Keine Lust mehr auf Querdenker-Image: Große Freiheit 36 hat neuen Geschäftsführer
Wegen Nähe zur Querdenker-Szene schlug dem Hamburger Club Große Freiheit 36 massive Kritik entgegen. Jetzt hat die legendäre Spielstätte einen neuen Geschäftsführer.
Hamburg – Die Betreiber der Hamburger Musikclubs „Docks“ und „Große Freiheit 36“ hatten inmitten der Corona-Pandemie durch die Kritik an den behördlichen Maßnahmen für bundesweite Schlagzeilen gesorgt. Stein des Anstoßes ist unter anderem eine sogenannte Wandzeitung an der Fassade des legendären Clubs „Große Freiheit 36“ in einer Nebenstraße der Reeperbahn gewesen, durch die Verschwörungstheorien unwidersprochen Verbreitung fanden.
Name: | Große Freiheit 36 |
Adresse: | Große Freiheit 36, 22767 Hamburg |
Gegründet: | 19. September 1985 (unter diesem Namen) |
Bekannte Künstler: | Neil Young, Pearl Jam, Die Fantastischen Vier, Rio Reiser, Marius Müller Westernhagen u.a. |
Hamburger Kulturschaffende distanzieren sich von Clubs Docks und Große Freiheit 36
Die daraus resultierende Auseinandersetzung zwischen Konzertveranstaltern, Künstlern und der Hamburger Initiative Clubkombinat gipfelte nicht nur in einer Distanzierung Kulturschaffender zu den Clubs, wie unter anderem in einer Meldung des RND (Redaktionsnetzwerk Deutschland) nachzulesen war. Selbst musikalisch wurde die Thematik verarbeitet, und zwar im Song „War was“ der Hamburger Rapband Neonschwarz. Da heißt es: „In der Freiheit spielen jetzt leider nur noch Nena oder Wendler.“
Clubkombinat Hamburg wirft Große Freiheit 36 und Docks raus
Die Interessenvertretung Hamburger Clubs, das Clubkombinat, beschloss außerdem den Ausschluss der beiden Spielstätten infolge des Skandals. Jan Freitag kommentierte bei MitVergnügen Hamburg den Skandal und überschrieb ihn mit einem Titel, der die Gedanken nicht weniger Hamburger Kulturschaffender wiedergeben haben dürfte: „Meidet das Docks, ächtet die Freiheit – wenn Verzweiflung in Verschwörung endet“ hieß es dort.
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Große Freiheit 36: Neuer Geschäftsführer betont Wertekanon des Clubs
Zumindest versicherte das der neue Geschäftsführer der Location, Benny Dianat, in der einst auch die Beatles während ihres Hamburg Aufenthalts spielten, in einer Mitteilung. Dianat war einst, wie 24hamburg.de-Recherchen ergaben, Geschäftsführer der Sicherheitsfirma „Security Große Freiheit“; stellte gleich für mehrere Clubs in der Partystraße auf St. Pauli das Türpersonal. Auch stand der heutige Geschäftsführer des Musikclubs der R & F Kiosk Betreibergesellschaft vor.

Dianat teilte nun mit, dass die Wände des Clubs „kein Forum für politische Botschaften“ mehr seien und spielte damit auf die eingangs erwähnte Wandzeitung an. „Wie die meisten Konzertlocations hat unser Haus zwei turbulente Jahre hinter sich“, heißt es weiter. Nicht nur wirtschaftlich habe der Club gelitten, sondern auch dessen Image. Dianat betonte den „klaren Wertekanon. Wir sind gegen Rechts, gegen Homophobie, für Diversität, für Inklusion, für Gleichbehandlung und für Frieden“, des Clubs und der Location „Kaiserkeller“, die sich im Keller der „Große Freiheit 36“ befindet.
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Große Freiheit 36: Hamburger Corona-Leugner Anselm Lenz in Umfeld des Clubs
Der Club hatte in den vergangenen Jahren nicht nur nach Außen Querdenker-Positionen durch die Wandzeitung oder Äußerungen des vormaligen Betreibers Karl-Hermann Günther getragen. Auch die Räumlichkeiten selbst stellte Günther der Querdenker-Szene zur Verfügung. Erst vor wenigen Wochen noch lud ein Plakat des sogenannten „Demokratischen Widerstands“ (DW) zu einer „Gala“ für den 19. Mai 2022 in die „Große Freiheit 36“ ein, berichtet Rechtsextremismus-Experte Andreas Speit in der taz. „Demokratischer Widerstand“ ist auch der Name einer seit dem Frühjahr 2020 erscheinenden Wochenzeitung, hinter der unter anderem der Hamburger Dramaturg und ehemalige Mitgründer der Bar „Golem“ am Fischmarkt (mittlerweile geschlossen), Anselm Lenz, steht.

Heute ist Lenz einer der Köpfe der bundesweiten Querdenker-Szene und unter anderem Mitorganisator der „Hygiene-Demos“ am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz gewesen, schreibt die taz. Wegen Verunglimpfung des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn, durch ein Titelblatt des DW, verurteilte ihn das Amtsgericht Berlin-Tiergarten im April 2022 zu einer Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro, berichtet der rbb.
Große Freiheit 36: Gala mit Ken Jebsen, Nähe zu Jürgen Elsässer
Auch Autoren und Autorinnen der Neuen Rechten veröffentlichten in der Zeitung. Lenz selbst umgibt sich mit Szene-Größen wie Martin Sellner und Herausgeber der Monatszeitschrift „Compact“ Jürgen Elsässer, einem der führenden Köpfe der Neuen Rechten in Deutschland. „Compact“ gab Lenz bereits ein Interview, auch auf KenFM war Lenz zu hören. Dessen Gründer Ken Jebsen war auch als einer der Gäste für die Gala im Mai 2022 angekündigt. Nun hat die Große Freiheit 36, von dem Club hatte sich unter anderem auch Karsten Jahnke Konzerte oder das Reeperbahn-Festival distanziert, also einen neuen Geschäftsführer. Ob mit Karl-Hermann Günther auch das Querdenkertum gegangen ist, bleibt abzuwarten.