CDU-Politiker Chialo attackiert Silbereisen – und versenkt bei „Lanz“ dessen „Traumschiff“

Die ganze Welt buhlt um Afrika. Also diskutiert Markus Lanz in seinem ZDF-Talk ausführlich über Afrika. Dafür hat er fachkundige Gäste eingeladen.
Hamburg – Beeindruckender Start: Im ZDF-Talk bei Markus Lanz rückt der CDU-Politiker Joe-Evans Chialo süffisant die schiefen Bilder zurecht, die das deutsche Unterhaltungsfernsehen vom afrikanischen Kontinent zeichnet. Dabei kommt die Erfolgsserie „Das Traumschiff“ gar nicht gut weg.
Chialo, der auch als Musikmanager arbeitet, kennt Florian Silbereisen aus der persönlichen Zusammenarbeit. Genüsslich gibt er den Plot einer „Traumschiff“-Folge wieder. Indem er es erzählt, wird erst offenbar, wie absurd die Welt ist, die „Traumschiff“-Drehbuchautoren zeichnen. Erster Erzählstrang: „Passagier fällt einem E-Mail-Betrüger zum Opfer, Geld weg. Zweiter Erzählstrang: Nichte des Kapitäns Silbereisen hat sich unglücklich verliebt in einen Afrikaner, der gemeinsame Sache mit Wilderern macht. Wer rettet dann das Nashorn? Ein schneidiger stellvertretender Kapitän vom Traumschiff.“ Markus Lanz muss lachen. Aber es geht noch weiter. „Dritter Erzählstrang: Ein ganzes Dorf in tiefer Sorge, weil die Dieselpumpe nicht funktioniert. Dann kommt ein Mitteleuropäer, der mit einem Schraubenschlüssel die Dieselpumpe zum Laufen bringt, und das ganze Dorf jubelt.“
Bei Lanz ist das zum Lachen, doch Chialo zeigt den ernsten Hintergrund: „Das Problem ist, dass diese Sendung über sechs Millionen Menschen geguckt haben. Und das natürlich ein Zerrbild vermittelt, was nirgendwo korrigiert wird.“ Das hat Auswirkungen bis in Politik und Wirtschaft, die der CDU-Mann deutlich aufzeigt: „Wenn man dann von Afrika als Chancenkontinent spricht, dann ist es ziemlich schwer, einen Mittelständler davon zu überzeugen, dass es dort professionell zugeht.“
Mit Markus Lanz diskutierten diese Gäste:
- Dr. Melanie Müller (Wissenschaftlerin mit Schwerpunkt Afrika, (Stiftung Wissenschaft und Politik“)
- Joe-Evans Chialo (CDU-Politiker und Musikmanager)
Und es geht hochprofessionell zu in Afrika. Chialo erzählt von Start-up-Unternehmen, die weltweite Erfolge feiern. Doch dann fliegen deutsche Politiker hin und wollten irgendwelche westlichen Werte vermitteln. Feministische Außenpolitik etwa. „Inhaltlich sind viele Menschen d’accord, aber wenn man mal einem Diplomaten zusieht, wie er einem Außenminister Afrikas erklärt, was feministische Außenpolitik ist …“ Chialo macht eine Pause. „Dann ist das schon relativ schwer, das zu vermitteln.“
CDU-Politiker zieht bei „Markus Lanz“ im ZDF eine ernüchternde Bilanz
Lanz zitiert einen kenianischen Studenten, der sagt: „Ihr Europäer exportiert Moral. Aber ich bin interessiert daran, dass der Strom 24 Stunden am Tag fließt, wenn ich ein kleines Unternehmen gründe. Und ich brauche einen günstigen Kredit. Und beides geben mir die Chinesen.“ Wie groß sind die Chancen, in Afrika einen „Fuß in die Tür zu kriegen“, will Lanz wissen. Der Rüstungskonzern Rheinmetall produziere ja in Südafrika bereits in einem Joint Venture Waffen und Munition. „Haben wir einen guten Ruf?“ Kredite, Stipendien und Ähnliches, „darüber schafft man Verbindungen“, sagt die Afrika-Kennerin Melanie Müller. Und Chialo sagt: „Viele Chinesen sprechen super Suaheli. Die, die Deutschland vertreten, nicht. Die Deutschen machen schöne Konferenzen.“
Seine Bilanz ist ernüchternd: „In Tansania ging nie etwas voran, egal wie viele Milliarden wir hingeschickt haben. Das änderte sich erst, als die Chinesen plötzlich anfingen, zu investieren.“ Und es gebe durchaus „eine gewachsene, politische, wirtschaftliche und auch kulturelle Beziehung zwischen Tansania und China. Das lief nur alles unter dem Radar.“ China habe als erstes Land Tansania als Staat anerkannt. Europa zeige leider noch immer eine Art Kolonialhaltung. „Wenn eine Entwicklungsministerin nach Afrika fährt, dann gehen sie davon aus, dass sie den Staatspräsidenten, Außenminister, Premierminister treffen. Wenn umgekehrt ein afrikanischer Premierminister mal an einem Freitag in Berlin aufschlägt, da kann er Glück haben, dass er ‘nen Referatsleiter trifft.“ Wenn Diplomatie so undiplomatisch agiere, dann habe das Folgen. „Das ist etwas, was vielen afrikanischen Ländern, wenn es um Wertschätzung geht, sauer aufschlägt“, sagt Chialo.
