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Chaos auf der Alster: „Wenn es so weitergeht, gibt es bald Tote“

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Von: Mark Stoffers

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Auf der Alster in Hamburg herrscht wieder Chaos: Nun schlägt jemand Alarm, der die Alster wie seine Westentasche kennt – und der Schlimmes für sie befürchtet.

Hamburg – Chaos auf der Alster. Das Binnengewässer ist nicht nur beliebtes Ziel von Touristen, sondern ein Fixpunkt für Hamburger. Die Bewohner der Hansestadt machen hier Spaziergänge, schlürfen Kaffee oder treiben Sport in allen Variationen.

Fluss:Alster
Länge:56 km
Fläche:587 km²
Quelle:Henstedt-Ulzburg
Mündung:Elbe
Städte:Hamburg

Stand-up-Paddling, Kanufahren oder Rudern sind nur einige Freizeitaktivitäten, die an schönen Sommertagen für reges Treiben um und auf der Alster sorgen. Doch nun schlägt einer Alarm, der die Außenalster wie sein zweites Zuhause kennt.

Chaos auf der Alster: Hamburger Christian Dahlke spricht Klartext – „Wenn es so weitergeht, wird es bald Tote geben“

Christian Dahlke rudert bereits sein 1983 auf dem Hamburger Fluss und die zunehmende Gefahr und das damit verbundene Chaos stoßen dem 13-maligen deutschen Rudermeister übel auf. „Wenn es so weitergeht, wird es bald Tote geben“, gibt er seine ernste Einschätzung gegenüber dem Hamburger Abendblatt ab. „Die Stadt muss jetzt für die Alster handeln. Bald.“ Denn sonst könnte es zum Super-Gau kommen.

Sorgen bereiten dem selbstständigen Hamburger Sportberater, der schon Größen wie Bundeskanzlerkandidat Olaf Scholz oder ZDF-Moderator Markus Lanz unter seine Fittiche genommen hat, das Chaos auf der Alster. Hervorgerufen wird dies durch das massive Gedränge im Alsterbecken und den Kanälen, die an heißen Tagen aus allen Nähten platzen.

Auf die Palme bringt Dahlke besonders, dass die Hansestadt noch immer kein Konzept entwickelt hat und geradewegs, ja beinahe blauäugig, auf eine mögliche Katastrophe zusteuert. Dabei ist das Problem längst bekannt.

Alster-Chaos: Unfälle zwischen Hamburger Ruderern und Freizeitsportlern – „die ganz große Katastrophe“ nur eine Frage der Zeit?

Und Dahlke beobachtet es fast jeden Tag. Auf Einzel- und Trainingsfahrten bekommt er mit, dass Rudernde den Schwimmerinnen und Schwimmern in den Kanälen nur „um Haaresbreite“ ausweichen konnten. Und zeigt auf, was ein Paddelschlag bei Schwimmern anrichten könnte, die vom Boot aus nur schwer auszumachen sind.

„Wenn man sich vorstellt, dass ein 100-Kilo-Mann durch einen Alsterkanal pullt, wird klar, mit welcher Kraft solche Ruder durchs Wasser gezogen werden.“

Gleichzeitig verweist aufgrund fehlender Regelungen auf Beinahezusammenstöße, die bisher nicht noch schlimmer geendet sind, obwohl es auch schon wirklich „geknallt“ hat. Dabei habe es auch Verletzte gegeben, „die ganz große Katastrophe“ sei aber ausgeblieben – „noch“.

Hamburger Senat weiß um die Problematik auf der Alster – Bürgerschaft drängt auf Lösung für Außen- und Binnenalster

Bereits im vergangenen Herbst hatte die rot-grüne Koalitionsmehrheit in der Bürgerschaft den Hamburger Senat dazu gedrängt, „Lösungen zu entwickeln, um weiterhin die aktive Freizeitnutzung der Hamburger Gewässer im Einklang mit den Anforderungen von Artenschutz, Naturschutz und Lärmschutz zu ermöglichen“. Darüber hinaus wurde der Senat zur Prüfung aufgefordert, wie und ob das Baden an ungeeigneten Stellen unterbunden werden könne.

