Update vom 4. April, 6.30 Uhr: Rund um die Explosion in einem Cafe in St. Petersburg und dem Tod des russischen Militärbloggers Wladlen Tatarski bleiben viele Fragen noch unbeantwortet. Militärexperte Gerald Karner ist sich jedoch sicher: Hinter dem Anschlag steckt ein Geheimdienst. Unklar sei aber, ob es der ukrainische oder doch der russische Geheimdienst sei. Schließlich habe Tatarski wie weitere Militärblogger ebenfalls Kritik an den militärischen Aspekten des russischen Angriffs geübt, sagte er dem österreichischen Sender Puls24. Er habe die Militärführung als „unausgebildete Idioten“ beschimpft. Laut Karner kann es daher durchaus sein, dass es sich um eine Aktion von russischer Seite handelt.
„Diesen Blogger wollte man ausschalten. Er ist jemanden zu gefährlich geworden“, so der Experte. Er vermutet eine Warnung an die restlichen Blogger, die die russische Kriegsführung kritisieren. Es sei möglich, „dass man ihnen eine massive Warnung senden wollte, indem man den lautesten ausgeschaltet hat“, heißt es weiter von Karner.
Update vom 3. April, 21.30 Uhr: Einen Tag nach dem Mord am russischen Militärblogger Wladlen Tatarski sehen Experten einen internen Konflikt in Russland. Die US-amerikanische Denkfabrik „Institute for the Study of War“ und die russische Opposition haben jetzt die These aufgestellt, der russische Geheimdienst FSB könnte hinter dem Mordanschlag vom Sonntag (2. April) stehen. Es gebe viel Streit innerhalb des Putin-Regimes. Der Kreml seinerseits beschuldigt Kiew und die russische Opposition um den inhaftierten Regimegegner Alexei Nawalny.
Historiker Jan Behrends von der Europauniversität Viadrina in Frankfurt an der Oder prognostizierte in der Bild eine düstere Prognose für Russland: „In Putins Russland operieren viele bewaffnete Kräfte, es tobt bereits ein unterirdischer Kampf um die Macht. Repression und Gewalt werden Alltag.“ Behrends erkennt obendrein einen „Übergang zum Bürgerkrieg“.
Update vom 3. April, 20.25 Uhr: Der Tod des russischen Militärbloggers Wladlen Tatarski hat Rufe nach Rache unter Kriegsbefürwortern in Russland hervorgerufen. „Die Erde muss unter den Füßen jedes Funktionärs in Kiew brennen, egal ob er in Uniform ist oder ohne“, lautete eine Erklärung des Kriegsberichterstatters Alexander Kots auf Telegram. Ein anderer schrieb: „Mit diesem Terrorakt haben ukrainische Terroristen den Krieg tief in den Rücken unseres Mutterlandes getragen.“
Die Ukraine hat eine Beteiligung an der Explosion zurückgewiesen. Der US-amerikanische Thinktank ISW hält einen innerrussischen Machtkampf als Hintergrund für möglich.
Update vom 3. April, 16.05 Uhr: Nach dem Tod des russischen Kriegsbloggers Wladlen Tatarski gibt es offenbar ein Geständnis. Wie die russische Nachrichtenagentur Tass meldet, hat die 26-jährige Daria Trepowa gestanden. „Ich war diejenige, die die Statue, die explodiert ist, hereingeschmuggelt hat“, sagte sie laut Tass. Auf die Frage, warum sie festgenommen worden sei, antwortete Trepova demnach: „Ich würde sagen, ich wurde festgenommen, weil ich am Tatort des Mordes an Wladen Tatarski war“. Sie weigerte sich zu laut Tass sagen, wer ihr die Statue gegeben hatte.
Update vom 3. April, 15.30 Uhr: Wer steckt hinter dem Tod des russischen Militärbloggers Wladlen Tatarski? Wegen Mordes an dem kremlnahen Blogger sitzt eine 26-jährige Frau in Haft, die den Ermittlern zufolge mit Kremlgegner Alexej Nawalny in Verbindung stand. Das Team des inhaftierten Nawalny weist die Vorwürfe kategorisch zurück. Verantwortlich für die Ermordung des Propagandisten seien vielmehr Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB, teilten die im Exil im Ausland lebenden Oppositionellen Iwan Schdanow und Leonid Wolkow am Montag mit.
Schon seit Jahren versuche der Machtapparat, der Opposition Terror anzuhängen, sagte Schdanow. Entsprechende Vorwürfe des Anti-Terror-Komitees sind insofern heikel, als dass sich Nawalny bald in einem neuen Strafverfahren wegen Extremismus verantworten muss.
Für die russischen Ermittler sei der Vorwurf einer Tatbeteiligung der Opposition an dem Mord insofern bequem, als dass Nawalny so zur Höchststrafe wegen Terrors verurteilt werden könne, sagte Schdanow. Er und Wolkow warfen dem FSB vor, schon seit Jahren politische Morde zu inszenieren. Der FSB habe diesen Blogger, der auch die Kriegsführung des Verteidigungsministeriums in Moskau kritisierte, selbst „beseitigt“.
