Nachbar „verbessert“ Hinweiszettel: „So wäre es auch möglich gewesen“

Ein Hinweiszettel an seiner Wohnungstür war einem Anwohner offenbar nicht höflich genug, weshalb er ungefragt einen Alternativvorschlag machte. Nicht bei allen kam das gut an.
Leipzig – Ein Anwohner in Leipzig fand vor kürzlich einen Hinweiszettel an seiner Tür. Der erschien ihm offenbar nicht höflich genug. Denn ganz im Sinne des Sprichworts „Der Ton macht die Musik“ formulierte er in einem eigenen Aushang die Anweisungen in einen freundlicheren Tonfall um. Online stieß dies auf viel Lob – aber es gab auch Kritik. Das Instagram-Profil von „Notes of Germany“ hatte die Interaktion am vergangenen Sonntag (7. Mai) geteilt. In der Kommentarspalte entbrannte eine Diskussion darüber, wie zielführend ein höflicherer Umgangston im Alltag wirklich ist.
Anwohner formuliert Hinweiszettel ungefragt um: „Würden Sie deshalb bitten...“
Ein Hinweiszettel an einer Wohnungstür in Leipzig wies die Anwohner in dieser Woche darauf hin, dass in Kürze Abbrucharbeiten im Eingangsbereich des Hauses beginnen würden. „Die Fahrräder sind bis dahin zu entfernen“, lautete die klare Anweisung. So weit, so informativ. Ein Anwohner des Hauses nahm diesen Zettel jedoch zum Anlass, seine Mitmenschen zum Thema Etikette aufzuklären. Und brachte seinerseits einen Zettel mit Verbesserungsvorschlägen an, mit dem Hinweis: „So wäre es auch möglich gewesen, minimaler Mehraufwand – maximaler Impact.“
„Liebe Anwohner:innen“, begann der alternative, gendernde Aushang des Anwohners. Man wolle mit den Arbeiten im Außenbereich beginnen und würde die Anwohner „deshalb bitten, Ihre Fahrräder für die Dauer der Arbeiten im Bereich der Müllcontainer zu parken. Vielen Dank für Ihr Verständnis“, so die freundlichere Formulierung, die der Anwohner direkt unter dem Original-Hinweiszettel an der Haustür anbrachte. Doch nicht alle waren von der höflicheren Version des Zettels begeistert. „Herrje“, der erste Zettel sei doch voll ok, lautete eine genervte Reaktion in der Kommentarspalte.
„Wer sowas wie unten schreibt, hat nie in der Dienstleistung oder im Handwerk gearbeitet“, lautete eine andere Meinung. Wenn man nicht schreibe: „Mach das weg oder es wird entfernt“, lasse jeder sein Gerümpel überall stehen, so der User auf Instagram weiter. „Da wäre ich lieber unfreundlich und am Ende sind die Fahrräder zumindest wirklich weg.“
Andere wiederum fanden die Verbesserungen gut: „Klar geht knapp und Kasernenton. Muss aber nicht – alle fühlen sich besser, wenn’s charmant läuft“, so ein weiterer Kommentar. Bei manchen kam indes keiner der Zettel besonders gut an. Er finde beide Texte unhöflich, meinte ein weiterer Instagram-Nutzer dazu.
Wie wichtig ist ein freundlicher Tonfall? Das sagt die Wissenschaft
Während die Kommentarspalte uneins war, ob ein freundlicher Tonfall wirklich zielführender gewesen wäre, kamen Forscher der Cardiff University diesbezüglich zu einem klaren Ergebnis. „Ein kontrollierend klingender Tonfall kann Widerstand statt Motivation hervorrufen“, fasste die Universität Mannheim die Ergebnisse des Forscherteams in Cardiff um Netta Weinstein zusammen. Deren Studie war im Jahr 2020 im wissenschaftlichen Fachmagazin Science Direct publiziert worden.
Die Wissenschaftler der Cardiff Universität ließen für ihre Untersuchung geschulte Sprecher verschiedene Sätze sagen – einmal in einem unterstützenden, ein anderes Mal in einem kontrollierenden Tonfall. Inhaltlich war das Gesagte immer gleich, beispielsweise: „Deine Noten werden sich verbessern.“ Die Studienteilnehmer gaben an, bei den kontrollierend gesprochenen Sätzen mehr Widerstand empfunden zu haben, als bei den unterstützend gesprochenen Sätzen. Demnach ist nicht nur die Wortwahl, sondern auch der Tonfall entscheidend, um Motivation für eine bestimmte Aufgabe auszulösen. Nachbarschaftsstreits werden häufig über Zettel ausgetragen. Der Tonfall des Geschriebenen ist manchmal unmissverständlich, oft aber auch eine Interpretation des Lesers oder der Leserin.