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Kubicki poltert vor Dreikönigstreffen: Grüne „noch nicht in Wirklichkeit angekommen“

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Von: Jens Kiffmeier

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Atomkraft oder Fracking: Wolfgang Kubicki (FDP) schickt den Grünen vor dem Dreikönigstreffen 2023 eine Kampfansage. Hilft Koalitionszoff im Abwärtstrend?

Berlin – Klare Kante statt faule Kompromisse: Nach einem mit bitteren Niederlagen gespickten Wahljahr 2022 will die FDP zurück in die Erfolgsspur. Kurz vor Beginn des Dreikönigstreffen 2023 in Stuttgart fordern immer mehr Liberale ein schärferes Profil innerhalb der Ampel-Koalition ein. Vor allem das strikte Nein der Grünen zur Atomkraft ist vielen ein Dorn im Auge. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hat dem Koalitionspartner jetzt eine deutliche Kampfansage in der Streitfrage geschickt. Doch kann der wohlkalkulierte Koalitionszoff die FDP wirklich retten?

Dreikönigstreffen 2023 der FDP: Wolfgang Kubicki will Abgrenzung gegen die Grünen bei der Atomkraft

„Wir erleben ja, dass vor allem die grünen Freunde mit einem Realitätsschock zu kämpfen haben“, stichelte Wolfgang Kubicki kurz vor dem Start des traditionellen Dreikönigstreffens der FDP. Der Bundestagsvizepräsident räumte zwar gegenüber kreiszeitung.de von IPPEN.MEDIA ein, dass die Grünen angesichts der Energiekrise im vergangenen Jahr energiepolitisch den weitesten Weg gegangen seien. Dennoch beklagte Kubicki eine falsche Akzentsetzung bei den Grünen. „So ganz sind sie aber noch nicht in der Wirklichkeit angekommen, wenn wir sehen, dass Atomstrom aus Deutschland verdammt wird, während wir unsere Energieversorgung auch mit französischen Kernkraftwerken sichern“, kritisierte der liberale Politiker.

Kritisiert die Grünen vor dem Dreikönigstreffen der FDP: Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki.
Kritisiert die Grünen vor dem Dreikönigstreffen der FDP: Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki. © Jonas Walzberg/Kay Nietfeld/dpa/Montage

Dreikönigstreffen in Stuttgart: FDP will Kehrtwende im Superwahljahr 2023 einleiten

Ab Freitag (6. Januar) treffen sich die Liberalen im Stuttgarter Opernhaus. Traditionell kommt die Partei dort beim Dreikönigstreffen zusammen, um das neue Jahr einzuleiten. Doch dieses Mal geht es um viel: Mit Landtagswahlen in Berlin, Bremen, Hessen und Bayern steht 2023 ein Superwahljahr an. Zuletzt war es für die Liberalen nicht mehr wirklich rundgelaufen. Trotz Start der Ampel-Koalition flog man im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein aus der Regierung, in Niedersachsen reichte es noch nicht einmal mehr für den Wiedereinzug in den Landtag.

Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke (AKW): Kubicki stellt klare Forderung vor Dreikönigstreffen 2023

Der Grund war für viele in der leid gebeutelten Partei schnell ausgemacht: In der eher linksorientierten Bundesregierung mit SPD und Grünen sei die FDP in der Energiekrise zu vielen Kompromissen gezwungen gewesen, die das liberale Profil verwässert hätten. Das bestätigt auch Kubicki. Zwar hätte die FDP eine kurzfristige Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke (AKW) durchgesetzt und werde auch in den kommenden Monaten „dicke Bretter bohren“, um der „Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen“, sagte Kubicki. Doch das allein reiche noch nicht.

Vielen unserer Anhänger geht dieser Prozess der Überzeugungsarbeit nicht schnell genug, sie fremdeln deshalb mit der Koalition.

