Tempo 30 in Hamburg: Bürgerschaft stimmt gegen flächendeckende Ausbremsung
Ein klares „Jein“ zu Tempo 30: Die Bürgerschaft erteilt einem großen Schritt Richtung pauschalem Tempo 30 eine Absage – will aber kleine Schritte gehen.
Hamburg – Ein zweites Amsterdam wird Hamburg wohl zunächst nicht – zumindest was die Verkehrsberuhigung angeht. Während in der niederländischen Hauptstadt auf rund 90 Prozent des Straßennetzes Tempo 30 gilt, ist ein Antrag der Linken, der so ein Vorhaben für die Hansestadt vereinfacht hätte, am Donnerstagabend im Verkehrsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft gescheitert. Die rot-grüne Mehrheit sowie die CDU erteilten dem Vorstoß eine Absage, der Städteinitiative Tempo 30 beizutreten.
Name: | Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten |
Gründung: | Juli 2021 |
Kernforderung: | Mehr Freiheiten für Städte, um Tempo 30 auszuweisen |
Mitgliedsstädte: | u.a.: Berlin, Köln, Frankfurt, Leipzig, Bremen, Freiburg, Aachen, … |
Tempo 30 in Hamburg: Kleinerer Vorstoß angenommen
Die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“, der seit dem Beitritt Berlins im März nun drei der fünf bevölkerungsreichsten Städte angehören (mit Köln und Frankfurt), setzt sich für eine Gesetzesänderung ein, die es Städten ermöglichen würde, auf Hauptverkehrsstraßen flächendeckend Tempo 30 vorzugeben. Bislang sind ihnen durch die Straßenverkehrsordnung die Hände gebunden. Tempo 30 darf demnach auf Hauptverkehrsstraßen nur in Ausnahmefällen – etwa vor Schulen – eingerichtet werden.

Trotz der Absage an einen Beitritt zur Initiative, will die Hamburgische Bürgerschaft zumindest auf mehr Tempo 30 auf den Straßen hinarbeiten: Ein von SPD und Grünen vorgelegter Antrag für die Schaffung weiterer Tempo-30-Zonen in der Hansestadt wurde vom Ausschuss angenommen.
Flächendeckendes Tempo 30 in Hamburg sorgt für Streit in der Koalition
Die Grünen folgten mit der Ablehnung des Linken-Antrags also der mit der SPD im Koalitionsvertrag vereinbarten Marschroute. Es sei kein Geheimnis, „dass das ein Punkt ist, an dem wir streiten in der Koalition“, sagte die Grünen-Abgeordnete Rosa Domm laut einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Ein Blick in Städte wie Paris, in denen flächendeckend Tempo 30 gelte, zeige, dass es funktioniere: „Es macht die Stadt entspannter, es macht sie leiser, es macht sie gesünder.“ Das sei auch eine gute Perspektive für Hamburg – andere Städte wie Bremen sind ebenfalls engagiert. Auch die Tempo-30-Initiative listet einige Vorteile auf.
So würden durch die Tempobegrenzung die Straßen …
- … wesentlich sicherer, gerade für die besonders Gefährdeten, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs bzw. mobilitätseingeschränkt sind.
- … wesentlich leiser – und das Leben für die Menschen, die an diesen Straßen wohnen, deutlich angenehmer und gesünder.
- … sauberere Luft produzieren, wenn ein regelmäßiger Verkehrsfluss gewährleistet wird.
- … ihre Funktion als multifunktionale Orte zurückgewinnen, die mehr sind als Verbindungen von A nach B.
- … wieder lesbarer, Regeln einfacher und nachvollziehbarer, der Schilderwald gelichtet, das Miteinander gestärkt.
Auch die SPD sehe in Hamburg mehr Raum für Tempo 30, sagte Ole Thorben Buschhüter. Allerdings wollten die Linken die Regelgeschwindigkeit pauschal von 50 auf 30 km/h reduzieren. „Und das ist ein Punkt, an dem sich die Geister scheiden.“ Für ein nächtliches Tempo-30-Gebot hatte man zuletzt schon Zonen ausgewiesen.
CDU sieht durchaus Bedarf, Linke unterstreicht soziale Komponente
Die CDU-Abgeordnete Anke Frieling warnte davor, dass ein generelles Tempo 30 der Wirtschaft schaden würde. Gleichwohl sollten Hauptverkehrsstraßen an sensiblen Stellen sicherer gemacht werden, wobei ein Flickwerk aus 30- und 50-km/h-Strecken vermieden werden müsse: „Gleichmäßiges Tempo ist sicher besser als dieser ständige Wechsel.“
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Die Ausschussvorsitzende, die Linken-Verkehrsexpertin Heike Sudmann, erinnerte daran, dass mehr als 200.000 Haushalte in Hamburg an Hauptverkehrsstraßen liegen. Neben der Verkehrssicherheit, der Lärm- und der Schadstoff-Belastung gehe es deshalb auch um eine soziale Komponente: „An den Hauptverkehrsstraßen leben viele Menschen, die sich gar nicht erlauben können, an anderer Stelle in Hamburg zu wohnen.“ (mit Material der dpa.)