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Es wird kalt und dunkel: Hamburg reagiert mit 25-Punkte-Plan auf Gaskrise

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Von: Steffen Maas

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Die Stadt Hamburg geht beim Energiesparen offensiv voran und reagiert auf die steigenden Preise infolge der Gas-Krise. Dafür wurde nun ein 25-Punkte-Plan aufgestellt.

Hamburg – Um eine Gas-Knappheit im Winter zu vermeiden, sollen EU-Mitgliedsstaaten mindestens 15 Prozent weniger Gas verbrauchen. Damit Hamburg mithilft, dieses Ziel in Deutschland zu erreichen, tüftelt der Senat schon länger an einem konkreten Energiesparplan. Den stellte die Rot-Grüne Verwaltung nun am Dienstag, 16. August 2022, im Rathaus vor – mit insgesamt 25 Maßnahmen für die eigenen Büros und Flächen sowie die öffentlichen Plätze. Da geht es etwa darum, dass in städtischen Büros kein warmes Wasser mehr bereitgestellt werden soll oder die Kühlschränke eine Temperatur von sieben Grad nicht unterschreiten dürfen. Aber auch um die Vorgaben, dass öffentliche Denkmäler oder Gebäude nicht mehr angestrahlt werden sollen sowie das Abstellen der Alsterfontäne oder der Wasserlichtspiele in Planten un Blomen.

Name:Freie und Hansestadt Hamburg
Einwohner:1,841 Millionen (Stand: 2019)
Fläche:755,2 Quadratkilometer
Erster Bürgermeister:Peter Tschentscher (SPD)

Energie sparen: Hamburg will Verbrauch von Gas, Fernwärme und Strom senken

„Mit dem Energiesparplan wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, einer drohenden Gasmangellage entgegenzuwirken, gut über den Winter zu kommen und die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand angesichts dieser dramatischen Lage deutlich zu machen“, erklärte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bei der Vorstellung des 25-Punkte-Plans, dass die Hansestadt Hamburg bei dieser „gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik, Verwaltung, Wirtschaft der Zivilgesellschaft“ vorangehen will. Auch andere Bundeländer machen mit: Wie Bremen ab jetzt Energie spart, berichtet kreiszeitung.de.

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Zwar gehe es in erster Linie um die Senkung des Gasverbrauches – weil hier die konkrete Not herrscht, unter deren Verschlimmerung die Produktivität der gesamten Hamburger Industrie leiden müsste – doch auch Fernwärme und Strom spielten eine Rolle, so Kerstan. „Denn durch die Vernetzungen im Energiesektor gibt es Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Energieträgern, da die Strom– und Fernwärmeerzeugung teilweise über Gaskraftwerke erfolgt.“

Hamburger Energiesparplan: Das sind die 25 Maßnahmen des Senats

So beschäftigen sich viele der „kurzfristig wirksamen“ Maßnahmen auf dem 25-Punkte-Plan mit dem Thema Beheizung von Luft und Wasser, doch es finden sich auch viele Ansätze zum generellen Energieverbrauch wieder:

