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Udo Lindenberg und der Mittelfinger: AfD-Vize erstattet Anzeige

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Von: Steffen Maas

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Weil Udo Lindenberg bei seiner Ehrenbürger-Würdigung dem Fraktions-Vize der AfD, Alexander Wolf, den Mittelfinger zeigte, erstattet dieser nun Anzeige.

Hamburg – Es war eine kleine, aber nicht feine Geste, die die Hamburger AfD nun in vollen Empörungsmodus schalten lässt: Während Alexander Wolf, AfD-Fraktions-Vizevorsitzender, im Redebeitrag der rechtsextremistischen Partei gegen eine Ernennung Udo Lindenbergs zum Ehrenbürger argumentiert, zeigt ihm dieser für einige Sekunden den Mittelfinger. So geschehen bei Lindenbergs Ernennung zum Ehrenbürger.

Die „Alternative für Deutschland“ sieht darin eine Entwürdigung des hohen Hauses der Hamburgischen Bürgerschaft sowie einen offensichtlichen Fingerzeig für Lindenbergs fragwürdigen Charakter. Man fordert eine Sondersitzung des Ältestenrates des Parlaments, eine schriftliche Entschuldigung – und jetzt auch eine strafrechtliche Verfolgung des Rockers.

NameUdo Gerhard Lindenberg
Geburtstag und Alter17. Mai 1946
GeburtsortGronau (Westfalen) in Nordrhein-Westfalen
Größe1,69 Meter
WohnortHotel Atlantic Kempinski in Hamburg

Udo Lindenberg holt den Mittelfinger raus: Wolf zweifelte zuvor seine Tugenden an

Was genau war passiert? Damit Panikrocker Udo Lindenberg die Ehrenbürgerschaft der Stadt Hamburg verliehen werden konnte, musste das Parlament, also die Hamburgische Bürgerschaft, zunächst zustimmen. Dazu gab es Redebeiträge aller Fraktionen, die ihre Zustimmung oder Ablehnung zur Abstimmung erklärten. Gegen Lindenbergs Ernennung stimmten letzten Endes nur vier Abgeordnete der AfD-Fraktion.

Udo Lindenberg zeigt den Mittelfinger in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Udo Lindenberg zeigt AfD-Fraktionsvize Alexander Wolf, was er von den Vorstellungen der richtigen Tugenden hält, die der AfD-Mann am Rednerpult gerade propagierte. © Screenshot/Hamburgische Bürgerschaft

Die Gründe dafür führte zuvor Fraktions-Vize Wolf in seiner Rede aus. Unter anderem bemängelte er, dass Lindenberg vor Jahren alle AfD-Wähler aus Thüringen als „braune Gespenster“ und „menschenfeindliche Brandstifter“ „diffamiert“ hatte. Eine Aussage, mit der der Musiker offensichtlich nicht allein im Raum war: Wolf musste seine Rede für einige Sekunden unterbrechen, weil das Zitat zu tosendem Beifall im Plenarsaal geführt hatte.

Alexander Wolf zweifelte zudem laut daran, ob Lindenberg es verdiene, als Ehrenbürger in eine Riege mit Reichskanzler Otto von Bismarck, Komponist Johannes Brahms, Bundeskanzler Helmut Schmidt oder HSV-Legende Uwe Seeler aufgenommen zu werden. Als er dann davon sprach, dass dem Deutschrocker die Tugend der Toleranz fehle, zeigte der Musiker kurz den Mittelfinger in Richtung Rednerpult.

Nach Zögern und Ermutigung: Alexander Wolf zeigt Lindenberg wegen Beleidigung an

Das will Wolf nun nicht ungeahndet lassen. Er habe lange darüber nachgedacht, eine Anzeige zu erstatten und entschied sich zunächst dagegen, weil er die Gerichte mit der Angelegenheit „nicht belasten“ wollte, sagte der Fraktions-Vize gegenüber t-online.de. Nachdem er aber wohl von einigen Gesprächspartnern in dieser heiklen Angelegenheit Mut zugesprochen bekommen habe, entschied er sich am Montag, 12. September 2022, fünf Tage später, doch zu dem Schritt, berichtet t-online.de weiter.

Welches Gesetz greift nach bösartigem Mittelfinger-Einsatz?