Menschen sind in der Abendsonne mit Stand-Up Boards, Kanus, Ruderbooten und Segelbooten auf der Alster unterwegs
Freizeitchaos in Hamburg: Tummeln sich zu viele junge Leute in der Alster? © Christian Charisius/dpa

Getan hat sich bisher aber nichts. Ganz im Gegenteil. Denn erst kürzlich hatte sich die Umweltbehörde dahingehend geäußert, dass nach ausführlicher Beratung mit zahlreichen Beteiligten derzeit kein Anlass für regulierende Maßnahmen bestehe. Stattdessen folgte ein Appell, dass jeweilige Gruppen sich umsichtig verhalten und Rücksicht aufeinander nehmen sollten.

Ganz nach dem Motto: Hoffen auf das Beste!

Tretboote, SUPs und Kanalfahrten auf der Alster: Gefahrensituationen haben sich in den vergangenen Jahren potenziert

Und genau hier fehlt Dahlke genau die angesprochene Um- beziehungsweise Rücksicht der Verantwortlichen für die Gefahrensituationen, die er jeden Tag auf der Alster zu sehen bekommt. Solche Gefahrensituationen hätten sich in den vergangenen Jahren deutlich potenziert, ließ Dahlke gegenüber dem Abendblatt verlauten.

Den Grund hierfür sieht der ehemalige Leistungssportler, der an 12. Ruder-Weltmeisterschaften teilgenommen hat, in der steigenden Anzahl an Freizeitsportlern. Ausweichmanöver seien immer schwerer auszuführen – zumal viele unerfahrene Hobbyruderer und -paddler in den Kanälen kaum Platz für Vereinsruderer ließen, die in der Regel mit höherem Tempo unterwegs seien. Mit den Standup-Paddlern (SUPs) kam in den letzten Jahren noch ein weiteres Verkehrsmittel zu Tretbooten, Ruderern und Alsterschiffen für Kanalfahrten hinzu.

Freizeitchaos auf der Alster: „Mit so vielen verschiedenen Verkehrsteilnehmern, hätten wir schon 25 Schilder“

„Ich verstehe das gar nicht“, sagt Dahlke dem Abendblatt und schlägt eine Brücke zum Hamburger Straßenverkehr. „Wenn es um verstopfte Straßen mit so vielen verschiedenen Verkehrsteilnehmern ginge, hätten wir schon 25 Schilder. Und bei dem Freizeitchaos hier geschieht gar nichts.“

Aber anstatt tatenlos auf die „Katastrophe“ zu warten, nahm Dahlke das Steuer selbst in die Hand und holte den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Markus Schreiber ins Boot. Der ehemalige Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte wiederum kam mit dem umweltpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Alexander Mohrenberg, im Gepäck zu einem gemeinsamen Gespräch.

Das Fazit der Unterhaltung: ein Vier-Punkte-Plan. Diesen sieht der SPD-Politiker Schreiber als eine Art „Hilfestellung“ für die von den Grünen geführte Umweltbehörde.

Blick für Gefahrensituationen auf der Hamburger Alster schärfen

Selbstverständlich könnten böse Zungen behaupten, dass diese „Überregulierung“ darauf abzielt, jeden Spaß im Keim zu ersticken. Doch das Trio aus Christian Dahlke und SPD-Politkern Markus Schreiber und Alexander Mohrenberg will auf Probleme hinweisen, bevor es zu ernsten Verletzungen oder gar dem Allerschlimmsten kommt.

„Wir verstehen das als Vorschläge, aus denen sich Gutes entwickeln kann“, erklärt Mohrenberg. Und Schreiber fügt gegenüber dem Abendblatt hinzu: „Es geht uns nicht darum, etwas zu verbieten, sondern den Blick für die Gefahrensituationen zu schärfen.“

Die Umweltbehörde bekräftigte derweil, das Thema erst im Herbst auf der Agenda zu haben. Bleibt also abzuwarten, ob sich hier überhaupt etwas bewegt.

Aber mit Hoffen und Bangen, dass die Katastrophe nicht in diesem Sommer eintritt, ist es eigentlich nicht getan. Denn tödliche Badeunfälle gab es in und um Hamburg wie in der Elbe leider genug in den vergangenen Wochen. Da wäre ein aktives Handeln der Politik mit vorbeugenden Maßnahmen doch mal eine willkommene Abwechslung an heißen Sommertagen, bevor es wirklich zu der von Dahlke prophezeiten „Katastrophe“ kommt. * 24hamburg.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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