Überall blinkende Werbung in Hamburg – „Schädlich und unnötig“
Tausende LED-Werbetafeln sollen nach dem Willen einer Initiative aus Hamburg verschwinden. Sie kämpft für einen Volksentscheid. Vorbild ist Genf.
Hamburg – Die Initiative „Hamburg werbefrei“ möchte die Bürgerinnen und Bürger der Stadt über die stetig wachsende Anzahl LED-Werbeflächen im öffentlichen Raum entscheiden lassen. Seit 2010, so berichtet der TV-Sender Hamburg 1, habe sich diese auf rund 4000 verdoppelt. Nun soll ein Volksentscheid her: Denn für ein Verbot der LED-Tafeln im Stadtbild sprechen laut der Initiative gleich mehrere Gründe: Da wäre zum einen die zunehmende Kommerzialisierung des öffentlichen Raums und der Degradierung der Bürger und Bürgerinnen zu reinen Konsumenten.
Doch die teilweise riesigen, ständig beleuchteten, animierten Werbetafeln sorgen auch für einen erheblichen Strom-, die analogen Anzeigen für einen ebensolchen Papierverbrauch. „Fest steht: Es handelt sich um einen Ressourcenverbrauch, der schädlich und unnötig ist“, so Initiator Martin Weise in einem früheren Interview mit der Taz. Die Tafeln, denen man sich oft kaum entziehen kann, sorgen außerdem für zusätzliche Ablenkung im Straßenverkehr und somit für weniger Verkehrssicherheit. Und auch inhaltlich sind die Werbetafeln immer mal wieder zu beanstanden.
Name: | Freie und Hansestadt Hamburg |
Fläche: | 755,2 km² |
Anzahl LED-Tafeln im Stadtgebiet: | rund 4000 |
Stromverbrauch: | ab etwa 23.000 kWh im Jahr je Tafel |
Hamburg werbefrei: Ein Stromverbrauch wie 30 Haushalte – pro LED-Tafel
Nun ist es keineswegs so, dass Werbung uns alle nicht alltäglich überallhin begleiten würde. Doch einen wesentlichen Unterschied zwischen beispielsweise Werbung im Netz und den LED-Boards im öffentlichen Raum, erläuterte der Initiator der Initiative „Hamburg werbefrei“, Martin Weise, bei Hamburg 1: Man könne ihr nicht entkommen. Natürlich gibt es die Möglichkeit wegzuschauen, doch anders als durch beispielsweise mittels eines Pop-up-Blockers im Internet gar nicht erst ausgespielte Werbung, ist die Werbung im öffentlichen Raum immer da – seit Jahrzehnten. Mittlerweile gibt es sogar eine Ausstellung: Plakate von Litfaßsäule bis heute*, berichtet merkur.de.
Und ein Entkommen auch ob der Größe gar nicht so einfach: Die sogenannten „Megalights“ seien so groß wie zwei Tischtennisplatten, heißt es in der taz. Dazu kommen noch viele kleinere Tafeln. An den St. Pauli Landungsbrücken sind es alleine fünf, wie eine Ortsbegehung von Hamburg 1 und Martin Weise zeigen. Rund 23.000 Kilowattstunden (kWh) Strom verbrauche eine Tafel im Jahr, heißt es in dem Betrag, das sei etwa so viel Strom wie 30 Haushalte. Bei den Megalights liege der Verbrauch laut der Tageszeitung so gar bei 46.000 kWh im Jahresdurchschnitt. Energie, die man einfach einsparen könne, so Weise.
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Hamburg werbefrei: Es geht auch um die Frage, wem die Stadt gehört – Antwort von Senat nicht zufriedenstellend
Zusammen mit der Die Linke kämpft die Initiative seit mehr als einem Jahr für ein Verbot der LED-Tafeln. Eine Große Anfrage an den Hamburger Senat im März 2021 durch eben Die Linke verlief allerdings enttäuschend: „Auf vieles, wie Verkehrssicherheit, Stromverbrauch und die Zustimmung der Bürger wurde gar nicht erst eingegangen“, so Weise der taz. Nun soll ein Volksentscheid dafür sorgen, dass die Tafeln abgeschafft werden. Ein generelles Verbot von Werbung im öffentlichen Raum wolle sie ausdrücklich nicht. Doch es geht ihr eben nicht nur um die Frage, in welcher Form und Häufigkeit welche Produkte und Dienstleistungen beworben werden. Sondern dass generell der öffentliche Raum, der allen gehöre, von Firmen vereinnahmt werde.

Hamburg werbefrei: Pachtverträge für Flächen laufen aus – Vorbild ist Genf
Ende 2023 laufen die Pachtverträge der Flächen aus. Sie sollen nach Willen der Initiative erst gar nicht verlänger, neue gar nicht erst genehmigt werden. Dann könnte Hamburg tatsächlich werbefrei sein, wie es die Schweizer Stadt Genf ab 2025 sein wird. Das berichtet die Hamburger Morgenpost. Wie das aussehen könnte, wurde im Bezirk Hamburg-Nord bereits im letzten Herbst untersucht. Und zwar von Studierende verschiedener Universitäten, die unter dem Projektnamen „Dialog: Werbefreie Stadt?“ die Frage nach Gestaltungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum in Bürgerbefragungen neu gestellt hatten. „Es soll Alternativen zum aktuellen Straßenbild aufzeigen“, erklärte die Initiatorin des Projekts, Liv Schnoor, damals gegenüber der Mopo. *24hamburg.de und merkur.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.