Wolfgang Kubicki (FDP), Bundestagsvizepräsident

„Vielen unserer Anhänger geht dieser Prozess der Überzeugungsarbeit nicht schnell genug, sie fremdeln deshalb mit der Koalition“, sagte Kubicki zu kreiszeitung.de von IPPEN.MEDIA und fügte hinzu: „Es bleibt deshalb unsere Aufgabe, noch konsequenter unsere politische Linie intern und außerhalb zu vertreten.“ Sprich: Klare Abgrenzung gegen die Grünen.

Für Kubicki betrifft dies in erster Linie zwei Themen: Neben der Frage nach einer erneuten Verlängerung der AKW-Laufzeiten sprach sich Kubicki in diesem Zusammenhang auch für den Abbau von Schiefergas durch Fracking in Deutschland aus – statt es mit Steuergeldern in den USA einzukaufen. „Hätten wir nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im vergangenen Frühjahr begonnen, die Planungsprozesse konsequent zu verschlanken, hätten wir jetzt schon Schiefergas aus heimischen Quellen fördern können“, sagte der FDP-Politiker. Technisch sei das innerhalb von sechs Monaten möglich. „Dass wir stattdessen die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, ist unvernünftig und nicht nachzuvollziehen.“  

Atomkraft und Fracking: FDP will bei Dreikönigstreffen klare Kante gegen die Grünen

Ob Atomkraft oder Fracking – für die Grünen sind beide Positionen unverhandelbar. Bei der Kernenergie hatte sich die Öko-Partei vor wenigen Monaten nach einem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf einen Kompromiss eingelassen. Wegen möglicher Engpässe bei der Energieversorgung und drohenden Blackouts im Winter wurde der Atomausstieg um drei Monate verschoben. Eigentlich sollten die drei verbliebenen Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland im niedersächsischen Lingen Ende Dezember heruntergefahren werden. Nun bleiben sie bis April 2023 in einem Notbetrieb am Netz. Danach soll für Grüne wie für die SPD aber definitiv Schluss sein mit der Kernenergie in Deutschland.

Doch für die FDP ist das längst noch nicht ausgemacht. Seit Tagen rütteln Spitzenpolitiker der Partei an diesem Kompromiss. Nachdem Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Auftakt gemacht hatten, folgte auch FDP-Parteichef Christian Lindner und forderte am Donnerstag die Nutzung der Atomkraft über den April hinaus.

Landtagswahlen in Hessen und Bayern: Dreikönigstreffen der FDP soll Trendwende in Umfragen einleiten

In der Partei werden die forscheren Töne offenbar sehnlichst erwartet. „2023 muss die Trendwende für die Freien Demokraten bringen“, schrieben die FDP-Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl in Hessen und Bayern, Stefan Naas und Martin Hagen, kurz vor dem Dreikönigstreffen in einem gemeinsamen Positionspapier. Die Partei müsse dabei eine „klare Kante zeigen gegen eine wachstums- und kapitalismusfeindliche Klima-Ideologie“, hieß es. Sowohl Fracking als auch die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke dürften nicht länger ein Tabu bleiben.

Vor diesem Hintergrund erscheint die FDP vor ihrem Dreikönigstreffen 2023 in Geschlossenheit. Ob das Erscheinungsbild erste Kratzer bekommt, wenn die erhoffte Trendwende bei den ersten Landtagswahlen nicht eintritt, bleibt abzuwarten. Derzeit sieht sich die Partei personell richtig aufgestellt. Zumindest wird die Führungsrolle von Parteichef Christian Lindner nicht infrage gestellt.

So traut Kubicki ihm die Einleitung der Kehrtwende zu: „Christian Lindner macht als Finanzminister in dieser schwierigen Lage einen herausragenden Job und trägt viel zur finanzpolitischen Stabilität Deutschlands in Europa bei. Und als Vorsitzenden der Freien Demokraten kann ich mir keinen besseren als ihn vorstellen“, sagte der Bundestagsvizepräsident zu Lindners Doppelrolle als Finanzminister und Parteichef und fügte hinzu. „Er ist und bleibt die tragende Säule der Partei.“ (jkf)

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