Tierschutzverein kündigt der Stadt Hamburg: „Keine Unterstützung“ und „krasses Missverhältnis“

Der Tierschutzverein Hamburg kündigt der Hansestadt den Vertrag, Fundtiere aufzunehmen. Der Grund: fehlender Platz und wenig Unterstützung.
Hamburg – Zu voll, zu teuer, zu marode: Der Hamburger Tierschutzverein kündigt seine Verpflichtung, Fund-, Verwahr- und Beobachtungstiere aus dem Stadtgebiet aufzunehmen, auf. Diese hatte der Verein mit der Stadt geschlossen. Grund dafür sei die fehlende Unterstützung der Hansestadt, die schlechte bauliche Situation sowie die hohe Auslastung des Tierheims. Die Situation des Tierheims war der Stadt laut Tierschutzverein jahrelang bekannt.
Tierschutzverein kündigt der Stadt Hamburg: „Keine Unterstützung“ und „krasses Missverhältnis“
Der Hamburger Tierschutzverein versorgt seit Jahrzehnten mit dem Tierheim in der Süderstraße Tiere, die von ihren Haltern nicht mehr selbst betreut werden. Aber auch Fund-, Verwahr- und Beobachtungstiere aus Hamburg, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtung oder behördlicher Entscheidung in staatliche Obhut genommen werden müssen, wurden aufgenommen. Bis jetzt. Denn wie der Verein in einer Mitteilung erklärt, kündigt er der Freien Hansestadt Hamburg den Vertrag bis Ende 2023.

„Marode bauliche Situation“: Seit 2008 brauchte das Tierheim neue Flächen
Die Gründe dafür sind vielfältig. Wie der Tierschutzverein mitteilt, gebe es aufgrund der „maroden baulichen Situation“ seit geraumer Weile erhebliche Kapazitätsengpässe im Tierheim. Auf Nachfrage von 24hamburg.de erklärt Sven Fraaß, Diplom-Biologe und Pressesprecher des Vereins, dass seit 2008 die Stadt über die Notwendigkeit, dass zusätzliche Flächen für Neubauten zur Verfügung gestellt werden müssten, informiert wurde. „Gravierende bauliche Mängel und Mängel in der tierschutzkonformen Unterbringung im Tierheim Süderstraße sind gegenüber der Stadt seit mindestens 2013/2014 dokumentiert“.
Zu hohe Auslastung: Immer wieder Aufnahmestopps im Hamburger Tierheim an der Süderstraße
Diese Zustände würden jetzt auf einen erhöhten Unterbringungsbedarf von Haustieren treffen. Gründe dafür seien der Ukrainekrieg, Corona und einen wirtschaftlichen Abstieg breiter Bevölkerungskreise. Deshalb sei es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Aufnahmestopps gekommen.
„Wegen der Bindung an den Vertrag mit der Freien Hansestadt Hamburg sind wir gezwungen, den Tierheimbetrieb zu 80 Prozent und teilweise auch mehr auf die Tiere der Stadt zu fokussieren. Der Vertrag lässt uns kaum eigenen Handlungsspielraum“, heißt es in der Mitteilung weiter. Abgabetiere seien nur noch ausnahmsweise – in tierschutzrelevanten Fällen – aufgenommen worden.
Tierheim Süderstraße konnte nicht kostendeckend arbeiten
Zudem werde für die Stadt nicht kostendeckend gearbeitet. Kosten von etwa sechs Millionen Euro für den Tierheimbetrieb pro Jahr, stünden den rund zwei Millionen Euro als vertragliche Gegenleistung von der Stadt gegenüber. Hamburg profitiere dementsprechend von der Aufrechterhaltung des Tierheimbetriebs durch Spendengelder. Eine finanzielle Unterstützung habe es vonseiten der Stadt nicht gegeben.
Nun wolle das Tierheim eine Vertragsanpassung erwirken und stünde seit Anfang des Jahres 2022 mit der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz in Verhandlungen. „Die ernüchternde Bilanz aber ist, dass wir auch nach einem Jahr der Verhandlungen keine Fortschritte oder gar eine Einigung erzielt haben“, heißt es weiter. Deshalb habe man sich entschlossen, den Vertrag mit der Stadt fristgerecht zu kündigen.
Krasses Missverhältnis zwischen Tierschutzverein und Hamburg: Neuer Vertrag soll Leistungen neu ordnen
Der Tierschutzverein sei aber gegenüber einer weiteren Zusammenarbeit nicht verschlossen: „Wir haben der Freien Hansestadt Hamburg ein Angebot unterbreitet, mit ihr weiterhin zusammenzuarbeiten – allerdings auf der Grundlage eines fairen Vertrages“, berichtet Fraaß weiter. Das bisherige „krasse Missverhältnis“ zwischen Leistung des Tierschutzvereins und der Gegenleistung der Stadt müsse dann beseitigt werden.
„Ohne Vertrag gäbe es auch nicht die darin formulierten Aufgaben und somit auch nicht die damit verbundenen Ausgaben.“ Das Tierheim finanziert sich – neben diesen oder ohne diese sogenannten hoheitlichen Aufgaben durch die Partnerschaft mit der Stadt – aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Erbschaften.