die Klimaziele nicht einhielt. Die Klage wurde abgelehnt, doch mit anderen Umweltaktivisten reichte die Pellwormerin im April 2021 erneut eine Verfassungsbeschwerde ein. Diesmal war sie erfolgreich, die Richter in Karlsruhe forderten Nachbesserungen im Klimaschutzgesetz. Aber auch die neue Bundesregierung agiert noch viel zu zögerlich und muss nach Meinung des Expertenrates umsteuern, damit Deutschland die Klimaziele 2030 erreicht.

Starkregen und Anstieg des Meeresspiegels bereiten den Nordseeinseln Probleme

„Man spürt den Klimawandel zu jeder Jahreszeit“, sagt Ernst August, Biobauer und Deichgraf auf Pellworm. „Der Meeresspiegel steigt an, und gleichzeitig steigt der Niedrigwasserspiegel.“ Das Entwässerungssystem der Insel bereitet ihm große Sorgen, immer häufiger werden Straßen und Felder auf Pellworm durch Starkregen überschwemmt. Auch auf der kleinen Hallig Süderoog direkt neben Pellworm herrscht häufiger „Land unter“.

Durch die Fluten werden Sedimente auf der kleinen Insel abgelegt, die die Hallig eigentlich wachsen lassen. Aber wird das mit steigendem Meeresspiegel so bleiben? Es gibt viele Vorschläge, um die Halligen zu retten: Deiche anlegen, die Häuser auf hydraulische „Tische“ stellen oder Sand aufspülen. Doch all diese Maßnahmen reichen nach jetzigen Erkenntnissen nicht, um dem Anstieg des Meeresspiegels entgegenzutreten, der durch das Verschwinden von vielen Gletscher bis 2100 dramatisch beschleunigt werden könnte.

Von Borkum bis Sylt: Klimawandel bedroht die Nordseeinseln

Ähnliche Entwicklungen wie auf Pellworm lassen sich auch auf den anderen Inseln und Halligen in der Nordsee beobachten. Auf Sylt merkt man die Folgen des Klimawandels unter anderem an den immer heftigeren Stürmen, die zu großen Sandverlusten führen. Auch auf Wangerooge und Borkum sind Anfang 2022 die Strände einfach weggespült worden. „Dynamische Veränderungen und damit Sandverluste hat es schon immer gegeben“, sagte damals Dennis Möller, Pressesprecher der Insel Borkum. Durch den Klimawandel würden diese allerdings immer häufiger auftreten.

Eine Frau steht bei Sturm am Strand, vor ihr große Wellen. Der steigende Meeresspiegel und Sturmfluten setzen den Nordseeinseln schwer zu.
Sturm auf Norderney: Der steigende Meeresspiegel und Sturmfluten setzen den Nordseeinseln schwer zu. (Symbolbild) © imago

Seit Februar 2022 untersuchen Forscher auf den Nordseeinseln Baltrum und Norderney, wie sich Inselgemeinden noch besser vor Stürmen und Sturmfluten in Zeiten des Klimawandels schützen können. Man wolle, so Insel-Bürgermeister Harm Olchers gegenüber dem NDR, jede Möglichkeit einer nachhaltigen Stabilisierung nutzen, um Ressourcen zu schonen und störende Eingriffe in die Natur zu vermeiden.

Steigender Meeresspiegel: Wie kann man die Nordseeinseln schützen?

Der Küstenschutz kostet jedes Jahr sehr viel Geld. Auf Wangerooge wurden Anfang 2022 zwischen 50.000 bis 70.000 Kubikmeter Sand von Sandbänken auf der Ostseite abgetragen und mit Lastwagen am Badestrand wieder abgeladen. Geschätzte Kosten: etwa eine halbe Million Euro. Noch teurer sind die Sandvorspülungen auf der Promi-Insel Sylt: jährlich mehr als zehn Millionen Euro kosten sie den Steuerzahler. In Anbetracht dieser Summen stellen sich manche Menschen die Frage: „Wollen wir es uns noch leisten, alle Nordseeinseln zu schützen?“

Aber es gibt auch kostengünstigere und umweltverträglichere Alternativen zu den Sandvorspülungen. Kim Cornelius Detloff, Leiter der Abteilung Meeresschutz beim NABU, ist der Ansicht, man müsse mit der Dynamik im Wattenmeer leben. Das brauche aber eine nachhaltige Strategie und die Bereitschaft, Veränderungen in der Form von Küstenlinien zu akzeptieren, so Detloff gegenüber dem NDR.

Als natürliche Küstenschutzmaßnahme fordert der NABU zum Beispiel Salzwiesen als Pufferzonen. Diese seien gleichzeitig natürlicher Küsten- und Klimaschutz und würden dem Wasser die Wucht nehmen.

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