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Militärexpertin bei „Markus Lanz“: „Wir unterschätzen die existenzielle Angst in Osteuropa“

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Markus Lanz und seine Gäste in der Sendung am 08.02.2023
Markus Lanz und seine Gäste in der Sendung am 08.02.2023 © ZDF-Mediathek / Markus Lanz

Bei „Markus Lanz“ werden sowohl der Westen als auch Deutschland mit den Fehlern ihrer Vergangenheit konfrontiert. Die SPD gerät dabei ziemlich unter die Räder.

Hamburg – Verteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine bei seinem überraschenden Besuch in Kiew mehr als 100 Leopard-1-Panzer zugesichert. „Markus Lanz“ fragt, ob diese Zahl nicht zu gering ausfällt, da Russland über zehnmal so viele Panzer verfügt.

Claudia Major besteht darauf, die russischen Angaben mit Vorsicht zu genießen. Man wisse nicht, wie viele dieser Kampffahrzeuge überhaupt nutzbar sind. Die Militärexpertin hob die Bedeutung westlicher Panzerlieferungen deshalb hervor, auch wenn sie in ihren Augen viel zu spät kommen. Die Verbündeten der Ukraine unterschätzen den Zeitfaktor massiv und hätten aus ihrer Sicht den Herbst und Winter für die Bereitstellung der Panzer nutzen müssen.

„Markus Lanz“: Putin drängt Russland in die Opferrolle – Schützengräben vor Moskau ausgehoben

Während der Westen über zusätzliche Maßnahmen berät, mobilisiert Wladimir Putin sein Volk für den Angriffskrieg. Ein Volk, das vor der eigenen Haustür und an Flughäfen zwangsrekrutiert wird, wie Michael Thumann berichtet. Putin versucht die Anwerbung nach Aussage des Journalisten zu vereinfachen, indem er den Ukraine-Angriff in ein positives Licht rücke. „Wenn wir den Krieg verlieren, gibt es kein Russland mehr“, lautet eine von Putins Durchhalteparolen.

Damit diese Botschaften ihren Zweck erfüllen, baut der russische Machthaber laut Thumann auf ein gewohntes Bild: Die NATO steht nach den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine vor den Toren Moskaus, weshalb derzeit auch Schützengräben in der Metropole ausgehoben werden, obwohl kein Angriff bevorsteht. Die Opferrolle stehe Putin aber nicht sehr gut, wie Thumann bemerkt, weil er es schließlich sei, der weite Teile Europas unter seine Kontrolle bringen wolle.

Paul Ziemiak kritisiert Kanzler Olaf Scholz – große Enttäuschung über Deutschland in Polen

Die osteuropäischen Nationen verfolgen den Ukraine-Krieg mit Sorge, weil sie befürchten, dass ihr Land als Nächstes von Russland überfallen wird. Der Westen hat mit seinem bisherigen Handeln keinen Anlass zur Beruhigung gegeben, wie Paul Ziemiak darlegt. Der langjährige Generalsekretär der CDU beschreibt, dass die Enttäuschung über das deutsche Vorgehen beispielsweise in Polen, wo er geboren wurde, sehr groß sei.

Unsere Nachbarn hätten Angst davor, für den Weltfrieden geopfert zu werden. Dieser Eindruck entstand in Ziemiaks Augen vorwiegend durch die Ostpolitik der SPD, die sich stets Russland zugewandt habe. Polen befürchtet daher, zwischen den Großmächten aufgeteilt zu werden, wie es in der Vergangenheit bereits passiert ist.

Ziemiak bezeichnete es darüber hinaus als Fehler, dass Olaf Scholz bei seinem Ukraine-Besuch im vergangenen Jahr auf die Anwesenheit von Frankreichs Emmanuel Macron bestand, aber auf den polnischen Präsidenten Andrzej Duda verzichtete. Der Bundeskanzler hat laut Ziemiak durch sein Zögern ohnehin schon viel Ansehen in Polen verloren. Major liefert sofort den Grund für das zaghafte Vorgehen der Bundesregierung: „Wir unterschätzen im Westen die existenzielle Angst in Osteuropa vor Russlands Angriffen.“

„Markus Lanz“ - das waren seine Gäste am 08. Februar

„Markus Lanz“: Debatte über Kampfjet-Lieferungen – Militärexpertin spricht von Zeitverschwendung

Nach den Panzerlieferungen, gegen die sich die Ampelkoalition über Monate gewehrt hat, fragen sich viele Experten, wann Kampfjets für die Ukraine bereitgestellt werden. Markus Lanz will wissen, ob damit nicht eine weitere rote Linie überschritten wird. Paul Ziemiak sieht keinen Nutzen darin, ständig neue Grenzen zu ziehen, weil der Westen nicht wissen könne, wie Putin vorgeht.

Militärexpertin Major hält die Diskussion über Kampfjets ebenfalls für Zeitverschwendung, da sie vom eigentlichen Problem ablenke. Die Ukraine müsse diesen Krieg über einen langen Zeitraum führen und benötige dafür dringend Munition, weil die gelieferten Waffen ansonsten unbrauchbar seien. Sie fordert daher eine Umstrukturierung in der deutschen Industrieproduktion. Auf diesem Wege würde unsere Nation ihrer Rolle als Führungsmacht gerecht werden.

Ex-CDU-Generalsekretär teilt gegen Ampel aus – „katastrophales“ Verhalten bei Waffenlieferungen

Ziemiak nutzt Majors Forderung, um noch einmal gegen die aktuelle Bundesregierung auszuteilen. Viele Polen würden es nach seiner Aussage nicht verstehen, wie Deutschland so „katastrophal“ bei der Bereitstellung von Waffen aufgestellt sein könne. Der Konter lässt nicht lange auf sich warten. Helene Bubrowski erinnert den Bundestagsabgeordneten daran, dass die CDU 16 Jahre lang an der Macht war und eine gehörige Mitschuld an der momentanen Situation treffe. Ziemiak zeigt daraufhin mit dem Finger auf Olaf Scholz, der als ehemaliger Finanzminister ebenso Verantwortung getragen hätte.

Die SPD kassiert im Anschluss weitere Kritik. Auslandskorrespondent Thumann wagt einen Rückblick auf die Jahrtausendwende. In diesem Zeitraum habe sich die deutsche Bundesregierung um den damaligen Kanzler Gerhard Schröder nicht differenziert genug mit Putin befasst. Dabei sei durchaus bekannt gewesen, dass der russische Machthaber die Ressourcen seines Landes einsetzt, um die osteuropäischen Nachbarn unter Druck zu setzen.

Thumann attackiert danach gezielt Sigmar Gabriel, der als Wirtschaftsminister nur die ökonomischen Ziele Deutschlands im Blick gehabt hätte und die Unterwasser-Pipeline Nord Stream 1 als „Brücke nach Russland“ betitelte. Olaf Scholz wollte die USA laut Thumann außerdem dazu verleiten, sich an Nord Stream 2 zu beteiligen.

„Markus Lanz“ – Das Fazit der Sendung

Im Ukraine-Krieg drängt die Zeit. Deutschland sollte anfangen, schnellere Entscheidungen zu fällen und die richtigen Debatten zu führen. Mit unserem Zögern verschärfen wir die Ängste in Osteuropa vor zusätzlichen Angriffen der russischen Armee. Die Vergangenheit lehrte die Bundesregierung darüber hinaus, Wirtschaftsinteressen nicht über die eigenen Moralvorstellungen zu stellen. (Von Kevin Richau)

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