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„Das ist absurd“: Bundesjustizminister kritisiert Verwaltung nach Messer-Attacke in Brokstedt

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Von: Steffen Maas

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Nach der Messer-Attacke in Brokstedt schaltet sich jetzt auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ein. Er hinterfragt die Zusammenarbeit der Behörden – und bietet Verbesserungsvorschläge.

Berlin/Hamburg – Bei der mühevollen Aufarbeitung des Messer-Attentats in einem Regionalzug in Brokstedt schaltet sich jetzt auch die Bundesregierung ein: Justizminister Marco Buschmann (FDP) sieht den Fall des mutmaßlichen Messerangreifers von Brokstedt als Beleg dafür, dass der Informationsfluss zwischen Strafverfolgern und Ausländerbehörden verbessert werden muss.

Name:Anna Gesche Lydia Gallina
Geburtsdatum und -ort:22. Juni 1983 in Hamburg
Partei:Bündnis 90 / Die Grünen
aktuelles Amt:Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz (seit 2020)

„Das kann nicht sein“: Abschiebung offenbar gescheitert – weil Brief nicht zustellbar war

Zwar sei vor der Tat ein Verfahren eingeleitet worden, um Ibrahim A. des Landes zu verweisen, sagte Buschmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Dienstag. Die rechtlich vorgeschriebene Anhörung des Mannes sei aber offenbar daran gescheitert, dass die zuständige Behörde ihn nicht erreicht habe – selbst dann nicht, als er bereits wegen eines anderen Tatvorwurfs in Hamburg in Untersuchungshaft saß und damit unter Kontrolle der Strafverfolgungsbehörden stand.

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„Das kann nicht sein“, kritisierte Buschmann. „Gerade jemandem, der sich mit seiner Gefährlichkeit regelrecht brüstet, darf eine Untersuchungshaft nicht zum Vorteil gereichen. Das ist absurd.“ Sein Ministerium habe den Justizressorts der Länder einen Vorschlag gemacht, wie Strafverfolgungs- und Ausländerbehörden enger zusammenarbeiten könnten, auch um ähnliche Fälle wie den in Brokstedt zu verhindern.

Bundesjustizminister Marco Buschmann FDP schaltet sich in die Debatte um die Messerattack in Brokstedt ein
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wünscht sich nach der Messerattacke in Brokstedt eine bessere Zusammenarbeit der Behörden. Der Druck auf Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) wächst derweil. (24hamburg.de-Montage) © Kay Nietfeld/dpa/Marcus Brandt/dpa

Bundesjustizminister Buschmann wird konkret: Haftbefehle sollen auch bei der Ausländerbehörde ankommen

So sollten Ausländerbehörden künftig nicht nur über den Erlass und die Aufhebung eines Haftbefehls informiert werden, sondern auch über die tatsächliche Inhaftierung oder Haftentlassung der betreffenden Person. „Insbesondere die Anschrift der Haftanstalt und auch die Entlassungsanschrift wären mitanzugeben“, erklärte Buschmann. „Die Durchführung von Anhörungen und den gegebenenfalls folgenden Abschiebungen dürfen nicht daran scheitern, dass Ausländerbehörden über diese Umstände nicht informiert sind.“

Ibrahim A. soll am 25. Januar in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg mit einem Messer auf andere Fahrgäste eingestochen haben. Zwei junge Menschen starben, fünf weitere wurden teils schwer verletzt. Knapp eine Woche zuvor war der 33-Jährige aus der U-Haft in Hamburg entlassen worden. Die Behörden in beiden Bundesländern – Hamburg und Schleswig-Holsteinschieben sich in Bezug auf den Umgang mit dem mutmaßlichen Täter gegenseitig die Verantwortung zu.

Unverständnis bei Bundesinnenministerin und Opposition in Hamburg – Rücktrittsforderungen werden laut

Im Anschluss an die Tat hatte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser Unverständnis über das Zustandekommen geäußert: „Wie konnte das passieren, dass er trotz so vieler Vorstrafen nicht länger in einer Justizvollzugsanstalt war?“, fragte Faeser, die mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nach Brokstedt gekommen war. Nun müsse geklärt werden, wie es passieren konnte, „dass er so früh aus der Untersuchungshaft wieder entlassen wurde“, sagte Faeser, und „warum Menschen, die so gewalttätig sind, noch hier in Deutschland sind“.

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In Hamburg wird seitdem Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) mit Kritik und mittlerweile auch konkreten Rücktrittsforderungen der politischen Opposition konfrontiert. „Wenn es sich bewahrheitet, dass Ibrahim A. in der Haft mit Attentaten drohen konnte und trotzdem ohne Konsequenzen auf freien Fuß gesetzt wurde, wird Justizsenatorin Anna Gallina nun endgültig nicht mehr zu halten sein“, erklärte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Auch die justizpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cansu Özdemir, forderte Gallina auf, Konsequenzen zu ziehen: „Sie muss sich fragen, ob sie nach all den früheren Problemen rund um ihre Person und ihre Behörde und angesichts der Tat in Brokstedt in der Lage ist, ihr Amt weiter auszuüben. Es reicht jetzt.“

Aktuell diskutieren Verwaltung und Politik, eine erneute Sondersitzung des Justizausschusses einzuberufen. Der wird auch von den Hamburger Grünen unterstützt – auch, wenn im Rahmen der Ermittlungsarbeit behutsam mit Informationen umzugehen sei. „Zugleich hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse an Aufklärung und Einordnung von neuen Details in Strafprozessen“, sagte die justizpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Lena Zagst. (dpa)

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