Update vom 3. April, 13.55 Uhr: Russland macht ukrainische Geheimdienste für den tödlichen Anschlag auf einen kremlnahen Militärblogger in St. Petersburg verantwortlich. Kiews Geheimdienste hätten den „Terroranschlag“ gegen Vladlen Tatarsky geplant und dafür eine inzwischen inhaftierte Verdächtige herangezogen, teilte das Anti-Terror-Komitee mit. Zuvor hatte Russlands Ermittlungskomitee bestätigt, dass eine 26-Jährige festgenommen worden sei. Ihr wird Mord vorgeworfen.
Nach Darstellung des Anti-Terror-Komitees stand die Frau mit der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Verbindung. Zuvor hatten Medien berichtet, die mutmaßliche Täterin habe in der Vergangenheit an Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys teilgenommen und sei wie der Oppositionsführer überzeugte Kriegsgegnerin.
Update vom 3. April, 12.00 Uhr: Nach ersten Untersuchungen zur Explosion in St. Petersburg schließen russische Sicherheitsdienste offenbar nicht aus, dass die Verdächtige Daria Trepowa lediglich „ausgenutzt“ worden sein könnte, wie die russische Nachrichtenseite Gazeta.ru berichtete. Es könne sein, dass Trepowa nicht wusste, dass die Skulptur, die sie dem Ex-Milizenchef Vladlen Tatarsky übergab, mit Sprengstoff vollgepackt war. Einer Quelle der russischen Nachrichtenagentur RBK zufolge hat Trepowa bereits in der Vergangenheit mehrmals Veranstaltungen von Tatarsky besucht. Die Frau soll dem ehemaligen Söldner bekannt gewesen sein.
Update vom 3. April, 10.20 Uhr: Die russische Staatsagentur Tass berichtet unter Berufung auf das Investigativkomitee Russlands, dass die Verdächtige nach der Explosion in einem Cafe in St. Petersburg festgenommen worden ist. Demnach wurde die Frau namens Daria Trepowa von russischen Sicherheitskräften im Rahmen der Untersuchungen zur Explosion und zum Tod des Militärbloggers Vladlen Tatarsky verhaftet. Zuvor hatte das russische Innenministerium ein Haftbefehl gegen die Frau erteilt, wie russische Telegram-Kanäle mitteilten. Bereits in den frühen Morgenstunden hatte die Agentur Interfax Aufnahmen der Festnahme von Trepowa veröffentlicht. Bislang war aber unklar, ob sie nun tatsächlich in Gewahrsam genommen worden war.
Update vom 3. April, 9.30 Uhr: Hinter dem Anschlag auf den prominenten russischen Militärblogger Wladlen Tatarski vermutet Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin Radikale ohne Beziehung zur ukrainischen Regierung. Prigoschin lobte den Blogger als Patrioten und widmete ihm eine Aktion in der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut. Dort ließ er auf dem Verwaltungsgebäude eine russische Flagge hissen - mit dem Namen von Tatarski auf dem Stoff. Prigoschin hatte sich betroffen gezeigt über das Attentat in dem Café, das er der nationalistischen Bewegung Cyber Front Z für Kriegspropaganda im Internet überlassen hatte.
Über die Täter hinter dem Anschlag sagte der Wagner-Chef: „Ich denke, dass eine radikale Gruppe agiert, die kaum eine Beziehung zur Regierung (in Kiew) haben dürfte“. Die russischen Behörden haben sich bisher nicht zu den Hintergründen geäußert. Prigoschin erinnerte auch an den Tod der Propagandistin Darja Dugina, die im vergangenen Jahr bei einer Autoexplosion in der Nähe von Moskau ums Leben gekommen war. Der Mord an Tatarski sei damit vergleichbar.
Update vom 3. April, 7.55 Uhr: Der Tod des prominenten russischen Militärbloggers Wladlen Tatarsky bei einer Explosion in St. Petersburg lässt die Debatte um interne Streitigkeiten in Russland erneut aufflammen. Offenbar schließen einige Blogger eine Mitwirkung russischer Führungsebenen nicht aus. So auch der Blogger Wladislaw Pozdnyakow. Er habe bereits zweimal darauf hingewiesen, „dass das Beste, was ein Autor eines Z-Kanals jetzt tun kann, darin besteht, Russland zu verlassen und seine Aktivitäten vom Ausland aus zu betreiben“, schrieb er in seinem Telegram-Kanal. Bei Z-Kanälen handelt es sich dabei um Nachrichtengruppen auf Telegram, die die Invasion befürworten. Das „Z“ ist seit Februar 2022 zu einem Symbol des Ukraine-Krieges geworden.
„In Russland ist man nicht vor seinen eigenen Leuten geschützt, geschweige denn vor Fremden“, warnte Pozdnyakow weiter und schoss gegen die Sicherheit in Russland. Ausländische Agenten hätten „buchstäblich alle Institutionen der Russischen Föderation“ infiltriert, behauptete er. Die Attentäter von Tatarsky hätten schließlich ganz einfach eine improvisierte Bombe in das Treffen geschleust.
