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Ukraine-Krieg in Karten: So ist die aktuelle Lage an den Fronten

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Von: Luisa Billmayer, Philipp David Pries, Marie Ries, Nils Tillmann

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Wie ist die Situation in der Ukraine, im Donbass oder in Charkiw? Hier finden Sie die aktuellen Entwicklungen in täglichen Karten und Daten. Außerdem ordnen wir das Geschehen seit Kriegsbeginn ein.

Seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 hat der Krieg in der Ukraine große Zerstörung und viel Leid über das Land gebracht. Das Datenjournalismus-Team von IPPEN.MEDIA berichtet über die Lage seit Kriegsbeginn mit Analysen und Visualisierungen. Ein Beitrag dazu ist eine täglich aktualisierte Karte, die die Frontverläufe seit dem ersten Kriegstag am 24. Februar 2022 zeigt.

Fokus Donbass: Der schwer umkämpfte Osten

Schwere Kämpfe gibt es seit Herbst vor allem im Donbass. Zu diesem Gebiet zählen Teile der Oblaste Donezk und Luhansk. Monatelang erlitten sowohl Russland als auch die Ukraine dort hohe Verluste, während sie kaum Boden gut machen konnten. Beobachter sprechen von einem Abnutzungskrieg an den dortigen Fronten. Besonders heftige Kämpfe gibt es um Bachmut. Im Februar 2023 begann laut der Militärexperten des Institute for the Study of War eine neue russische Großoffensive in der Region. Ziel ist die Eroberung der gesamten Oblaste Luhansk und Donezk.

Bekannt ist der Donbass vor allem für seine Bodenschätze. Große Mengen an Kohle, Eisenerz und weiteren wertvollen Mineralien schlummern hier in der ukrainischen Erde. Mit einer Fläche von etwa 60.000 Quadratkilometern ist die Kohleregion mehr als 13 Mal so groß wie das Ruhrgebiet. Auch einige der dortigen Ortsnamen erinnern an den Rohstoffreichtum des Donbass: Wuhledar beispielsweise bedeutet so viel wie „Geschenk der Kohle”.

Seit Jahren herrscht bereits Krieg in der Region. Schon 2014 kam es zu Kämpfen zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Separatisten, die nach der Annexion der Krim die sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk ausgerufen hatten. Trotz mehrerer Abkommen zu einem Waffenstillstand in der Region flammte der bewaffnete Konflikt auch vor der russischen Invasion im Frühjahr 2022 immer wieder auf.

Fokus Charkiw: Die Region nach der großen Gegenoffensive

Teilziel der russischen Offensive im Donbass ist nach Angaben der Experten des ISW auch ein erneuter Vorstoß in die Oblast Charkiw. Diese Region zeigen wir ebenfalls tagesaktuell in einer Fokus-Karte zum Ukraine-Krieg. Zu Beginn des Angriffskrieges brachte die russische Armee weite Teile der Oblast unter ihre Kontrolle. Dazu zählten unter anderem die Städte Isjum und Kupjansk, zwei strategisch wichtige Verkehrsknotenpunkte.

Auch Charkiw als Hauptstadt der gleichnamigen Oblast nahmen die russischen Truppen ins Visier. Die Stadt ist nach Kiew die zweitgrößte des Landes und zählte vor Beginn des Angriffskriegs etwa 1,4 Millionen Einwohner. Ein großer Teil davon spricht Russisch als Muttersprache. Mit Dutzenden Universitäten und Hochschulen gilt die Stadt als ein Wissenschafts- und Bildungszentrum. Auch wichtige Industriezweige, darunter Maschinenbau und Elektrotechnik, sind in der Metropole beheimatet.

Nach monatelangem Beschuss im Frühjahr flohen viele Menschen aus der Stadt. Zerstörte Wohnhäuser, zahlreiche Tote und Verletzte – der Krieg hinterließ massive Spuren in Charkiw. Mit einer großangelegten Gegenoffensive wendete sich das Blatt in der Oblast jedoch zugunsten der Ukraine: Die russische Armee musste bedeutende Niederlagen in der Region hinnehmen. Viele Soldaten verließen Orte Charkiws fluchtartig. Im Oktober meldeten die ukrainischen Truppen die Befreiung von mehr als 98 Prozent der Oblast. Trotzdem bleiben Teile Charkiws weiterhin umkämpft oder unter russischer Kontrolle.

