Nach 120 Jahren ist Schluss: „Gasthaus zum Kiekeberg“ schließt für immer
Das Hamburger Umland muss sich von großer Familientradition verabschieden. Nach 120 Jahren schließt das Gasthaus zum Kiekeberg im Landkreis Harburg.
Rosengarten, Harburg– Das Hamburger Umland bietet zahlreiche Anlaufstellen für Tagesausflüge. Was südlich der Elbe Tradition hat: ein Besuch im Freilichtmuseum am Kiekeberg – und danach regionale Küche im Gästehaus zum Kiekeberg genießen. Gäste heben das leckere Essen, die schöne Aussicht und die „nette, aufmerksame“ Bedienung hervor. Ein Klick auf die Google-Bewertungen zeigt, dass das Lokal gut ankommt. Das tut es schon seit langer Zeit. Eine Institution, die seit mehr als 120 Jahren das Hamburger Umland der Harburger Berge prägt. Anfang Oktober ist jedoch Feierabend. Schweren Herzens müssen die Betreiber Abschied vom Familienlokal nehmen.
Lokal: | Gasthaus zum Kiekeberg |
Adresse: | Am Kiekeberg 5, 21224 Rosengarten |
Telefon: | 040 7905021 |
Landkreis: | Harburg |
Landkreis Harburg: „Gasthaus zum Kiekeberg“ schließt Anfang Oktober – nach 120 Jahren Familientradion
Die Corona-Pandemie hat in der Gastronomie Spuren hinterlassen. Manche Restaurants konnten sich nur mühevoll über Wasser halten, manche mussten bereits vor mehreren Wochen schließen – auch die Gastro-Branche in Hamburg ist davon stark betroffen. Eine harte Zeit war es für Restaurants alle Male – und ist es noch immer. Nicht nur Hamburgs Gastronomie leidet unter fehlendem Personal.
Mittlerweile, gut zweieinhalb Jahre nach Ausbruch des Coronavirus, hat sich Hamburgs Tourismusbranche allmählich wieder gefangen. In Hamburg sind erstmals wieder mehr Touristen als vor Corona. Davon profitiert zwangsläufig auch die Gastronomie – doch der Personalmangel macht der Branche nach wie vor schwer zu schaffen. Auch die alteingesessenen Traditionsbetriebe sind davon nicht ausgenommen. Coronabedingt muss der niedersächsische Landkreis Harburg, inmitten des Umlandes der Hansestadt Hamburg, Abschied von einer wahren Institution nehmen: Das Gasthaus zum Kiekeberg schließt nach 120-jähriger Familientradition.
Personalmangel in der Gastronomie: „Gasthaus zum Kiekeberg“ hatte zuletzt zu wenig Arbeitskräfte
Im August 2022 arbeiten hier nur noch zwei festangestellte Servicekräfte. In der Theorie müssten mit dem Fachpersonal, das Irma Schuster zur Verfügung steht, jedoch 280 Plätze bedient werden – 160 im Innen- und 120 Plätze im Außenbereich des Lokals. Die dünne Personallage belastet das altehrwürdige Gasthaus zum Kiekeberg.
Wie das Hamburger Abendblatt bereits vergangenen Monat berichtet hatte, wollte sich der 66-jährige Inhaber, Johannes Schuster, nach jahrzehntelanger Beschäftigung sukzessive aus dem Tagesgeschäft zurückziehen. Seine Tochter Irma jr. hilft aus – mittlerweile die fünfte Generation, die am Gasthaus arbeitet. Doch auf für die 37-Jährige wird der Job immer mehr zur Herausforderung. Es sei ein Balanceakt zwischen Arbeit und Privatleben – ihr Wunsch sei groß, mehr Zeit für ihren Mann und ihre drei Kinder zu haben.

„Gasthaus zum Kiekeberg“ schließt: „Stück Vielfalt im Umland Harburgs und Rosengarten verloren“
„So traurig es ist“, sagt Irma der „Bild“, kommt es Anfang Oktober nun also zur Schließung – nach 120 Jahren der Familientradition. Ausschlaggebend sei letzten Endes auch die dünne Personallage gewesen. Eine schwere Aufgabe sei es bereits überhaupt Arbeitskräfte zu finden, die außerhalb der Stadt arbeiten wollen. Ein anderes Problem erschwert die Situation jedoch um ein Vielfaches. In Zeiten der Pandemie, der vielen Lockdowns und Einschränkungen, haben sich viele ehemalige Mitarbeiter von der Gastronomiebranche entfernt, haben sich umschulen lassen – für einen sichereren Job.
Angesichts dieser Entwicklung mussten also bereits einige Hamburger Lokale schließen – ob Kultkneipe auf der Schanze oder ehemaliges Sterne-Restaurant in Winterhude. Anfang Oktober wird auch dem „Gasthaus zum Kiekeberg“ ein ähnliches Schicksal zuteil: „Wieder geht ein Stück Vielfalt im Umland Harburgs und Rosengarten verloren“, zitiert besser-im-blick.de Thomas Cordes, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) für den Kreisverband Landkreis Harburg.
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Harburg: Das Ende der Familientradition kann auch ein Neuanfang sein
Cordes beschreibt das tägliche Szenario am Harburger Kiekeberg bildlich: „Allein der einmalig schöne Blick vom Kiekeberg bis zur Skyline Hamburgs war dort schon einen Besuch wert. Und nirgendwo schmeckt der Butterkuchen nach dem Erfolgsrezept der legendären Chefin Irma Schuster senior besser als am Kiekeberg.“ Für die Familie Schuster bedeutet das Gasthaus zum Kiekeberg nicht zuletzt Tradition und Lebenswerk – eines, das sie dann doch nicht ganz aufgeben wollen.
Das Haus, das die Familie am Kiekeberg bezieht, bleibt. Das Gelände zu verpachten kommt für die Familie nach übereinstimmenden Medienberichten ohnehin nicht infrage. Stattdessen spielen Überlegungen eine Rolle, die den Verlust der Institution zumindest etwas auffangen könnten. Ihre Ferienwohnungen in den Harburger Bergen wollen sie zum Beispiel auch weiterhin vermieten. Hoffnung im Landkreis Harburg: Auch das Thema Gastro ist in Rosengarten am Ende dann doch noch nicht ganz vom Tisch. Nach „Bild“-Informationen sei etwa eine Rückkehr des Gasthauses gar nicht mal ausgeschlossen – dann vielleicht in Form eines Cafés. Das könne dann auch mit weniger Personal betrieben werden.