Bremer Gastronomen leiden unter Preisanstieg und Fachkräftemangel

Personalmangel und Preisanstieg: Die Bremer Gastronomiebranche kämpft mit mehreren Problemen.
Bremen – Gastronom André Scheulenburg beschäftigt insgesamt sieben Köche: einen Japaner und eine Japanerin, ein Kalifornier sowie vier weitere Köche aus Spanien mit südamerikanischer Herkunft. 2020 eröffnete er das Restaurant „Tampopo“ in Schwachhausen an einem Sonnabend. Am nächsten Montag kam der Lockdown. Personalmangel und Preisanstieg – die Branche kämpft.
Vor einigen Monaten eröffnete Scheulenburg „Nikkei Streetfood“ im Viertel. Beide Lokale widmen sich der Nikkei-Küche, die in Peru durch japanische Einwanderer entstand. Es sei zu einer Durchmischung von japanischer und lateinamerikanischer Küche gekommen. Er betreibt zudem einen Catering-Service.
Bremer Gastronomen kämpfen mit Problemen: Lebensmittel sind 21 Prozent teurer geworden
Die Gastro-Branche hat immense Kostensteigerungen hinter sich. Nathalie Rübsteck, Hauptgeschäftsführerin beim Dehoga Bremen, verweist auf eine Umfrage ihres Bundesverbandes zu Kostensteigerungen im November 2022 im Vergleich zum Vorjahr. Demnach seien Lebensmittel um 21 Prozent, Getränke um 17 Prozent und Personal um 20 Prozent teurer geworden. Energiekosten würden inzwischen zehn Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen.
Ein Problem sind auch Miet- und Pachtverträge, die Indexklauseln enthalten, nach denen die Miete oder Pacht steigt, wenn die Verbraucherpreise dies tun und zwar im gleichen Umfang. Oft könne die Erhöhung geltend gemacht werden, wenn die Verbraucherpreise um mindestens fünf Prozent gestiegen sind, so Rübsteck. Durch Anstiege um zehn Prozent und mehr bei den Verbraucherpreisen seien auch viele Mieten um zehn Prozent gestiegen.
Bremer Gastronomie: Personal ist der größte Kostenfaktor
Was Energie anbelangt, spricht Scheulenburg von drastischen Steigerungen, von drei auf 35 Cent pro Kilowattstunde. „Für uns ist das Personal der größte Kostenfaktor“, sagt er. Die Personalkosten machten knapp über 40 Prozent des Umsatzes aus. Problematisch seien auch Personalausfälle und die Notwendigkeit, Personal einzuarbeiten. Wichtig seien motivierte Mitarbeiter. Die leisteten mehr und bügelten Fehler aus. Der Materialeinsatz liege bei etwas über 30 Prozent, die Raumkosten beziffert er auf zehn Prozent. Hohe Gewinne ließen sich vorwiegend über Masse und mindere Qualität generieren, darum seien Franchise-Ketten so erfolgreich.
Die Gastronomie in Bremen leidet nicht nur unter Fachkräftemangel. Scheulenburg erzählt von großen Schwierigkeiten der Anerkennung der Kompetenzen seiner in der Nikkei-Küche erfahrenen Köche in Deutschland. Der Grund: Sie haben keine Berufsausbildung nach deutschem Recht. Er nennt das Beispiel eines Kochs, der in Spanien seit fünf Jahren in hochwertigen Sterne-Hotels tätig gewesen sei. „Er kann diese Küche“, sagt er. Beim Versuch, ihn anzumelden, wurde beim Migrationsamt gefragt, ob eine Ausbildung im deutschen Sinne vorliege. Die Handwerkskammer zähte Scheulenburg eine Liste von Anforderungen auf, die es in der Heimat des Kochs aus Südamerika nicht gebe.
Bei der Arbeitsagentur waren im Berichtsmonat Januar 152 arbeitssuchende Köche für den Bezirk Stadt Bremen gemeldet. Diesen standen 65 offene Stellen gegenüber. Für 69 arbeitssuchende Gastronomiefachkräfte gab es 53 Stellen. Allerdings werde in den Statistiken nicht der gesamte Arbeitsmarkt abgebildet, sagt Jörg Nowag, Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Bremen und Bremerhaven. Faktoren wie etwa Stellen- und Bewerberprofil, Arbeitsort, Stellenbedingungen wirkten sich aus, wenn man Arbeitslosen- und Stellenzahl ins Verhältnis setze. Bundesweit geht der Dehoga von 50 000 offenen Stellen bei Hotels, Pensionen, Cafés, Restaurants und Lokalen.
Ein Blick auf die Ausbildungssituation: Für 2021/22 gibt die Arbeitsagentur für die Stadt Bremen bei den Köchen 63 Ausbildungsstellen an und 44 Bewerber. 23 Stellen gab es im Bereich Systemgastronomie, die Zahl der Bewerber wurde aus Datenschutzgründen anonymisiert. Ausbildungsstellen müssen nicht bei der Arbeitsagentur gemeldet werden. Die Arbeitsagentur kennt 70 bis 80 Prozent der angebotenen Stellen, so Nowag.
Iris Münkel ist Gewerkschaftssekretärin bei der NGG Weser-Elbe und war 14 Jahre im Gastrogewerbe tätig. Auch sie spricht von „unglaublich vielen Auszubildenden“ in der Branche, „die sehr engagiert sind“. Münkel weiter: „Es gibt immer noch viele Auszubildende, die sagen, das ist mein Traumberuf. Die dürfen nicht verbrannt werden. Die müssen vernünftig ausgebildet werden.“ Sie einfach nur zu beschäftigen, reiche nicht. Doch oft würden von Azubis unbezahlte Überstunden und auch ausbildungsfremde Tätigkeiten verlangt. Das bestätige der Ausbildungsreport des DGB. Dort ist das Gastgewerbe auf dem letzten Platz. „Das führt nicht dazu, dass junge Leute besonders angetan sind von der Branche“, sagt Münkel. „Auch gelernte Kräfte leiden unter dem Fachkräftemangel, indem von ihnen durchweg mehr Verantwortung, eine höhere Arbeitstaktung und Mehrarbeit erwartet werden. Das macht langfristig krank und fördert die Entscheidung, die Branche zu wechseln.“