Afrika ist längst kein Bittsteller mehr, das macht Müller unmissverständlich klar. Neue Kräfte seien am Start. „Die Türkei ist ein zentraler Akteur geworden in Afrika“, berichtet Müller. „Ist doch klar, dass die sagen: Na dann gucken wir mal, wer von euch das beste Angebot mitbringt.“ Passend dazu zitiert Lanz den Präsidenten der Republik Senegal, Chérif Macky Sall, mit dem bemerkenswerten Satz: „Ich denke, wir werden mit Deutschland einen guten Ansprechpartner finden. Aber es gibt auch andere.“
Lanz hat eine gewisse China-Müdigkeit ausgemacht und sieht gute Chancen, dass der afrikanische Kontinent offen für Geschäfte mit Europa ist. Doch Müller gibt zu bedenken: „Man könnte auch sagen, in Sahel gibt’s sicher eine gewisse Frankreich-Müdigkeit.“ Ergebnis: China, Russland, die USA und Europa – alle buhlen um Afrika, absolvieren einen Staatsbesuch nach dem anderen. Lanz: „Plötzlich wird Afrika für alle wichtig.“
CDU-Politiker Chialo gibt bei „Lanz“ klare Empfehlung für Baerbock
Und alle kommen mit verschiedenen Ansätzen, das macht Chialo klar: „Die Seidenstraßen-Strategie läuft ja bis 2049.“ Das zeige, wie langfristig die Chinesen denken. Und „dass China eine Interessenslogik verfolgt und Deutschland eher an einer wertebasierten Hilfslogik die ganze Strategie ausrichtet“. Für Annalena Baerbock und die übrigen Weltreisenden der Ampelkoalition hat er eine klare Empfehlung: „Dann muss man sich vorher überlegen: Was wollen wir eigentlich als Deutschland und nicht, welche Werte wollen wir exportieren. Das ist mein Anklagepunkt: Dass diese Hilfslogik sehr oft die Werte voranträgt, aber die Interessen Deutschlands überhaupt nicht berücksichtigt werden.“ Müller stößt in dieselbe Richtung: „Das habe ich ein paarmal erlebt bei afrikanischen Delegationen, dass die sagen: Ja, was wollt ihr eigentlich von uns?“. Lanz lacht.
Afrika schläft nicht. Wer mit der LGBTQ-Fahne wedelt, muss damit rechnen, dass auch die Todesstrafe in den USA diskutiert wird, macht Chialo klar. „Wir hatten hier in Berlin eine Wahlwiederholung. Das kriegen die alle mit. Wir sind nicht in der Position, da den Finger zu erheben.“
Fazit des Talks bei Markus Lanz
Nur zwei Gäste, aber – vielleicht genau deshalb – eine extrem interessante Sendung. Lanz ist allerdings nicht ganz Herr seines eigenen Sendeplans. Das Video des Bundesfinanzministers Christian Lindner, wie er an einer afrikanischen Uni vergeblich um Studenten buhlt, lässt er am Sendungsende ohne Grund ein zweites Mal einspielen. So wirkt es in Form und Inhalt gleich doppelt tragisch. (Michael Görmann)