Der US-Denkfabrik ISW zufolge könnte es sich bei der Explosion auch um eine Warnung an Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin handeln. Die Explosion ereignete sich in einem Cafe im Besitz von Prigoschin, der in letzter Zeit immer wieder Kritik am russischen Verteidigungsministerium äußerte und sogar forderte, dass Kritik am Kreml sowie der Kriegsführung erlaubt sein sollte. Zudem könne Kreml-Chef Wladimir Putin den Vorfall sowie das Zerwürfnis zwischen einzelnen Militärbloggern nutzen, um kritische Stimmen in der Militärblogger-Szene zu zensieren, hieß es in dem jüngsten ISW-Bericht.
Update vom 2. April, 22.15 Uhr: Russische Behörden haben offenbar eine Verdächtige nach der Explosion in einem St. Petersburger Café festgenommen. Laut einem Bericht der Staatsagentur Interfax haben die Ermittler eine wohl erst 26 Jahre alte Frau als mutmaßliche Täterin ausgemacht. Der 1997 geborenen Frau wird die Ermordung des Kriegsbloggers Wladlen Tatarsky vorgeworfen. Diese Information sei allerdings noch nicht offiziell bestätigt, hieß es dort.
Zuvor hatte eine angebliche Augenzeugin der Agentur Ria Nowosti geschildert, eine junge Frau habe eine „Skulptur“ zum Podium gebracht. Sowohl der Moderator des von Tatarsky bestrittenen Talks als auch Tatarsky selbst hätten die Büste in Händen gehalten und gelacht. „Wenig mehr als eine Minute später gab es eine Explosion und Rauch. Alle rannten“, sagte die Informantin der Nachrichtenagentur.
Laut Ria Nowosti wurden bei der Explosion insgesamt 25 Menschen verletzt, darunter ein Teenager. Sechs Personen befänden sich in ernstem Gesundheitszustand. Der nationalistische Militärblogger Tatarsky – mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin – war Berichten zufolge als Redner in dem Café im Zentrum St. Petersburgs aufgetreten. Das Lokal soll sich in Besitz des Wagner-Chef Jewegeni Prigoschin befinden.
Erstmeldung: St. Petersburg – Bei einer Explosion in Russland ist offenbar ein bekannter Militärblogger ums Leben gekommen: Der Kriegsberichterstatter Wladlen Tatarsky sei bei der Detonation in einem St. Petersburger Café getötet worden, berichtet die Staatsagentur Tass unter Berufung auf Rettungskräfte. Weitere 25 Menschen hätten Verletzungen erlitten.
Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler war der Sprengsatz in einer Büste eingebaut, die Tatarskij bei dem Treffen als Geschenk überreicht wurde. Das Geschenk – Augenzeuge berichteten von einer vergoldeten Büste des Bloggers - sei ihm von einer jungen Frau überreicht worden, schrieben örtliche Medien. Sie habe sich anschließend in eine der hinteren Zuschauerreihen gesetzt, sei aber nach der Explosion verschwunden. Die Fahndung nach ihr laufe auf Hochtouren.
Brisanterweise zählte der 40 Jahre alte Tatarsky zu den Kritikern des russischen Vorgehens im Ukraine-Krieg. „Ich gehe davon aus, dass die Ukrainer zwischen Ostern und dem 9. Mai die Gegenoffensive beginnen werden“, erklärte er erst unlängst auf seinem Telegram-Kanal. Anfang des Jahres hatte er öffentlich den verheerenden Zustand eines russischen Panzerbataillons beklagt.
Tatarsky war kein Kritiker der Invasion in die Ukraine als solcher. Laut einem Bericht der Agentur Reuters nahm er etwa im September 2022 an einer Annexions-Zeremonie Putins im Kreml teil. Wie auch andere Nationalist:innen kritisierte Tatarsky allerdings „Fehler“ und Versäumnisse bei der Umsetzung des Angriffs.
Reuters zufolge könnte der Vorfall eine weitere brisante Note haben: Dem Bericht der lokalen Webseite Fotanka zufolge gehöre der Tatort, ein Café namens „Street Bar“ auf dem Universitetskaya-Damm, dem Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin. Weiter schreibt das Lokal-Medium, es sei mutmaßlich eine Statuette, ein Geschenk für Tatarsky, explodiert. Tatarsky hatte erst im Februar ein vielbeachtetes Interview mit Prigoschin veröffentlicht. Daran beklagte der Söldner-Boss mangelnde Munitionslieferungen.
Videos in den sozialen Netzwerken zeigten die Detonation. Dem Exil-Medium Meduza zufolge hatte Tatarsky in dem Café einen „patriotischen Abend“ als Talk abgehalten. Tatarsky stammt aus der umkämpften Region Donezk und kämpfte angeblich selbst auf Seiten der „Volksrepublik Donezk“. Sein Telegram-Kanal hat mehr als 500.000 Follower. (fn)