Baerbock in China: „Spannungen in der Straße von Taiwan können uns nicht egal sein“
Annalena Baerbock ist zu ihrem Antrittsbesuch in China angekommen. Derweil gehen Pekings Muskelspiele weiter, und Taiwans Außenminister warnt vor einem Krieg.
München/Peking/Tianjin – Am ersten Tag ihres China-Besuchs hat sich Außenministerin Annalena Baerbock von Äußerungen des französischen Präsidenten Macron distanziert, wonach die Taiwan-Frage ein Problem sei, das die Europäer nichts angehe. „Spannungen in der Straße von Taiwan können uns nicht egal sein“, sagte Baerbock am Donnerstag in Tianjin. Macron hatte vor wenigen Tagen China ebenfalls besucht und erklärt, Europa müsse sich als „dritte Supermacht“ neben den USA und China positionieren. Für seine Äußerungen hagelte es anschließend massive Kritik. So sagte etwa der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen: „Macron scheint von allen guten Geistern verlassen“.
In Tianjin verwies Baerbock auf die Bedeutung Taiwans für die Halbleiter-Produktion und darauf, dass die Taiwan-Straße eine überragende Bedeutung für den Welthandel spiele. In der Region müsse eine Eskalation zwischen China, das Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, und der Regierung in Taipeh verhindert werden. Peking hatte Baerbocks Position zu Taiwan bereits im Vorfeld mehrfach kritisiert.
Fast so, als wolle die Peking ihr ein vergiftetes Willkommensgeschenk machen, gingen Chinas Drohgebärden in Richtung Taiwan auch nach Baerbocks Ankunft in Tianjin weiter: Wie Taiwans Verteidigungsministerium am Donnerstag mitteilte, wurden 26 Flugzeuge sowie sieben Schiffe der chinesischen Volksbefreiungsarmee in der Nähe Taiwans gesichtet. 14 der Kampfjets hätten dabei die Medianlinie überquert, die inoffizielle Grenze zwischen China und Taiwan, die bis vor rund einem Jahr von der Volksrepublik noch respektiert worden war.

Baerbock in China: Peking kündigt Flugverbotszone nördlich von Taiwan an
China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die möglichst friedlich, notfalls aber auch mit Gewalt mit dem Festland „wiedervereinigt“ werden soll. Zudem versucht Peking, das demokratisch regierte Land international zu isolieren. Nachdem in der vergangenen Woche die taiwanische Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA mit dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy zusammengetroffen war, startete China ein dreitägiges Militärmanöver in der Nähe Taiwans. Dabei wurde auch eine Abriegelung der Insel geübt. Offiziell war das Manöver am Montag zu Ende gegangen, Chinas Muskelspiele gehen allerdings weiter.
So kündigte Peking unlängst für Ende der Woche an, nördlich von Taiwan eine Flugverbotszone durchsetzen zu wollen, die sich mit Taiwans Luftverteidigungszone überschneidet. Ursprünglich sollten in dem Gebiet drei Tage lang keine Flüge stattfinden, weil China dort „Luft- und Raumfahrtaktivitäten durchführen“ wolle, wie die taiwanische Regierung mitteilte. Nach Protesten aus Taipeh wurde die Dauer des Flugverbots allerdings auf nur 27 Minuten verkürzt. So sollen Auswirkungen auf den zivilen Luftverkehr minimiert werden. Bereits im vergangenen August, nach dem Taiwan-Besuch von McCarthys Amtsvorgängerin Nancy Pelosi, hatte Peking eine temporäre Flugverbotszone in der Region eingerichtet und den Luftverkehr massiv gestört.
Taiwans Außenminister: „China scheint sich auf einen Krieg vorbereiten zu wollen“
Am Mittwoch stellte Peking zudem neue Regelungen für die Rekrutierung von Soldaten für den Kriegsfall vor. Wie die South China Morning Post berichtet, heißt es in den Vorschriften, die Rekrutierung solle sich „auf die Kriegsvorbereitung konzentrieren“. Durch die Einberufung vor allem „hochkarätigef“ Rekruten wolle man die Effizienz steigern. „Das Anti-Sezessionsgesetz klärt die Bedingungen für eine Lösung der Taiwan-Frage mit nicht-friedlichen Mitteln“, zitiert das in Hongkong erscheinende Blatt den chinesischen Militärexperten Xie Dan. Das Gesetz stammt bereits von 2005. „Die Verbesserung der einschlägigen militärischen Vorschriften ist nun zweifellos einer der wichtigsten Inhalte der derzeitigen militärischen Vorbereitungen“, so Xie.
Unterdessen warnte Taiwans Außenminister Joseph Wu vor einem Krieg mit China. „Wenn man sich die Militärübungen und auch ihre Rhetorik ansieht, scheinen sie sich auf einen Krieg gegen Taiwan vorbereiten zu wollen“, sagte Wu am Dienstag in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN. Allerdings werde Peking es sich „zweimal überlegen, bevor sie sich entschließen, Gewalt gegen Taiwan anzuwenden. Und egal, ob es 2025 oder 2027 oder noch später ist, Taiwan muss sich einfach darauf vorbereiten“.
Dieser Artikel wurde mit Baerbocks Äußerungen in Tianjin aktualisiert.