  1. Die Raumtemperatur in Büros der öffentlichen Gebäude soll auf die Mindesttemperatur nach „Arbeitsstättenrichtlinie für Arbeitsräume mit vorwiegend sitzender Tätigkeit“ reduziert werden (aktuell: 20°C).
  2. In Fluren, Hallen, Foyers, Technik- und Kopierräumen sowie WCs und Teeküchen sollen die Thermostate prinzipiell auf die Werte herunterreguliert werden, die nach geltenden Arbeitsschutzvorschriften die jeweiligen Mindestwerte sind (aktuell: 21°C).
  3. Heizungsanlagen werden modernisiert und effektiviert durch einen hydraulischen Abgleich, eine schärfere Überwachung und Anpassung von Regelungseinstellungen des Heizsystems sowie die Installation intelligenter Thermostatventile. Die Erneuerung der Heizpumpen wird angestrebt. Wo angezeigt, wird die Wärmedämmung im Bereich der Heizkörper (Heizkörpernischen) verbessert.
  4. Hausmeisterinnen und Hausmeister sowie Beschäftigte mit vergleichbarem Aufgabenbereich sollen die Funktion der Energiebeauftragten übernehmen können, die in ihren Dienststellen als Ansprechpartner und für Beratungen präsent sind. Dafür werden sie entsprechend qualifiziert werden.
  5. Der Energieverbrauch soll auch bei der Lüftung öffentlich genutzter Gebäude reduziert werden, soweit es die weitere Entwicklung der Covid-19-Pandemie zulässt. Das Stoßlüften soll zur Regel werden, mobile Luftreinigungsgeräte in gut belüftbaren Räumen sollen abgeschaltet werden und Raumlufttechnische Anlage sollen in ihren Normalzustand (vor der Pandemie) rückversetzt werden.
  6. Die Beleuchtung in öffentlichen Gebäuden wird weiter modernisiert und möglichst reduziert: Im Innen- wie im Außenbereich ersetzen energiesparende LED-Leuchten herkömmliche Glühlampen und Leuchtstofflampen; auf Verkehrsflächen und Fluren, in Fahrrad-Abstellanlagen oder Sanitärräumen wird die Dauerbeleuchtung durch Bewegungsmelder ersetzt, bei Lichtsystemen mit automatischer Abschaltung soll die Dauer der Beleuchtung und im Übrigen der Anteil der tatsächlich genutzten Leuchten reduziert werden.
  7. Die Anzahl der Kopiergeräte und Drucker wird überprüft und reduziert.
  8. Die Nutzung privat beschaffter Kleingeräte, insbesondere Heizlüfter, Ventilatoren etc. ist schon jetzt teilweise untersagt und wird nun grundsätzlich unterbunden.
  9. Büros und vergleichbare Nutzflächen mit nur geringer Auslastung sollen abschnittsweise geschlossen werden, um Bedarfe an Heizung, Licht und IT zu reduzieren.
  10. Nicht genutzte Geräte müssen ausgeschaltet werden, wie zum Beispiel Steckerleisten nach Dienstschluss (kein Stand-by-Betrieb von Bildschirmen und Computern).
  11. Um Kühlung zu sparen, sollen Büroräume im Sommer morgens und abends gelüftet und im Übrigen verschattet werden, um deren Aufheizen zu vermeiden. In der kalten Jahreszeit sollen Außenrollläden oder -jalousien heruntergelassen werden, um die Dämmwirkung zu nutzen.
  12. Warmes Wasser wird schon heute nicht flächendeckend in öffentlichen Gebäuden bereitgestellt. Soweit dies nicht aus funktionalen Gründen erforderlich ist (zum Beispiel Duschen an den Einsatzdienststellen der Feuerwehr), wird die Warmwasserbereitstellung komplett eingestellt und kleine Durchlauferhitzer (Untertischgeräte) insbesondere in WC-Anlagen außer Betrieb genommen.
  13. Die Voreinstellungen von Klimaanlagen werden in allen Dienstgebäuden überprüft, um unnötig tiefe Temperaturen z.B. in Büro- und EDV-Serverräumen zu vermeiden. Eine Kühlung auf weniger als 26 Grad ist in Büroräumen nicht vorzunehmen. Sollte der Bund hier die Arbeitsstättenrichtlinien verändern, wird diese Temperaturvorgabe entsprechend angepasst. In geeigneten Gebäuden werden die Zugänge auf einzelne ausgewählte Eingänge beschränkt.
  14. Alle elektrischen Geräte werden auf ihre Energieeffizienz überprüft und ggf. ausgewechselt. Der jeweilige Energieverbrauch soll durch Leistungsmesser besser erkannt werden, weshalb ein Leihsystem eingeführt werden soll.
  15. In Kühlschränken soll die Temperatur 7 Grad nicht unterschreiten.
  16. Auf das Anstrahlen von Denkmälern und öffentlichen Gebäuden wird weitgehend verzichtet.
  17. Außerhalb ihrer Nutzungszeiten werden Wege in Park- und Grünanlagen, bezirkliche Sportanlagen und Jogging-Strecken nicht mehr beleuchtet, ohne die Verkehrssicherung der Wege zu gefährden oder Angsträume zu schaffen.
  18. Jegliche Beleuchtung und alle Lichtzeichenanlagen sollen unter anderem durch Umrüstung auf LED modernisiert werden.
  19. Der Betrieb von Brunnenanlagen soll am 15. September 2022 eingestellt werden. Das betrifft zum Beispiel Brunnen am Platz der Republik in Altona, am Kaiser-Wilhelm-Platz in Bergedorf und den Brunnen im Innenhof des Hamburger Rathauses).
  20. Die Alsterfontäne sowie der Brunnen und der Geysir im Inselpark sollen abgeschaltet und die Wasserspiele sowie die Wasserlichtorgel in Planten un Blomen eingestellt werden.
  21. Die bei der Bäderland Hamburg GmbH schon durchgeführten Maßnahmen zur Temperaturabsenkung in den Außenbecken der Ganzjahresschwimmbäder von 28°C auf 25°C werden fortgeführt. Maßnahmen in den Hallenbädern werden noch geprüft.
  22. Im Bereich der Fernwärme der HEnW wird die Isolierung der Übergabestationen optimiert, entsprechende Umsetzungskonzepte werden angestoßen.
  23. Die in der Corona-Pandemie entwickelten Lösungen zur Reduzierung von Dienstreisen, wie vor allem Videokonferenzen, werden intensiv weiter genutzt.
  24. Hamburg wird eine Energiedatenbank für alle FHH-Gebäude schaffen, z.B. auf Basis von bestehenden Systemen städtischer Energiegesellschaften.
  25. Die Nutzung von Aufzügen wird eingeschränkt, soweit es die Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen nicht beeinträchtig und objektbezogen umsetzbar ist. Paternoster werden ausgeschaltet.