Juristisch kann es sich beim Zeigen des Mittelfingers, genau wie beim „Vogel“ oder der etwas altmodischen rausgestreckten Zunge, „um eine Beleidigung und damit um eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch (StGB) handeln“, weiß die Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungs-AG (ARAG). „Sie wird als vorsätzliche Verletzung der Ehre einer Person durch Kundgebung der Missachtung oder Nichtachtung definiert. Gemäß § 185 StGB kann eine Beleidigung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe belegt werden.“

Den größten Einsatz sieht dieses Gesetz wohl im Straßenverkehr, wenn die Gemüter der Kraftfahrer wegen (gefühlter) Provokationen hochkochen und Beleidigungen ausgesprochen werden, oder sich in kreativen Handbewegungen äußern. „Für Beleidigungen im Straßenverkehr werden üblicherweise Geldstrafen verhängt. Da es hier aber keinen einheitlichen Strafenkatalog gibt, variiert das Strafmaß. Dabei spielen vor allem die Tatumstände – Zusammenhang, Tonfall, Person des Beleidigten – eine Rolle; unter Umständen auch das Gericht, vor dem verhandelt wird“, erläutert die ARAG.

„Im Autoverkehr wäre das eine Verurteilung wert“, sagte Wolf zur Begründung und knüpfte die Entscheidung an die besonderen Umstände des Vorfalls: „An einen Ehrenbürger sollte man noch höhere Ansprüche stellen als an andere Bürger.“

Hamburger AfD fordert: „Stinkefinger-Udo“ soll sich entschuldigen

Wolf hatte während seines Redebeitrages am Mittwoch, 7. September 2022,– den Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) direkt im Anschluss als „kurz vor der persönlichen Beleidigung“ rügte – nichts von dem Vorfall mitbekommen. Nachdem der AfD-Politiker darauf im Nachhinein hingewiesen wurde, dauerte es einen Tag, bis man sich genug für offizielle Reaktionen erholt hatte.

Wolf und die Hamburger AfD empörten sich und verlangten, dass der neue Ehrenbürger sich umgehend schriftlich entschuldige: „Mit seiner Geste entwürdigte er das gesamte Parlament. Stinkefinger-Udo bestätigt mit seinem flegelhaften und niveaulosen Gebaren den Standpunkt der AfD: Er ist eines Ehrenbürgers unwürdig“, ließ der Vize-Chef der Rechtspartei in Hamburg verlauten.

Ein Thema für den Ältestenrat: AfD trommelt Abgeordnete für Diskussion zusammen

Weil eine Entschuldigung bei einem Vorfall solchen Ausmaßes aber wohl nicht reicht, forderten die Politiker des rechten Randes zudem, dass sich der Ältestenrat der Bürgerschaft in einer Sondersitzung mit dem Thema befasst. Im Ältestenrat sitzen erfahrene Abgeordnete der Fraktionen und vertreten ihre Interessen im Parlamentsalltag. Er dient zudem als Forum für die Fraktionen, eine Verständigung über die Tagesordnung, den Sitzungsablauf und das Arbeitsprogramm der Bürgerschaft herbeizuführen.

Allein das Bestreben der AfD reicht, um die geforderte außerordentliche Sitzung des Ältestenrates Realität zu machen, wie Bürgerschaftssprecherin Barbara Ketelhut auf 24hamburg.de-Anfrage erklärt: „Der Ältestenrat muss immer einberufen werden, wenn eine Fraktion es verlangt.“ Aber:

Das ist jetzt keine Seltenheit und parlamentarischer Alltag.

Barbara Ketelhut, Pressesprecherin der Bürgerschaftskanzlei

Liest man den Fahrplan des Ältestenrates in einer solchen Angelegenheit, kommt man schnell zu dem Schluss, dass die Sache trotz der Empörung der AfD mit einer bürokratischen Gelassenheit abläuft: Die Bürgerschaftspräsidentin lade zeitnah zu einer Sitzung ein – da diese nicht-öffentlich abläuft und der Ältestenrat kein Beschlussorgan ist, wird es weder medienwirksamen Krach geben noch irgendwelche Konsequenzen beschlossen. Ketelhut kann daher zu dem Vorgang nur verkünden: „Im Ältestenrat wird es einen Meinungsaustausch über das Thema geben.“

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