Das gläserne Gesetz: Rot-Grün will Lobby-Verbindungen offenlegen
SPD und Grüne bringen in Hamburg ein Lobbyregister auf den Weg. So soll transparent sein, welche Gruppen an Gesetzen beteiligt sind. Experten begrüßen die Pläne.
Hamburg – SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter Transparenz in die Lokalpolitik bringen: In der Bürgerschaftssitzung am Mittwoch, 24. Mai 2023, brachten die rot-grüne Mehrheit mit breiter Unterstützung der restlichen Fraktionen ihr Konzept für ein Lobbyregister auf den Weg. Hamburgerinnen und Hamburger könnten dann in einer Datenbank nachvollziehen, welche Unternehmen und Interessensgruppen in welchem Maße an der Erstellung von Gesetzen mitgewirkt haben – das solle für mehr Vertrauen in politische Prozesse sorgen. Experten bewerten das Vorhaben gegenüber 24hamburg.de optimistisch, sehen aber auch noch ungeklärte Fragen.
Name: | Hamburgische Bürgerschaft |
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Art: | Landesparlament |
Sitzungsstätte: | Hamburger Rathaus |
Regierungsparteien: | SPD und Grüne |
„Transparenz und Vertrauen stärken“: SPD und Grüne in Hamburg wollen Lobby-Verbindungen offenlegen
In der Schule lernt man: Politiker schreiben Gesetze, stimmen über sie ab und die Regierung setzt sie dann um. Dabei sollen Politiker natürlich im Sinne der Bürger handeln, die sie vertreten. Doch, die Bürger, das sind viele Menschen mit vielen unterschiedlichen Interessen – und manche von ihnen sind besser darin, ihre Vorlieben der Politik nahezubringen als andere. Das ist Lobbyismus und wird zum Problem, wenn gut organisierte Gruppen mit ihrem Einfluss so Gesetze bewirken, die eigentlich gar nicht der Mehrheit helfen.

SPD und Grüne in Hamburg sind sich daher sicher: Damit Hamburgerinnen und Hamburger wirklich Vertrauen in die Politik haben können, darf nicht mal der Eindruck entstehen, dass gut vernetzte Gruppen ihre Interessen zulasten des Gemeinwohls durchsetzen könnten. Und genau da soll ein Lobbyregister helfen, das die rot-grünen Fraktionen Mittwoch, 24. Mai, in der Hamburgischen Bürgerschaft auf den Weg gebracht haben.
Lobbyregister in Hamburg: Anmeldung bei öffentlich einsehbarer Datenbank Pflicht vor Politikkontakt
Das Lobbyregister soll eine öffentlich einsehbare Datenbank sein, in die sich Interessensvertretungen verpflichtend eintragen müssen, bevor sie ihr Anliegen bei Politikern anbringen. Zusätzlich soll es einen legislativen und exekutiven Fußabdruck zum Nachlesen geben: Wenn also jemand anderes als Politiker an einem Gesetz mitgewirkt haben sollte, wäre das und der Umfang des Einflusses klar vermerkt.
„Lobbyismus beziehungsweise organisierte Interessenvertretung gehört zu einer offenen und pluralistischen Gesellschaft“, schreiben die SPD- und Grünen-Politiker in ihrem Antrag. Klar sei aber auch, dass nicht jedes Interesse gleichermaßen organisiert und durchgesetzt werden könne. Damit nicht mal der Verdacht aufkomme, dass die Interessen der Lobbyisten, die bei den Politikern ein und aus gehen, mehr Berücksichtigung finden als die der unorganisierten Bürger, soll jetzt das Lobbyregister für Transparenz sorgen.
Lobbyismus-Beobachter von „LobbyControl“ freuen sich: „Antrag weist in eine gute Richtung“
Lob gibt es für das Bestreben von kritischen Beobachtern des Lobbyismus: „Wir begrüßen die Pläne in Hamburg für ein verbindliches Lobbyregister und einer Regelung für eine Lobby-Fußspur für Gesetze sehr“, unterstreicht Timo Lange, Pressesprecher des gemeinnützigen Vereins „LobbyControl“ auf Anfrage von 24hamburg.de. Besonders freut die Experten, dass der aus der Bürgerschaft heute an den Hamburger Senat überwiesene Antrag kein zahnloser Papiertiger wäre:
Der Antrag weist in eine gute Richtung, betont beispielsweise, dass es Sanktionen bei Verstößen gegen Transparenzpflichten geben soll.
Die Hansestadt zeige damit in dem Thema erneut eine Initiative, die bundesweit führend ist: „Hamburg hat hier die Chance, wie schon mit dem Transparenzgesetz, unter den Bundesländern eine Spitzenposition einzunehmen, wenn es um Lobbytransparenz geht“, schätzt Timo Lange von „LobbyControl“ die hanseatischen Bemühungen ein. SPD und Grüne verwiesen ebenfalls darauf, dass man mit dem Transparenzgesetz schon 2012 unter einem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) „eine Vorreiterrolle im Bereich der Informationsfreiheit und der Transparenz eingenommen“ habe.
Auf die Details kommt es an: „LobbyControl“ hofft noch auf Nachbesserungen bis zur Fertigstellung
Doch in der Bürgerschaft wurde am Mittwoch fast einstimmig nur die Verwaltung beauftragt, das Unterfangen anzugehen – bis zum fertigen Lobbyregister können sich daher noch wichtige Details ändern, manche finden aktuell noch gar keine Erwähnung. Zumal, wie die Linksfraktion kritisierte, der Senat von der Bürgerschaft keinen zeitlichen Rahmen für die Vorlage eines konkreten Gesetzesentwurfes mit auf den Weg bekommen hat.
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Timo Lange und „LobbyControl“ treten daher noch etwas auf die Bremse: „Viele Fragen sind aber noch offen und auf die Details kommt es mitunter an. So gehört zu einem guten exekutiven Fußabdruck auch eine Veröffentlichung von Lobbyterminen der Landesregierung, also mit wem Gespräche zu einem Gesetz stattgefunden haben. Es wird aus dem Antrag nicht deutlich, ob das derzeit geplant ist oder nicht.“