Wie unsere Ukraine-Karten zustande kommen

In den täglichen Ukraine-Karten zeichnen wir seit dem 24. Februar 2022 den aktuellen Stand des Krieges nach: Welches Gebiet wird derzeit von der russischen Armee kontrolliert, welches umkämpft, welches wurde von den ukrainischen Truppen zurückerobert? Was sind bedeutende Entwicklungen und wie sind sie zu verstehen?

Damit Sie sich täglich ein Bild machen können, bereiten wir im Hintergrund verschiedene Daten auf und analysieren diese. Wir reichern diese an, rücken sie ins Licht des aktuellen Geschehens und visualisieren diese. Ebenso setzen wir immer wieder neue Schlaglichter, indem wir etwa einen Zeitraum gebündelt betrachten oder Orte von besonderem Interesse wie Mariupol oder Kiew beleuchten.

Erste Grundlage für Karten in Zeiten des Krieges sind unter anderem Daten von Satelliten, Social-Media-Beiträgen, Geheimdiensten, Ministerien und Augenzeugenberichten aus dem Land. Diese werden unter anderem vom Institute for the Study of War und dem AEI Critical Threads Project sowie den Analysten von LiveUA gesammelt und als Geodaten von Partnern wie IPPEN.MEDIA weiterverarbeitet, analysiert und in verschiedener Form veröffentlicht.

Eigene Berechnung der ukrainischen Rückeroberungen

In einem entscheidenden Punkt erfassen wir den aktuellen Stand des Krieges vollständig selbst und produzieren eigene Kartenflächen: bei den ukrainischen Rückeroberungen. So können wir für Sie sämtliche Gebiete einheitlich ausweisen, die jemals unter russischer Kontrolle oder Einflusssphäre standen – und es jetzt nicht mehr sind. So entsteht ein weitaus vollständigeres und größeres Gebiet, als es die einschlägigen Quellen meist ausweisen. Dies umfasst etwa große Gebiete rund um Kiew und im Nordosten der Ukraine. Erst dadurch wird sichtbar, wieweit Russland von seinen Kriegszielen entfernt ist - und wie weit von seiner zwischenzeitlichen Einflusssphäre.

Jede Karte kann immer nur eine bestmögliche Annäherung an das Kriegsgeschehen sein. Keine Karte kann vollständig oder gar in Echtzeit die Lage in einem Land wie der Ukraine wiedergeben, das flächenmäßig fast doppelt so groß ist wie Deutschland. Uns geht es in erster Linie um die wesentlichen Ereignisse und Entwicklungen des Krieges in Form von Karten. Und diese können wir mit modernen Methoden und Technologien wesentlich transparenter machen, als es zu früheren Zeiten auch nur denkbar war.

Transparenz: Unsere Daten, Quellen und Methoden

Wir betreiben seit Kriegsbeginn einen hohen Aufwand, um Sie verlässlich und aktuell über den Stand des Krieges zu informieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf unseren Karten. Diese aktualisieren wir frühmorgens gegen 5 Uhr automatisiert, sobald die neuesten Daten und Flächen vorliegen und berechnet wurden.

Die jeweils markierten Gebiete wie „Umkämpft“ oder „Russisch kontrolliert“ basieren auf Analysen des US-amerikanischen Institutes for the Study of War (ISW), das wiederum eine Vielzahl eigener Quellen nutzt. Dank dieser Zusammenarbeit können wir tagesaktuelle Karten produzieren, die wir zusätzlich einordnen, analysieren und anreichern.

Das markierte Gebiet der ukrainischen Rückeroberungen berechnen wir mit eigenen Methoden. Es entsteht aus sämtlichen Gebieten, die seit Kriegsbeginn des 24. Februar unter russischer Kontrolle oder ein umkämpftes Gebiet waren und es inzwischen nicht mehr sind. Zusätzlich lassen wir Teildaten des ISW zu zurückeroberten Regionen einfließen. Wir korrigieren zusätzlich Artefakte, die durch unterschiedliche Komplexitäts- oder Vereinheitlichungsgrade entstehen. Im Ergebnis können wir tagesaktuell automatisiert eine Karte aufbereiten, die den bestmöglichen Stand nicht nur der russischen, sondern auch der ukrainischen Seite des Krieges zeigt.

Die Ausweisung der russischen Separatistengebiete und der vor dem Krieg kontrollierten russischen Areale basiert auf den Rohdaten von LiveUA, einer unabhängigen Plattform für die Analyse von Krisenherden auf Grundlage von Satelliten- und Social-Media-Daten.

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