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Mit Übung und Fleiß zum Konditor: Lehre ist in Bremen gefragt

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Von: Martin Kowalewski

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Konditoreifachverkäuferin Heike Nothdurft zeigt an der Theke im Bremer Café Stecker eine Rübli-Torte, mit frisch geraspelten Karotten im Teig und dekorativen Marzipan-Karotten. Während das Bäckerhandwerk über Nachwuchsmangel klagt, sieht es im Bereich der Konditoren gut aus.
Konditoreifachverkäuferin Heike Nothdurft zeigt an der Theke im Bremer Café Stecker eine Rübli-Torte, mit frisch geraspelten Karotten im Teig und dekorativen Marzipan-Karotten. Während das Bäckerhandwerk über Nachwuchsmangel klagt, sieht es im Bereich der Konditoren gut aus. © Kowalewski

Mit gestiegenen Rohstoffkosten haben auch Bäcker und Konditoren in Bremen zu kämpfen. Und bei den Bäckern fehlt zudem der Nachwuchs, im Konditorhandwerk hingegen sieht es in dem Punkt besser aus.

Bremen – Der Preis für 100 Kilo Mehl hat im Januar des Vorjahres bei 31,50 Euro gelegen, aktuell werden 68,50 Euro fällig, sagt Bäckermeister Peter Büser, Obermeister der Bäckerinnung Bremen. Bäcker und Konditoren haben in der Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mit massiv gestiegenen Kosten zu kämpfen, wie die Bürger auch. Zudem wird’s bei den Bäckern beim Personal eng, während der Beruf des Konditors durchaus gefragt ist.

Die Energiepreise haben sich verdoppelt, sagt Büser. Mit der von Rot-Grün-Rot in Bremen beschlossenen Ausbildungsabgabe drohe eine weitere Belastung, so der Innungsobermeister. „Wir können die Preise nicht alle an die Verbraucher weitergeben“, sagt er. Büser ist mit dem Preisen in den vergangenen eineinhalb Jahren um 15 Prozent hochgegangen. Kunden seien weggeblieben, auch sie hätten überall mit höheren Kosten zu kämpfen. Büser spart verstärkt Energie, etwa durch LED-Licht oder das Ausschalten des Ofens zwischendurch.

Bäcker- und Konditorhandwerk: EDV kalkuliert die Preise

Jörn Beckmann, Bäcker- und Konditormeister, zudem Betriebswirt, hat drei Bäckereicafés in Farge (wo sich auch die Backstube befindet), Schwanewede und Ritterhude sowie einen klassischen Bäckerladen in Vegesack. Bei ihm wird jedes Produkt per EDV kalkuliert. Die Verkaufspreise werden sowohl nach oben als auch nach unten angepasst, allerdings nicht tagesaktuell. „Wir warten vier bis sechs Wochen“, sagt Beckmann. Er spricht von einer Verdopplung des Mehlpreises – und Mehl ist in 90 Prozent seiner Produkte verarbeitet.

Bei ihm werde zu 99 Prozent handwerklich gearbeitet. Als Fett werde nur Butter eingesetzt. Seine Produkte würden eher etwas mehr kosten, seine Zielgruppe könne sich das leisten. „Wir haben einen Run auf die Cafés“, sagt Beckmann. Die Nachfrage sei wieder groß, seitdem die Corona-Beschränkungen weggefallen seien.

Bernard Timphus, Konditormeister des Café Stecker in der Bremer City, erzählt, der Preis für Rohstoffe sei über 50 Prozent gestiegen, der für das Gewürz Kardamom habe sich sogar verdreifacht. Timphus muss den Preisanstieg weitergeben, denn die Umsatzrendite in der Branche läge bei nur vier bis sechs Prozent. Das könne man nicht abfedern, denn durch die Handarbeit vor Ort seien die Personalkosten der größte Kostenblock, so Bernard Timphus.