Energiesparen: „Große Hebelwirkung“ durch Vielzahl von öffentlichen Gebäuden

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der mit seiner Behörde für den städtischen Gebäudestand zuständig ist, unterstrich bei der Pressekonferenz im Rathaus, dass mit der Reichweite an Maßnahmen „von technischen Umrüstungen bis zur Nutzersensibilisierung“ alle Behörden und Beschäftigten ihren Beitrag leisten „sollen und werden“. Angesicht der Größe des städtischen Immobilienbestandes hätte das eine „große Hebelwirkung“.

Wir werden die Infrastruktur und die Daseinsvorsorge gut durch den Winter bringen, kein Haus der Jugend wird schließen müssen, weil es die Heizrechnung nicht zahlen kann!

Andreas Dressel (SPD), FInanzsenator der Stadt Hamburg

Zudem werde geprüft, ob gemeinsam mit den Versorgern ein sogenannter Härtefallfonds eingerichtet werden könnte, der Verbrauchern ohne oder nur mit geringem Einkommen beim absoluten Notfall unter die Arme greift – „damit auch wirklich niemand durch den Rost fällt und plötzlich im Kalten sitzt.“

Energiespar-Kampagne: Beratung und Information für Bürger geplant

Umweltsenator Kerstan betonte, dass neben der Umsetzung des Energiesparplans nun auch in einem zweiten Schritt eine große Kommunikations-Initiative gestartet werden solle, „um Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie Vereine und Verbände zu motivieren, Energie zu sparen, aber auch konkret zu helfen.“

Hamburger Rathaus bei Nacht.
Zukünftig wohl weniger erleuchtet: Das Hamburger Rathaus, in dem am Dienstag der Energiesparplan des Senats vorgestellt wurde. Er sieht vor, dass öffentliche Gebäude und Denkmäler bald nicht mehr angestrahlt werden. © blickwinkel/Imago

Ab September 2022 sollen Info-Teams in der Stadt Tipps und Beratungsangebote anbieten, eine gemeinsame Internetseite soll entsprechende Informationen bündeln. Bereits gestartete Energiespar-Kampagnen können sich dieser Initiative anschließen. Ziel ist, ganz Hamburg zum Mitmachen beim Energiesparen zu motivieren.

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