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Wegen Schmiergeldaffäre: Atomkraft statt Gas – Ploß stellt Katar-Deal infrage

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Von: Jens Kiffmeier

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Harte Konsequenzen wegen Qatargate: Nach der EU-Razzia fordert die CDU ein Umsteuern in der Energiepolitik. Atomkraft soll den Gas-Deal obsolet machen.

Berlin – Die Schmiergeld-Zahlungen sollen nicht unbeantwortet bleiben: Wegen des EU-Korruptionsskandals haben Stimmen in der Union ernsthafte Konsequenzen gefordert. So stellte der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß den Gas-Deal mit Katar infrage und mahnte eine Neuausrichtung der deutschen Energiepolitik an: „Ich plädiere schon lange dafür, dass wir in Deutschland stärker auf Kernenergie setzen, um unsere Abhängigkeit von Gasimporten zu reduzieren“, sagte der Vorsitzende der deutsch-arabischen Parlamentariergruppe zu kreiszeitung.de von IPPEN.MEDIA. Es sei ein „Fehler“, dass die Ampel die verbliebenen Kernkraftwerke im April 2023 ausschalten lassen wolle.

EU-Korruptionsskandal: Nach Razzia im Europaparlament fordert CDU eine Alternative zum Katar-Deal

Seit Tagen sorgt der EU-Korruptionsskandal für Aufregung. Belgische Ermittler haben bei einer Razzia 19 Privatwohnungen und ein Büro im Europaparlament durchsucht. Fünf Personen wurden festgenommen, darunter auch die frühere EU-Vizeparlamentspräsidentin Eva Kaili und ihr Lebensgefährte Francesco Giorgi. Ihnen wird Bestechung und Geldwäsche vorgeworfen. Bei den Razzien stellten die Ermittler nach eigenen Angaben Bargeld in Höhe von 1,5 Millionen Euro sicher. Unbestätigten Berichte zufolge soll das Geld vor allem aus Katar und Marokko stammen, die mit den Zahlungen offenbar politische Entscheidungen in der EU beeinflussen wollten. Beide Länder bestreiten das.

Plädiert für Kernenergie statt für Katar-Deal: Hamburgs CDU-Bundestagsabgeordneter Christoph Ploß.
Plädiert für Kernenergie statt für Katar-Deal: Hamburgs CDU-Bundestagsabgeordneter Christoph Ploß. © Marcus Brandt/Bernd von Jutrczenka/dpa/Montage

Christoph Ploß zeigte sich von der Korruptionsaffäre dennoch schockiert. „Wenn sich hochrangige Parlamentarier von einem ausländischen Staat bestechen lassen, bedroht das die Grundfesten unserer Demokratie“, warnte er. Der Vertrauensschaden sei jedenfalls immens. Wichtig sei nun eine „schnelle und umfassende Aufklärung – vor allem durch die europäischen Sozialdemokraten, aus deren Reihen mehrere Politiker betroffen sind“, sagte Ploß. Diese müssten erklären, wie eine „offenbar korrupte Politikerin“ in ein so hohes Amt kommen konnte.

EU-Skandal im Europaparlament: Vizepräsidentin Eva Kaili schweigt – doch der Lebensgefährte räumt Bestechung ein

Derzeit laufen die Ermittlungen noch auf Hochtouren. Laut übereinstimmenden Medienberichten soll Giorgi bereits ein Geständnis abgelegt haben. Kaili, die bislang der sozialdemokratischen Pasok-Partei angehörte, hat sich zu den Vorwürfen noch nicht eingelassen. Eine Anhörung vor Gericht musste verschoben werden, weil ein Streik der belgischen Justizbeamten ihre Überführung verhindert hatte. Doch die 44-jährige Griechin, die mit Giorgi zusammen ein zweijähriges Kind hat, beteuert ihre Unschuld und ließ die Vorwürfe von einem Anwalt zurückweisen. Dennoch wurde sie vom EU-Parlament bereits als Vizepräsidentin abgesetzt, was Ploß als „richtigen Schritt“ bezeichnete.

Gas-Deal mit Katar: Habeck will an Lieferung aus dem Golfstaat trotz des Korruptionsskandals festhalten

Der Korruptionsskandal reicht weit über die Grenzen der Europäischen Union (EU) hinaus. Insbesondere für Deutschland ist die mögliche Verwicklung von Katar in die Affäre brisant. Wegen der im Zuge des Ukraine-Krieges knapp gewordenen Energieressourcen hatte sich die Bundesregierung intensiv um Gaslieferungen aus dem Golfstaat bemüht. Ab 2026 sollen jährlich zwei Millionen Tonnen verflüssigtes Erdgas (LNG) nach Deutschland verschifft werden und die aus Russland wegfallenden Lieferungen zumindest teilweise ersetzen. Nach wochenlangen Verhandlungen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Deal kürzlich festgemacht.

Doch nach dem Bekanntwerden des EU-Korruptionsskandals wurde schnell der Ruf laut, den Gas-Deal mit Katar platzen zu lassen. Zwar erteilte Habeck der Forderung umgehend eine Absage. Man solle beides nicht miteinander vermischen, die Gaslieferung und die Bestechung auf EU-Ebene seien „zwei verschiedene Themen“, begründete Habeck das Festhalten am Katar-Deal. Dennoch bleibt bei einigen Vertretern in der Politik ein Störgefühl.

Alternative zum Katar-Deal: Christoph Ploß (CDU) setzt auf längere Nutzung von Atomkraft in Deutschland

„Katar ist ein wichtiger Handelspartner, vor allem im Energiebereich“, stellte auch Ploß fest. Angesichts der Inflation und der Energiekrise sei Deutschland jetzt leider auf ein gutes Verhältnis zur Golfregion angewiesen. Deshalb räche es sich nun, dass die Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Atomkraft als alternative Stromquelle ausgeklammert habe, kritisierte der Vorsitzende der deutsch-arabischen Parlamentariergruppe, der zusammen mit seinen Unionskollegen in den vergangenen Monaten immer wieder für eine längere Nutzung der Kernenergie gerungen hatte.

Doch ungeachtet des innerdeutschen Streits nannte Ploß die mögliche Bestechung inakzeptabel. „Sollte es stichhaltige Beweise geben, dass fremde Mächte verbotenen Einfluss auf EU-Parlamentarier genommen haben, sollte dies deutliche diplomatische Konsequenzen haben“, forderte Ploß und begrüßte diesbezügliche Schritte des EU-Parlaments. So hatten die Fraktionen bereits am Mittwoch angedachte Visa-Erleichterungen für Katar auf Eis gelegt. Ebenso sollen vergangene Entscheidungen überprüft und notfalls zurückgenommen werden.

Bestechung von EU-Abgeordneten: Für Ploß sind nicht lasche Lobby-Regeln schuld

Ob darüber hinaus auch die Zugangsregeln für Lobbyisten verschärft werden müssen, bleibt aber eine strittige Frage. „Das ist keine Frage von lascher Lobby-Politik, sondern von fehlender Moral“, sagte Ploß und wies die entsprechende Forderung nach härteren Vorschriften zurück. Bestechung lasse sich nicht durch noch strengere Lobby-Regeln verhindern. „Das Problem ist ja nicht, dass Korruption nicht verboten wäre“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete. Am Ende sei die Verfolgung eine Aufgabe der Staatsanwaltschaft und der Gerichte. Eines müsse aber ganz klar sein, sagte Ploß. „Wenn sich einzelne Abgeordnete bestechen lassen, muss dies persönliche Konsequenzen haben.“ (jkf)

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