Lloyd-Werft in der Pleite: 300 Arbeiter zittern um ihre Jobs
Die Lloyd-Werft Bremerhaven könnte das gleiche Schicksal ereilen wie der AG Weser. Einige sehen die Insolvenz auch als Chance. Wie geht es weiter an dem Standort?
Bremerhaven – Was ist los mit chinesischen Firmen? Erst die Schieflage des Immobilienunternehmens Evergrande, und nun meldet der Mischkonzern Hongkonger Genting für zwei deutsche Werften Insolvenz an. Betroffen sind die Lloyd-Werft Bremerhaven und die MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern. In Bremerhaven geht es um 300 und in Mecklenburg-Vorpommern um 1900 Arbeitsplätze. Genting steckt aktuell in Schwierigkeiten. Der Handel mit Aktien an der Börse in Hongkong war am Freitag ausgesetzt worden und wurde seither nicht wieder aufgenommen. Gentings Kreuzfahrtsparte ist wegen der Pandemie in Schieflage geraten.
CEO Genting Group | Tan Sri Lim Kok Thay |
Gründung | 1965 |
Gründer | Lim Goh Tong / Mohamed Noah Cmar |
Tochtergesellschaften | Genting Hong Kong, Empire Resorts... |
MV Werften und Lloyd-Werft: Bau der „Global Dream“ als größtes Kreuzfahrtschiff treibt Standorte in die Insolvenz
Auslöser der Insolvenz war, dass es den MV Werften nicht gelungen war, die Finanzierung des zu 75 Prozent fertigen und rund 1,5 Milliarden Euro teuren Neubaus des Kreuzfahrtschiffes „Global Dream“ für bis zu 10.000 Passagiere zu sichern. Verhandlungen von Genting und der Werft mit Bund und Land scheiterten. Die Schuld daran weisen Landes- und Bundespolitiker Genting zu: Der Konzern sei nicht bereit gewesen, einen Anteil von 60 Millionen Euro am Rettungspaket zu tragen, heißt es seit Tagen.
Das entspricht zehn Prozent der Summe, die der Bund gezahlt hätte. Er hatte signalisiert, zu bereits gewährten 300 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds weitere 300 Millionen Euro zu geben. Vom Land Mecklenburg-Vorpommern standen weitere 78 Millionen Euro bereit. Allerdings war die Bedingung, dass Genting einer Fortführungsperspektive zustimmt. Es sollte um die Neuausrichtung der Werften gehen.
Daran hatte Genting anscheinend kein Interesse. Der Mischkonzern habe die Werften 2016 ausschließlich mit dem Ziel übernommen, Kreuzfahrtschiffe zu bauen, hatte der Genting-Präsident Colin Au am Wochenende gesagt. Mehr als zwei Milliarden Euro seien investiert worden.

Da die „Global Dream“ fast fertig ist, fordert die IG Metall den Fertigbau in der Insolvenz. Das Schiff war für den asiatischen Markt bestimmt. Seit 1993 betreibt Genting mit der Marke „Dream Cruises“ Kreuzfahrten im asiatischen Raum. Das Schiff „Global Dream“ sollte das größte Kreuzfahrtschiff der Welt werden – wenn man die Passagierzahl als Maßstab nimmt. Zum Vergleich: Die „Symphony of the Seas“ von Royal Caribbean hat „nur“ Platz für 6870 Passagiere.
Auch sei es laut der Gewerkschaft wichtig, schnell auf mögliche Investoren zuzugehen und die Werften neu auszurichten. In Bremerhaven und Stralsund habe es bereits vor der Insolvenz Interessenten gegeben.
Für die Lloyd-Werft wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter der Hamburger Rechtsanwalt Per Hendrik Heerma eingesetzt. Er hatte diese Funktion auch bei der Elsflether Werft übernommen, die 2019 mit der Sanierung des Marineschulschiffs „Gorch Fock“ scheiterte. Für die MV Werften sei noch kein Insolvenzverwalter benannt, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Schwerin.
Insolvenz der Lloyd-Werft: regionale Lösungen gesucht
Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) will zusammen mit dem Insolvenzverwalter für die Werft eine Lösung mit einem Eigentümer aus der Region suchen. Das sagte sie „buten un binnen“. Dabei sei es wichtig, dass die Werft als Ganzes verkauft werde. Sie bestehe aus einer Betriebs- und einer Besitzgesellschaft. Beide müssten zusammen an einen regionalen Betreiber gehen. Dann hätte die Lloyd-Werft eine Perspektive, sagte Vogt. Vor fünf Jahren hatte die Werft angekündigt, ein Viertel des Personals abzubauen.
Während die Arbeiter auf den MV Werften hoffen können, irgendwie das Schiff fertig zu bauen und so Zeit gewinnen, sieht es in Bremerhaven anders aus. Per Hendrik Heerma spricht von einer schwierigen Ausgangslage. Denn es gebe für die Mitarbeiter wenig Beschäftigung. „Und deshalb war eine der ersten Amtshandlungen, die ich hier gemacht habe, dass ich die mir bekannten Schiffbauunternehmer angerufen habe, und die haben mir sehr schnell zugesagt, zu prüfen, ob sie von uns Arbeitnehmer übernehmen können, wenigstens einige wenige.“
Der Geschäftsführer der Lloyd-Werft Carsten Sippel sagte zu „buten un binnen“, eigentlich gehe es der Lloyd-Werft kaufmännisch gut. Sie brauche nun Aufträge. Gleichzeitig gebe es Befürchtungen, dass die Genting Group das Gelände und die Anlagen der Werft verkaufen könnte.
Lloyd-Werft: Chancen nach der Insolvenz werden ausgelotet – Per Hendrik Heerma als Insolvenzverwalter bestellt
Auch für den Verband für Schiffbau und Meerestechnik ist jetzt entscheidend, den Erhalt der vier Standorte an der Ostsee und in Bremerhaven im Rahmen eines Eigentümerwechsels zu ermöglichen. Die deutsche Schiffbauindustrie könne sich einen weiteren Substanzverlust in dieser Größenordnung nicht leisten. Die maritime Industrie stehe vor einem Umbruch. Die gesamte Flotte müsse auf Klimaneutralität umgestellt werden.
Ferner müssten die Offshore-Industrie und die Infrastruktur für nachhaltige Kraftstoffe stark ausgebaut werden. „Dafür werden in den kommenden Jahren umfangreiche Produktionskapazitäten in der maritimen Industrie benötigt“, erklärte der Verband. Vor diesem Hintergrund könne sich die Insolvenz auch als Chance erweisen.
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Bleibt zu hoffen, dass der Bremerhavener Werft nicht das gleiche Schicksal ereilt wie in den 1980er-Jahren der AG Weser und dem Bremer Vulkan. Beide Werften sind nur noch in den Geschichtsbüchern zu finden. Der große Unterschied: Damals verweigerte die Bundesregierung Gelder zur Umstrukturierung des Schiffbaus. (Mit Material der dpa) * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.