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Weil sexistisch: Mutter fordert, Märchen von Dornröschen zu verbieten

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Von: Annabel Schütt

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Dornröschen ist einer der Grimm-Klassiker schlechthin. Doch eine Mutter fordert, das Märchen im Unterricht zu verbieten. Der Grund: Dornröschen sei sexistisch.

London – Seit jeher gehören Grimms Märchen ebenso wie Asterix, Tim & Struppi und Pocahontas zur Stammlektüre in den Kinderzimmern dieser Welt. Egal ob Hänsel und Gretel, Rotkäppchen, Rapunzel oder eben Dornröschen – sie alle verzaubern seit Jahrhunderten gleichermaßen Klein und Groß. Doch für eine britische Mutter ist ausgerechnet die Geschichte, in der ein edler Prinz die verwunschene Prinzessin wachgeküsst, ein echter Dorn im Auge.

Buch:Grimms Märchen
Datum der Erstveröffentlichung:20. Dezember 1812
Autoren:Jacob Grimm, Brüder Grimm, Wilhelm Grimm
Originalsprache:Deutsch
Figuren:Cinderella, Rapunzel, Junger Hänsel, Junge Gretel, Rotkäppchen, Babar, Rumpelstiltskin

„In Dornröschen geht es auch um sexuelles Verhalten und Zustimmung“: Mutter fordert, Grimm-Märchen aus Schulbüchern zu streichen

„Da lag es und war so schön, dass er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte sich und gab ihm einen Kuss“, heißt es in Grimms Märchen-Klassiker Dornröschen in der berühmten Wachküss-Szene. Doch eben dieser Satz ist es, der Sarah Hall, Mutter eines kleinen Sohnes aus Northumberland Park in Großbritannien, sauer aufstößt.

Schließlich habe der Prinz die schlafende Prinzessin einfach geküsst, ohne sie vorher um Erlaubnis zu fragen – für die Mutter ein klarer Verstoß gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frau. „Ich denke, in Dornröschen geht es auch um sexuelles Verhalten und Zustimmung. Diese Märchen sind bezeichnend dafür, wie tief verwurzelt dieses Verhalten in unserer Gesellschaft ist“, so die empörte Mutter gegenüber der „Sun“. Für sie besteht zumindest ein prägender Zusammenhang zwischen traditionellen Märchen und gewaltsamen Übergriffen auf junge Frauen, zum Beispiel auf der Tanzfläche einer niedersächsischen Diskothek*.

Eine Mutter schimpft mit erhobenen Zeigefinger. Daneben küsst der Prinz Dornröschen (24hamburg.de-Montage)
Eine Mutter fordert, Dornröschen im Schulunterricht zu verbieten. Der Grund: Das Märchen sei sexistisch (24hamburg.de-Montage). © Canva & Everett Collection/imago-images

Dementsprechend sollte die Geschichte aus sämtlichen Schulbüchern gestrichen werden. Ebenso kurios ist die Forderung einer Mutter, die sich ein Freizeitpark-Verbot für Kinderlose wünscht. Damit wäre für sehr viele Menschen ein Foto mit Dornröschen in Disneyland dann jedenfalls schon ml vom Tisch.

Dornröschen hält frauenfeindliche Stereotype am Leben: Mutter ganz klar gegen Grimms Märchen

Gegenüber der „Sun“ ging Sarah Hall sogar noch einen Schritt weiter. Kinder würden das in Grimms Märchen vorgelebte Fehlverhalten ihrer Meinung nach übernehmen. „So werden frauenfeindliche Stereotype am Leben gehalten“, statt Frauen als gleichberechtigte Menschen anzusehen.

Ausschließlich Kinder, die bereits älter sind, sollen laut Sarah Hall weiter in Grimms Märchen blättern dürfen: „Ich denke nicht, dass wir alle Märchen-Bücher aus dem Lehrplan streichen sollten. Sie sind einfach eher für größere Kinder gedacht, die den Inhalt diskutieren und über die Gefühle von Dornröschen sprechen können.“

Auch Disney‘s Weihnachts-Klassiker „Kevin – Allein in New York“ stößt auf jede Menge Kritik. Nach Rassismus-Vorwürfen soll der Feiertagsfilm neu vertont werden.

„Grimms Märchen zum Altpapier“: Laut Genderforscherin sind Dornröschen und Co. Beispiel für die „Geschichte der weiblichen Unterdrückung“

So kurios die Forderung der britischen Mutter auch scheinen mag, am Ende des Tages steht sie damit nicht alleine dar. Auch Genderforscherin Dr. Stevie Schmiedel ist der Meinung, dass „Grimms Märchen zum Altpapier“ gehören, wie sie in ihrem Buch „Pink für alle“ verrät.

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Als Uni-Dozentin für Genderforschung und Gründerin der Hamburger Anti-Sexismus-Organisation „Pinkstinks“ hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, gegen Geschlechterklischees in Werbung und Gesellschaft zu kämpfen – und eben auch in Grimms Märchen. Denn für sie seien Dornröschen und Co. das beste Beispiel für die „Geschichte der weiblichen Unterdrückung“. * 24hamburg.de und kreiszeitung.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.

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