Kein Platz für Mahnmal gegen Tierversuche in Altona – „Scherbenhaufen“
Das Mahnmal „Hamburger Stadtmusikanten“ wird nicht in Altona aufgebaut. Dagegen stimmte der Bezirksausschuss für Kultur und Bildung. Jetzt protestieren Tierrechtler.
Hamburg - Mehr als ein Jahr lang stand das weltweit einzigartige Mahnmal gegen die Grausamkeit von Tierversuchen, die „Hamburger Stadtmusikanten“, an der Alster. Dann lief die Genehmigung für die Nutzung der Fläche aus. Ein neuer Standort wurde gesucht, Altona war im Gespräch. Doch, stimmte der Ausschuss für Kultur und Bildung des Bezirks dagegen. Wohin jetzt mit Hund, Affe, Kaninchen und Ratte?
Name: | Hamburger Stadtmusikanten |
Zweck: | Mahnmal, gewidmet allen Opfern der Tierversuche weltweit |
Initiatoren: | SOKO Tierschutz e.V. |
„Hamburger Stadtmusikanten“: Thema ist in Altona noch nicht vom Tisch
So ganz abgehakt scheint das Thema laut Wolfgang Ziegert (Die Linke) nach Anfrage von 24hamburg.de nicht. Die Stimmen von Grüne und Linke seien in der Bezirksversammlung Altona eigentlich in der Mehrheit. Deshalb stelle sich nicht die Frage „Ob?“, sondern „Wohin?“. „Falls von den anderen drei Fraktionen SPD, CDU und FDP eine Zustimmung käme, wäre der Prozess leichter“, sagt Ziegert.

Vorbehalte der SPD, CDU und FDP – Viele Künstler wollen etwas aufstellen
Es gebe von ihnen den Vorbehalt, dass viele Künstler etwas aufstellen wollen. „Die grundlegende Frage von Tierversuchen wird dabei anscheinend von Irrationalität überlagert“, meint Ziegert. Spätestens bei der kommenden Bezirksversammlung, Ende Februar, müsse eine finale Entscheidung her. „Wir bemühen uns darum, alle gewählten Menschen unserer zwei Fraktionen zu mobilisieren.“
Dass es in dieser Diskussion nicht bloß die „eine“ Ausschussmeinung gibt, stellt Oliver Schmidt (SPD) gegenüber 24hamburg.de klar. Innerhalb der Fraktion sei das Thema heiß und differenziert diskutiert worden. „Dabei ist ganz sicher niemand von uns unberührt gewesen von dem dargestellten Los und Schicksal der Versuchstiere, welches ohne Wenn und Aber durchaus auch eines Denkmals würdig ist“, teilt er 24hamburg.de mit.
SPD: Hamburg-Nord besser geeignet für das Mahnmal – Standortfaktoren optimal
Hamburg-Nord habe sich aus verschiedenen Gründen besser für das Mahnmal geeignet: die zentrale Lage, der ständige Touristenverkehr sowie Lage des faktisch größten norddeutschen Forschungsstandpunkts mit Tieren, das Uni-Klinikum Eppendorf (UKE). „Wir sehen keinen Anknüpfungspunkt für das Denkmal in Altona und es ist eben auch nicht egal, wo das Mahnmal letztlich stehen wird“, so Oliver Schmidt von der SPD.
„Hamburger Stadtmusikanten“ sollen dort stehen, wo sie gesehen werden – sagt die SPD
Es solle schließlich nicht „in irgendeiner Ecke in irgendeinem Bezirk vor sich hin stehen“, weil es in Hamburg-Nord nicht erwünscht ist. „Dies würde weder dem Denkmal noch dem von uns durchaus erkannten großen Leid der Versuchstiere gerecht“, sagt Schmidt. Die gesamte Diskussion um den Standort der „Hamburger Stadtmusikanten“ hat allerdings einen faden Beigeschmack.
Kurz nach Absage in Altona: Uniklinikum Eppendorf eröffnet Neubau für Forschungstierhaltung
Vier Tage nach der genannten Absage in Altona eröffnete das UKE einen Neubau für Tierhaltung, speziell für die Forschung. Auf 2.900 Quadratmetern sollen jetzt für 32 Millionen Euro Tiere wie Nagetiere, Frösche, aber auch Schweine und Schafe untergebracht werden.

Finanziert wird der Neubau von der Hansestadt Hamburg. Damit sei ein Ort geschaffen worden, der „zeitgemäße“ Tierhaltung für die Forschung garantiert, erklärt Katharina Fegebank (Grüne), Forschungs-Senatorin, in einer Pressemitteilung. „Forschung für die Gesundheit der Menschen kommt derzeit noch nicht ohne Tiermodelle aus“, rechtfertigt Prof. Dr. Christian Gerloff, ärztlicher Direktor des UKE, den Bau.
Soko-Chef: „Die Stadt Hamburg setzt damit kein gutes Zeichen“
Bei der Forschung am UKE werden Krankheitsmodelle bereits anhand von Zellkulturen, eine tierversuchsfreie Forschung, entwickelt. Zudem gebe es eine „3R-Professur“, um Alternativen noch stärker auszubauen. Friedrich Mülln, Chef des Tierrechtsvereins Soko-Tierschutz ist anderer Meinung: „Die Stadt Hamburg setzt damit kein gutes Zeichen.“
Seiner Meinung nach könne man nicht gleichzeitig einen Tierversuchstempel „zelebrieren“ und sich beim unangenehmen Gedenken an dessen Opfer wegducken. „Wir haben den Eindruck, dass keine daran erinnert werden möchte, dass alleine in Hamburg über 100.000 Tiere bei Versuchen sterben müssen“, erklärt Mülln weiter.
Nagetiere, Schweine, Fische und Frösche: Unzählige Tiere in Hamburgs Forschungslaboren
Die Zahlen sind tatsächlich hoch: Im Jahr 2019 wurden alleine in Hamburg 186.720 Tiere in Laboren, wie dem für Pharmakologie und Toxikologie (LPT) oder am Uniklinik Eppendorf, verwendet. Das teilt der Verband Ärzte gegen Tierversuche auf seiner Homepage mit. 2018 waren es 263.256, darunter vor allem Nagetiere, Schweine, Fische oder Frösche.
„Scherbenhaufen“ statt „Mahnmal“: Verein Soko-Tierschutz protestiert
Soko-Chef Mülln meint: „Wenn man tausende Quadratmeter für Tierversuche hat, warum nicht zwei für Andacht?“ Statt des beliebten Publikumsmagneten gebe es nun in Altona einen Scherbenhaufen. Der erste Protest war bereits am vergangenen Sonntag, 5. Februar.