Drohbrief, Z-Symbole und Antisemitismus: Eine Familie aus Hamburg kämpft

Sie sind weltoffen, haben einen Platz für eine ukrainische Familie geschaffen. Nun wird die Familie aus dem Hamburger Stadtteil Neuallermöhe bedroht. Der Schock sitzt tief.
Hamburg – Vor 1,5 Monaten hat die Familie von Thomas eine ukrainische Familie auf der Flucht vor dem Angriffskrieg der Russen in seinem Reihenhaus in Neuallermöhe im Hamburger Bezirk Bergedorf aufgenommen. Mit einer ukrainischen Flagge zeigte die Familie von Thomas ihre Solidarität mit den Ukrainern. Doch scheinbar teilte diese weltoffene Einstellung nicht jeder im Bezirk Bergedorf.
Über Ostern ist Thomas mit seiner Familie verreist. Ein klassischerer Osterkurzurlaub. Am Ostersonntag war der Kurztrip vorbei. Die Familie wieder zurück in Hamburg-Neuallermöhe. Als Thomas seinen Briefkasten öffnet, fällt ihm ein Drohschreiben in die Hand. Er, seine Familie und auch seine ukrainischen Gäste werden mit dem Tode bedroht. Nazivergleiche werden gezogen.
Polizei und Staatsschutz ermitteln: Z-Symbole sind in Hamburg-Bergedorf keine Seltenheit mehr
Im Drohschreiben steht folgendes – Rechtschreibung und Grammatik sind aus dem Drohbrief übernommen: „Den der nächste Winter kommt und wenn wir, dank den Untermenschen aus Osten und dir gleichen, Nachteile am unserem Leben haben werden dann werden wir die ‚Öffen‘ die seit 75 Jahren Außer betrieb sind wieder anfeuern. Genug „Brennmaterial“ haben wir ja.“
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Thomas ruft sofort die Polizei Hamburg an, fragt um Rat und bittet um Hilfe. Zusammen mit dem Staatsschutz werden Zeugen befragt, Flugblätter mit einem Zeugenaufruf ausgehängt. Die Ermittlungen laufen sofort an. Die Beamten raten Thomas zunächst dazu, die ukrainische Flagge wieder abzuhängen. Zu groß scheint die Gefahr einer Attacke.

Inzwischen ermittelt die Polizei nicht nur in diesen Fall. Im gesamten Bezirk Bergedorf wurden über Ostern diverse „Z-Symbole“ auf Gebäude, Containern, Bushaltestellen gesprüht. Inzwischen hat die Polizei schon mehrere Verfahren aufgrund der „Z-Symbole“ eingeleitet.
Drohbrief gegen deutsche und ukrainische Familie
Das Entsetzen in der weltoffenen Familie aus Neuallermöhe ist groß. Die aufgenommene ukrainische Familie fragt inzwischen schon nach einer staatlichen Unterkunft. Sie wollen Thomas und seinen Kindern nicht zur Last fallen und nicht „Schuld“ sein, wenn was passieren sollte. Die Tochter bricht daraufhin in Tränen aus. Sie ist schockiert, wie man so etwas schreiben kann.
Meine Lehrerin hat dem oder den Verfassern eine 5 Minus als Note für ihre Rechtschreibung verpasst.
Nun, nachdem diverse Nachbarn ihre Solidarität mit der Familie gezeigt haben, hängt Thomas die ukrainische Flagge wieder raus. „Wir können uns aber auch nicht unterkriegen lassen und haben die Fahne daher am Donnerstagabend wieder aufgehängt“, so Thomas. Auch seine Tochter kann inzwischen über den Drohbrief lächeln. „Meine Lehrerin hat dem oder den Verfassern eine 5 Minus als Note für ihre Rechtschreibung verpasst“, lacht die Schülerin. Inzwischen haben Nachbarn der Familie eine Fahrraddemo für Samstag, 23. April 2022, organisiert. Das freut die betroffene Familie sehr und hilft den Schreck zu verarbeiten.
Dennoch: Das Drohschreiben an die deutsche sowie ukrainische Familie nimmt die Polizei Hamburg ernst. Der Staatsschutz hat sich mit den Ermittlungen befasst und hofft auf Zeugenaussagen aus der Nachbarschaft. Was besonders schockiert: An der Gretel-Bachmann-Schule in Hamburg-Neuallermöhe verziert ein Z-Symbol schon seit längeren die Turnhalle der Schule. Bislang wurde das Zeichen aber weder übermalt, noch abgedeckt. Warum? Unklar.