Konditorhandwerk in Bremen: Butter aus Asendorf

Konditoreierzeugnisse bestünden meist aus regionalen Produkten, in denen keine Arbeit aus Niedriglohnländern stecke, so der Konditormeister weiter. Er erklärt das am Beispiel eines Apfelkuchens: „Der Apfel kommt aus dem Alten Land. Dort befindet sich auch die Schälerei. Der Zucker kommt aus Norddeutschland, das Mehl von der Roland-Mühle, die Eier aus der Region und die Butter aus Asendorf“, so Timphus weiter. „Der Apfelkuchen ist von Anfang bis Ende ein Artikel nach unserem Lohnstandard.“ Die hier angebauten Lebensmittel stünden für ehrliche, nachhaltige Arbeit, ohne Benachteiligung von Menschen aus armen Ländern. Ausnahmen seien beispielsweise Schokolade und Kaffee. Dort seien Produkte mit hoher Qualität der Schlüssel für eine gute Verhandlungsposition der Bauern. „Gute Qualität sagt mir viel mehr als ein Siegel“, betont Timphus.

Und wie ist es um Fachkräfte in der Branche bestellt? Nun, die Lage ist alles andere als rosig, sagt Bäckermeister Büser. Er hat seit Jahren keinen geeigneten Bewerber mehr gefunden. „Etliche Schulabgänger haben keinen Abschluss.“ Für diese Fälle gebe es zwar eine Prüfung, „aber die bekommt man nicht geschenkt“, so der 65-Jährige. „Sie müssen schon in der Lage sein, die Prüfung zu bestehen.“ Da hapert es zum Beispiel bei den Grundrechenarten, aber die müssten sitzen.

„Man macht jeden Tag was Neues, kann kreativ arbeiten“, freut sich Büser über seinen Beruf. Allerdings sei an bestimmten Bedingungen, wie der Wochenendarbeit, nichts zu machen. Dazu komme der frühe Schichtdienst. Im Handwerk gebe es zwar eine große Palette, aber es werde alles in kleinen Stückzahlen produziert. Der Einsatz von Maschinen, die einen Teil der Arbeit automatisiert vorab erledigen, sei da nicht machbar.

Anders die Lage bei den Konditoren. „Die Konditorlehre ist nach wie vor nachgefragt, aber ich bekomme nicht mehr so viele Bewerbungen auf eine Lehrstelle wie früher“, sagt Timphus. Der Beruf biete viele schöne Momente, etwa, wenn eine Torte zu einer Hochzeit oder einem Geburtstag geliefert werde, schwärmt der Meister. Dann greift er im Gespräch zum Handy und zeigt Hobbykreationen auf Instagram, deren Fokus klar auf der Optik liegen. „Das ist nicht Konditorei, wie ich sie favorisiere“, sagt er. Ein junger Mensch, der drei Jahre seines Lebens in die Ausbildung investiert habe und eine solide Basis erreiche, müsse vielmehr können als das Dekorieren. Timphus nennt Beispiele: schwere und leichte Hefeteige, Honigkuchen, Trüffelmassen, Eis und Baumkuchen. „Wir haben 650 Artikel im Angebot“, sagt Timphus stolz. Und: „Konditorei lernt man nicht durch Youtube-Tutorials.“ Perfektion zu erreichen, brauche viel Zeit, Übung und Fleiß.

Bäcker- und Konditormeister Beckmann konnte bislang alle Lehrstellen besetzen, weil in seinen Betrieben auch in der Ausbildung ein hoher Grad der Handwerklichkeit gegeben sei. „Die Entscheidung für eine Ausbildung als Bäcker oder Konditor ist in der Regel eine bewusste Wahl“, sagt er. Das sei bei Bewerbungen im Verkaufsbereich anders. Und oft seien da die Qualifikationen nicht ausreichend.

Bremen: Offene Stellen im Bereich Back- und Konditorwarenherstellung

In der aktuellen Februar-Statistik der Agentur für Arbeit Bremen/Bremerhaven für Berufe im Bereich Back- und Konditorwarenherstellung stehen 34 Arbeitssuchende 14 gemeldeten offenen Stellen gegenüber. Im Bezirk Bremen-Stadt waren es 30 Arbeitslose. Die Zahl der gemeldeten Stellen ist hier nicht genannt. Für 2021/22 nannte die Arbeitsagentur für Ausbildungen im Bereich Back- und Konditorwarenherstellung 33 gemeldete Stellen und 19 Bewerber für Bremen. Dort standen in diesem Zeitraum im Bereich Verkauf von Backwaren 44 Ausbildungsstellen für acht Bewerber zur Verfügung.

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